Das Gidar (Selbstbezeichnung má-káɗà) ist eine von etwa 40.000 Personen um die Stadt Guider im Norden Kameruns gesprochene Sprache. Sie gehört zur Familie der Tschadischen Sprachen, und dort zur Untergruppe der Biu-Mandara-Sprachen (auch: Zentraltschadische Sprachen). Die in der Region dominierende überregionale Sprache, die auch von den meisten Gidar-Sprechern beherrscht wird, ist das Fulfulde.
Labiale | Dentale | Velare | Laterale | |
---|---|---|---|---|
stimmlose Plosive | p | t | k | |
stimmhafte Plosive | b | d | g | |
Implosive | ɓ | ɗ | ||
stimmlose Frikative | f | s | h | ɬ |
stimmhafte Frikative | v | z | ɮ | |
Nasale | m | n | ŋ |
Dazu kommen die Sonoranten w, y, r und l.
ɬ und ɮ sind Laterale mit Reibegeräusch, dagegen hat l kein Reibegeräusch und entspricht dem deutschen l.
Auffällig sind die Implosive und die Laterale mit Reibegeräusch, zwei Arten von Lauten, die auch in vielen anderen tschadischen Sprachen vorkommen.
Der Kontrast zwischen n und ŋ ist eingeschränkt und besteht im Wesentlichen nur am Wortende: Vor Vokal kommt nur n vor, vor Konsonant können n und ŋ unterschiedslos gebraucht werden (vor g und k spricht man naturgemäß immer ŋ).
Es gibt 6 Vokale i, e, a, o, u, ə. Die Dokumentation zeigt manchmal Variation zwischen u und ə in der Umgebung von Labialen. o und u werden als ö bzw. ü gesprochen, wenn die Folgesilbe desselben Wortes ein e oder i enthält (Beispiel: gǜlí „Frauen“)
Vokale und Konsonanten können beide gelängt vorkommen, doch sind diese Fälle selten.
Ferner können Vokale nasaliert auftreten; auch dies ist nicht häufig.
Das Gidar ist eine Tonsprache mit zwei Registern Hochton und Tiefton. Jede Silbe wird mit einem der beiden Töne gesprochen. Der Hochton wird hier durch einen Akut markiert (z. B. á), der Tiefton durch einen Gravis (z. B. à). Vokabeln können durch den Ton unterschieden sein, vgl. má „Mund“ – mà „Mutter“.
Viele grammatische Suffixe haben den sogenannten Polarton, d. h., sie tragen den umgekehrten Ton wie die vorangehende Silbe. Diese Morpheme haben also gar keinen inhärenten Ton, sondern ihr Ton wird durch den Kontext bestimmt. Die Tonpolarität führt dazu, dass der lexikalische Ton der vorangehenden Silbe akustisch umso klarer hervorgehoben wird.
Die Dokumentation ist bezüglich der Töne manchmal inkonsistent. Es ist damit zu rechnen, dass im Kontext Tonveränderungen auftreten können, die noch nicht voll verstanden sind.
Das Gidar verwendet zahlreiche Konsonantencluster. Am Wortanfang können zwei, im Wort- oder Phraseninnern bis zu drei Konsonanten aufeinander folgen. Beispiele:
glà | Haus |
ɬré | sechs |
mbàrá | aber |
psə̀ | geben |
tàkprá | Knie |
à pə́rmkà | er hörte |
mə̀lpènkɗé | Flüsse |
Das Gidar hat die Besonderheit, dass zahlreiche Wörter einen Unterschied machen zwischen einer Pausalform, die in Isolation und vor einem syntaktischen Einschnitt gebraucht wird, sowie einer Kontextform, die im normalen Satzzusammenhang gebraucht wird. Und zwar werfen die meisten Wörter, deren Pausalform auf einen Vokal endet, diesen in der Kontextform ab. Dadurch entstehen dann auch Konsonantencluster am Wortende. In manchen Fällen wird in der Kontextform der Ton des abfallenden Vokals auf den Vokal der vorangehenden Silbe übertragen. Zuweilen ergeben sich noch kompliziertere Relationen zwischen beiden Formen: In der Kontextform fällt zwar der Endvokal ab, aber dafür tritt ein Vokal ə zwischen die am Ende verbleibenden Konsonanten oder findet ein Vokalumsprung statt, um ein ungewöhnliches Cluster zu verhindern. Einige Beispiele:
Kein Unterschied zwischen Pausal- und Kontextform besteht:
Substantive können einen Plural bilden. Dieser endet meist auf -ɗe, nach Vokal fallweise auf -ɗi. Das Pluralsuffix hat Polarton. Ein Endvokal des Substantivs fällt zum Teil ab ähnlich wie in der „Kontextform“, oder aber ein auslautendes a wird bei Antritt der Pluralendung zu e umgefärbt. Es bestehen einige Unregelmäßigkeiten. Beispiele:
Viele Substantive, darunter fast alle Körperteilbezeichnungen, bilden keine spezielle Pluralform.
