Das Wort Gräuel (bis zur Rechtschreibreform 1996 Greuel) bezeichnet etwas, das Grauen erregt. Im deutschsprachigen Kulturkreis erfuhr es eine Prägung durch die Bibel. Im modernen Sprachgebrauch werden besonders grausame und opferreiche Taten, etwa Kriegsverbrechen, als Gräuel oder Gräueltaten bezeichnet. Kriegsparteien pflegen sich im Rahmen der psychologischen Kriegführung gegenseitig Gräueltaten vorzuwerfen. Zur Abwehr solcher Vorwürfe kam während des Ersten Weltkrieges im deutschen Sprachgebrauch das Wort Gräuelpropaganda auf.
Gräuel, vor der Rechtschreibreform 1996 und nicht-amtlich auch danach Greuel,[1] von mittelhochdeutsch griuwel, griul, griule, „Schrecken, Grauen“ wurde rückgebildet aus mittelhochdeutsch griuweln „Grauen/Abscheu/Furcht empfinden, grauen“, neuhochdeutsch greueln.[2][3]
Das Wort Gräuel verdankt seine eigentümliche Rolle in der deutschen Sprache dem häufigen Vorkommen in der lutherschen Bibelübersetzung. Es kommt im Alten Testament in 135 Versen und im Neuen Testament siebenmal vor, darunter auch in Zusammensetzungen wie Gräuelbild und Gräueltat.
Luther wählte den zu seiner Zeit durchaus geläufigen Begriff zur deutschen Wiedergabe des althebräischen Ausdrucks תֹּועֵבָה tōʻēḇā / to'ba (Substantiv) oder ta'ab (Verb). Damit wird die Schandtat, das Verabscheuenswürdige, das von der eigenen Gemeinschaft Auszuschließende qualifiziert. Es wird als gefährlich eingestuft; ihm eignet die Eigenschaft des Ekelerregenden. Dieses erstreckte sich vom sozialen und religiösen über den Bereich der Speisen bis hin zur Sexualität und dem Recht. Im Bereich des Alten Testaments ausgeprägt, erfuhr der Begriff einen Ausbau in Talmud und Mischna und war maßgeblich für neutestamentliche Normen.
Insbesondere in den Büchern Mose wird die Warnung vor Gesetzesübertretungen mit der Wendung bekräftigt, die jeweilige Tat sei „dem Herrn ein Gräuel“, beziehungsweise, sie „soll euch ein Gräuel sein“. Dabei werden die unterschiedlichsten Gesetzesübertretungen als Gräueltat klassifiziert, zum Beispiel:
Als Stereotyp kommt Gräuel neunzehnmal in den Sprüchen Salomos vor, zum Beispiel:
Im Niederdeutschen ist die Form „Gruul“ für Abscheu bis heute verbreitet; vergleichbar das münsterländische Adjektiv "grüülik" für "grauenhaft", aber auch für "gewaltig", "enorm".