Es ist eine Definitionsfrage, ob man dem Gidar ein grammatisches Geschlecht zuschreibt oder nicht. Zunächst gibt es ein Suffix -kə (mit Polarton), mit dem man natürliche Feminina oder (bei Dingen) Diminutiva ableiten kann. Es löst z. T. ähnliche Stammveränderungen am Substantiv aus wie die Pluralendung. Beispiele:
Attribute und Verben zeigen eine Kongruenz. Und zwar wird eine Form, die wir als „Femininum“ bezeichnen können, zusammen mit all diesen Ableitungen auf -kə gebraucht sowie zusätzlich mit allen Substantiven, die weibliche Personen bezeichnen (und die nicht unbedingt das Suffix -kə tragen). Die andere Form („Maskulinum“) wird mit allen übrigen Substantiven gebraucht. Man kann hier von einer Genuskongruenz sprechen. Wenn wir der Bedeutungsschattierung des Diminutivums stärkeres Gewicht geben würden, könnten wir auch statt von „Maskulinum“ und „Femininum“ von einer „Groß-Klasse“ und einer „Klein-Klasse“ sprechen. Wir folgen hier aber der üblichen Terminologie, die die beiden Klassen als Genussystem darstellt. Im Folgenden ist also mit dem Begriff „Femininum“ überall die Klasse gemeint, die Feminina und Diminutiva zugleich abdeckt.
Im Gegensatz zum Deutschen ist das Kongruenzverhalten eines Substantivs im Gidar leicht vorherzusagen, und man muss das Genus nicht für jedes Substantiv auswendig lernen.
Attributive Adjektive stehen immer nach ihrem Bezugswort und kongruieren mit ihm in Numerus und Genus. Das Bezugswort steht in der Kontextform. Es gibt zwei Arten von Adjektiven:
Manche Adjektive nehmen dieselben Suffixe -ɗe/i und -kə wie Substantive an:
krə́k ist Kontextform von kə̀r-kə́ „Hündin“. Für das Adjektiv „schwarz“ ist als abstrakter Stamm wohl *tə̀tùré anzusetzen, von welchem jeweils verschiedene Vokale elidiert werden (*tə̀tùré > tə̀tré; *tə̀tùré-kə́ > tə̀tùrkə́).
kírə́ŋ ist Kontextform von kírnì „Kinder“, mə̀fyé-ɗì ist Plural von mùfĩ́yá „klein“.
Andere Adjektive nehmen dieselben Suffixe an, die als Possessivsuffixe dienen (siehe unten), also -ni (mask.), -ta (fem.), -ti (plural):
Hier liegen Kontextformen vor von ɗə̀fá „Mensch“ bzw. ɗíyí „Menschen“. Das Adjektiv wird durch die Endung -tì umgelautet.
Es gibt selbständige Personalpronomina, sogenannte Subjektspronomina, Objektssuffixe und Possessivsuffixe. In der 3. Pers. sg. besteht ein Unterschied nach dem Genus (definiert wie oben in der Sektion „Substantiv“ beschrieben):
selbständiges Pronomen Pausalform |
selbständiges Pronomen Kontextform |
Subjektspronomen[1] | Objektssuffix | Possessivsuffix[2] | |
---|---|---|---|---|---|
1. sg. „ich“ | ìná | ìn | nə̀ | -wà | -wa[3] |
2. sg. „du“ | ìsí | ìs | kə̀ | -kù | -ko |
3. sg. mask. „er“ / groß |
ndə̀ní | ndə́n | à | -nì/-á | -ni |
3. sg. fem. „sie“ / klein |
ndə̀tá | ndə́t | tə̀ | -tà | -ta |
1. pl. „wir“ | mə̀námə̀ | mə̀nám | mə̀ | -mə̀ | -mə |
2. pl. „ihr“ | mə̀nókùm | mə̀nókùm | kə̀ | -kúm | -kum |
3. pl. „sie“ | ndə̀dáŋ | ndə̀dáŋ | à | -í/-tí | -ti |
Wie in vielen anderen Sprachen der Welt (aber nicht im Deutschen) besteht ein grammatischer Unterschied zwischen alienabler (veräußerlicher) Possession und inalienabler Possession (dieses vor allem von Körperteilen und Verwandtschaftstermini). In jedem Fall wird die Abfolge Possessum-Possessor verwendet.
Zunächst zur inalienablen Possession. Wenn der Besitzer pronominal ist, wird ein Possessivsuffix (zu diesen siehe die vorige Sektion) an das Bezugswort angehängt. Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass die Suffixe -ko „dein“, -kum „euer“ und -ti „ihr(pl.)“, nicht jedoch -ni „sein“, einen Vokal -a- der vorangehenden Silbe zu -o- bzw. -e- umlauten.
Alle Possessivsuffixe (außer -kum) verlieren ihren Endvokal in der Kontextform:
Wenn der Besitzer nominal ist, steht zuerst ein pronominales Suffix (in der Kontextform) und dann der Besitzer. Eine Genitivmarkierung am Besitzer wie im Deutschen erfolgt nicht:
Jetzt zur alienablen Possession. An das Possessum einer alienablen Possession kann kein Possessivsuffix gehängt werden. Vielmehr tritt zwischen beide Elemente die Genitivpräposition ná:
Bei Verbindung mit den Possessivsuffixen wird ná in der üblichen Weise umgelautet; es entstehen also die Formen nó-kò „dein“, né-tì „ihr(pl.)“, aber ná-nì „sein“.
Die Form ná kommt nur zur Anwendung, wenn der Possessor maskulin singular ist. Ist er feminin singular, steht nát, ist er plural, steht nét. Diese Formen sind als Zusammensetzungen von ná mit den Possessivsuffixen -ta bzw. -ti zu erklären:
Verbformen müssen im Gidar fast immer[5] mit einem vorangehenden Subjektspronomen stehen, auch wenn ein Subjekt im Satz schon anderweitig ausgedrückt ist. Der Verbalstamm selbst unterliegt nur wenigen Veränderungen. Im Prinzip kann das Subjektspronomen zusammen mit dem Verbstamm schon eine Aussage bilden (z. B. nə̀ zə́m „ich esse/aß“), doch ist diese Konstruktion eher selten. In den meisten Fällen tritt noch eine Tempus- bzw. Aspektmarkierung hinzu. Die folgenden drei Markierungen können als besonders wichtig angesehen werden:
In der 2. und 3. Pers. Plural nimmt das Verb einen auf -(á)n (final -(á)ŋ) endenden Pluralstamm an.
Perfekt | Progressiv | Futur | |
---|---|---|---|
1. sg. „ich aß / esse gerade / werde essen“ |
nə̀ zə́m-kà | ìn tàt zə́m | wán zə́m |
2. sg. „du aßt etc.“ | kə̀ zə́m-kà | ìs tàt zə́m | wák zə́m |
3. sg. mask. „er aß etc.“ | à zə́m-kà | tày zə́m | wá zə́m |
3. sg. fem. „sie aß etc.“ | tə̀ zə́m-kà | tàt zə́m | wát zə́m |
1. pl. „wir aßen etc.“ | mə̀ zə́m-kà | mə̀nám tàt zə́m | wám zə́m |
2. pl. „ihr aßt etc.“ | kə̀ zə́mán-kà | mə̀nókùm tàt zə́máŋ | wák zə́máŋ |
3. pl. „sie aßen etc.“ | à zə́mán-kà | tày zə́máŋ[7] | wá zə́máŋ |
Der Vokal a der Perfektmarkierung wird zu e bzw. o umgefärbt, wenn die vorangehende Silbe ein e/i bzw. o/u enthält:
In der Kontextform wird die Perfektmarkierung zu -k (oder -ə̀k) reduziert.
Vom Pronomen der Präsensreihe sind zuweilen auch zweisilbige Formen dokumentiert:
Das Verb lə́ „gehen“ hat einen völlig unregelmäßigen Pluralstamm ddóŋ:
Das pronominale Objekt („mich“, „dich“ etc.) wird durch Suffixe ausgedrückt, die dem Verb angehängt werden (siehe oben in der Sektion „Personalpronomina“):
Wenn das Verb auch eine Perfektmarkierung -ka hat, so gehen die Objektssuffixe dieser voran. Der Ton der Objektssuffixe wandelt sich dabei in einen Hochton, und die Vokale der Suffixe -wa „mich“, -ni „ihn“ und -ta „sie“ werden zu ə reduziert:
Die Form des Objektssuffixes der 3. sg. mask. ist kompliziert und würde noch weitere Forschungen erfordern. Als Grundform ist wohl -nì anzusetzen:
Sehr viele Verben, deren Stamm auf Konsonant endet, haben jedoch eine Endung -á in Finalstellung (Progressiv, Futur) und -ə́ vor dem Perfektsuffix:
Das -ə́ kann in der Nachbarschaft entsprechender Vokale zu -ú oder -í umgefärbt werden:
Schließlich sind Verben dokumentiert, die das pronominale Objekt der 3. sg. mask. durch -ànì (Endstellung) bzw. -á (interne Stellung) ausdrücken:
Das folgende Verb scheint ein -ani- > -anə in interner Stellung zu haben:
Das Objektssuffix der 3. Pers. Plural ist ähnlich kompliziert und wird hier nicht näher dargestellt.
Wenn das Verb bei Subjekt in der 2. oder 3. Person Plural ein Pluralsuffix tragen muss und gleichzeitig ein Objektsuffix enthält, verschmelzen beide Suffixe auf nicht leicht vorhersehbare Weise. Einige Beispiele:
Einige intransitive Verben der Position und Bewegung haben zusätzlich zum Subjektspronomen noch ein sogenanntes Subjektssuffix, das formell sehr den Objektssuffixen ähnelt. Vermutlich kann man diese Verben mit reflexiven Verben anderer Sprachen vergleichen (wie deutsch „ich halte mich auf“, „ich entferne mich“). Beispiele:
In einzelnen Wendungen wird das Subjekt ausschließlich durch das Subjektssuffix zum Ausdruck gebracht:
Eine Form, die man als Subjunktiv bezeichnen kann, wird gebildet, indem vor den Verbalstamm ähnliche Subjektspronomina wie im Perfekt gestellt werden, wobei jedoch die Pronomina alle hochtonig sind und die 3. Pers. sg. mask. die Sonderform də́ hat (statt des à des Perfekts). Der Subjunktiv hat modale Bedeutung:
Der Imperativ hat ein Präfix á- im Singular und mə̀- im Plural, sowie zusätzlich eine Endung -ə̀:
Es gibt eine Gruppe kleiner Wörter, die vor Substantiven oder vor Possessivsuffixen stehen und die wir als Präpositionen bezeichnen können, z. B.:
ví „wegen“ – ví-wà „meinetwegen“ – ví-kò „deinetwegen“ – ví-nì „seinetwegen“ – ví-tà „ihretwegen“ (etc.)
sə̀ (Dativ) – sə̀-wá „mir“ – sù-kó „dir“ – sə̀-ní „ihm“ (etc.) (Kontextformen: sə́w, súk, sə́n etc.)
Auch die oben behandelte Genitivpartikel ná ist eine Präposition.
Vor Substantiven des mask. Singular stehen Präpositionen in ihrer Grundform. Vor femininen und pluralischen Substantiven müssen sie dagegen mit diesen kongruierende Possessivsuffixe (in der Kontextform) annehmen. Beispiele:
Eine weitere Präposition ist də̀ „mit“ (im instrumentalen und komitativen Sinn):
Diese Präposition kann auch mit „und“ übersetzt werden:
Die Präposition á „in, zu“, die Ort und Richtung bezeichnet, kann nur mit solchen Substantiven direkt verbunden werden, die schon eine lokale Bedeutung haben:
Ansonsten muss ein vermittelndes Element dazwischentreten:
Dieses Element zeigt seinerseits wie eine Präposition Genuskongruenz:
Normalerweise folgen adverbiale Bestimmungen dem Verb nach. Die Verbindungen aus Dativpräposition und Possessivsuffix haben allerdings die Besonderheit, dass sie in die Verbalphrase zwischen Verbalstamm einerseits und Perfektkennzeichen andererseits eindringen. Wenn das Verb eine Pluralmarkierung hat, so wird diese zweimal gesetzt, nämlich einmal an ihrer gewöhnlichen Position hinter dem Verbalstamm und ein zweites Mal hinter dem Dativpronomen. Beispiele:
sómbò à ná sə̀-nə́-k ná óhò
Sombo er sagen zu-ihm-Perf. dass nein
„Sombo(Männername) sagte zu ihm «nein»“
à náh-án sə̀-nə́-nə̀-k sómbò
sie sagen-Pl. zu-ihm-Pl.-Perf. Sombo
„sie sagten zu Sombo“
à lbàh-án sə̀-wə́-nə̀-k wàɬíyà
sie kaufen-Pl. zu-mir-Pl.-Perf. Kuh
„sie kauften mir eine Kuh“
Diese auf den ersten Blick sehr schwierige Konstruktion kann man gut unter der Annahme erklären, dass es sich bei der Dativpräposition eigentlich um eine verkürzte Form des Verbs psə̀ „geben“ handelt, so dass der letztere Satz ursprünglich etwa konstruiert war als „sie kauften (und) gaben mir eine Kuh“.
Jeder negierte Satz endet mit der Negation ɓà. Manche Sätze, darunter solche im Progressiv, kann man einfach durch Nachstellen dieser Negation verneinen:
Das Perfekt kann nicht im negierten Satz stehen. Um ein Perfekt zu verneinen, verwendet man eine Form, die mit dem Subjunktiv identisch ist (und der also insbesondere die Perfektmarkierung -kà fehlt):
kə́ bbó sə́-w ɓà
du-Subj. helfen mir nicht
„du hast mir nicht geholfen“
də́ lbà wàɬì ɓà
er-Subj. kaufen Kuh nicht
„er hat die Kuh nicht gekauft“
Der Imperativ hat eine spezielle Negation, in der anstelle der typischen Imperativmerkmale das gewöhnliche Subjektspronomen steht:
kə̀ vrə́-t ɓà
du schlagen-sie nicht
„schlage sie(fem.) nicht!“ (vrə́-t ist Kontextform von və̀r-tá)
Wie viele andere tschadische Sprachen verwendet auch das Gidar spezielle Verbalkonstruktionen im Relativsatz, die hier nur knapp angerissen werden können. Grundsätzlich existiert zu jedem Tempus ein „relatives“ Pendant. An die Stelle des Perfekts tritt eine Form, die weitgehend dieselben Subjektspronomina aufweist wie das Perfekt, der allerdings die Perfektmarkierung -kà fehlt. Die 3. Pers. sg. mask. hat die zusätzliche Besonderheit, dass das Subjektspronomen in zwei Varianten auftritt, nämlich als də̀[8], wenn das Bezugswort Subjekt des Relativsatzes ist, und als à sonst. Außerdem wird der Relativsatz meist durch die Relativpartikel mə̀z eingeleitet. Beispiele:
ɗə́f mə̀z də̀ kíy-ùk á-nkà
Mann Rel. er-Rel. bringen-dich in-hier
„der Mann, der dich hierher brachte“
ɗák mə̀z à pél sə̀-tá
Frau Rel. er sprechen zu-ihr
„die Frau, mit der er sprach“
ɬú mə̀z mù wə́l
Tier Rel. wir sehen
„das Tier, das wir sahen“
Relativformen, ohne die Relativpartikel, werden auch zur Fokussierung eingesetzt. Solche Konstruktionen sind im Gidar (und generell in tschadischen Sprachen) viel häufiger als die recht umständlich klingenden deutschen Übersetzungen. Das fokussierte Satzglied steht immer am Satzanfang:
zə̀rmbá də̀ dé
Zərmba er-Rel. kommen
„Zərmba (Männername) ist es, der kam.“
wàɬì à lbáhə̀
Kuh er kaufen
„Eine Kuh ist es, was er gekauft hat.“
Die Satzfrage bildet man, indem am Satzende eine Partikel sà hinzugefügt wird. Außerdem erhält der Satz Frageintonation: ein Hochton auf der vorletzten Silbe im Satz, also derjenigen Silbe, die der Partikel sà unmittelbar vorangeht. Die Tempusformen sind dieselben wie im normalen Aussagesatz:
kù wlú-wə́-nə́-k sà
ihr sehen-mich-Plural-Perfekt Frage
„Habt ihr mich gesehen?“
In Wortfragen steht das Fragewort am Satzanfang sowie stets eine Partikel dì am Satzende. Der Satz muss als Fokuskonstruktion (dazu siehe oben) formuliert werden:
náwá-y də̀ də̀ sə́-n wáy dì
wer-ist er-Rel. kochen für-ihn Essen Frage
„Wer hat ihm Essen gekocht?“
mə́ à zə́m dì
was er essen Frage
„Was hat er gegessen?“
náwá-y kə̀ wə́l dì
wer-ist du sehen Frage
„Wen hast du gesehen?“
Ein Satz mit verbalem Prädikat enthält im Minimalfall ein Subjektspronomen und ein Verb (in dieser Reihenfolge). Wird das Subjekt gesondert ausgedrückt, so besteht der Satz aus Subjekt – Subjektspronomen – Verb. Die Verbindung ist normalerweise so eng, dass das Subjekt die Kontextform annimmt:
wín è gílí-kè
Kind er hinausgehen-Perf.
„das Kind ging hinaus“
wín ist Kontextform von wínà, die a-Vokale sowohl des Subjektspronomens wie des Perfektkennzeichens werden hier durch den Vokalismus des Verbs zu e umgefärbt.
Das Objekt folgt dem Verb; das Verb tritt dabei in die Kontextform:
tày zə́m-áŋ ɬúà
sie essen-Pl. Fleisch
„sie essen Fleisch“
nə̀ kól-ə̀k máddàmbà
ich öffnen-Perf. Tür
„ich öffnete eine Tür“
Ist das Objekt bestimmt, so muss das Verb ein korrespondierendes Objektssuffix erhalten:
nə̀ kól-ə́-k máddàmbà
ich öffnen-es-Perf. Tür
„ich öffnete die Tür“ (wörtlich: „ich öffnete sie, die Tür“)
Ein Satz mit adverbialem Prädikat kann jedenfalls im Progressiv mit denselben Subjektselementen konstruiert werden wie Verbalsätze im Progressiv.
Ist das Prädikat des Satzes ein Substantiv, so werden folgende Elemente als Kopula „ist/sind“ verwendet:
Diese sind Enklitika und stehen grundsätzlich an der zweiten Position im Satz. Beispiele:
Einige Elemente aus dem Grundwortschatz:
Auge | árà |
drei | hókù |
eins | tákà |
essen | zə́m |
Frau | ɗák |
fünf | ɬé |
geben | psə̀ |
gehen | lə́ |
gut | mòggò |
Hand | vá |
hören | pə̀rm |
Mann | zə̀l |
Mund | má |
Name | íyà |
sagen | ə́náhá |
sehen | wə́l ~ úl |
vier | póɗó |
Wasser | ìnkílè |
wissen | sə̀n |
zwei | súlà |
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