Grevena (griechischΓρεβενά [ɣrɛvɛˈna] (n. pl.), maz./serb.Grebena Гребена, aromun.Grebini) ist eine Stadt in Nordgriechenland. Seit 2010 ist sie gleichzeitig die flächengrößte Gemeinde des Landes, mit rund 1.862 km² ist sie etwas größer als die Großstadtgemeinde Istanbul, weist mit einer Bevölkerungszahl von etwa 25.500 aber nur ein Fünfhundertstel an Einwohnern auf.
Grevena nimmt das Tal des Oberlaufs des Flusses Aliakmonas und einiger Nebenflüsse ein, so des Greveniotikos und des Venetikos. Das Gebiet steigt nach Westen hügelig an und reicht weit in die Berge des nördlichen Pindos-Gebirges bis auf die Gipfel der Massive von Vouzia (2239 m ü. d. M.) Vasilitsa (2249 m), Avgo (2177 m) und Milia (2160 m). Östlich grenzt die Region Epirus an das Gemeindegebiet. Im Süden trennen die Ausläufer des Chasia-Massivs das Gebiet von Mittelgriechenland und der Gemeinde Kalambaka. Mit dem Vourinos erhebt sich ein auf 1866 Meter ansteigendes Bergmassiv im Nordosten der Gemeinde. Die nördlichen und östlichen Nachbargemeinden sind Nestorio, Voio, Kozani und Deskati.
Die Entfernungen zu den Nachbarstädten betragen (Luftlinie): nach Siatista im Nordnordosten 22 km, nach Kozani im Nordosten 40 km, nach Kastoria im Nordnordwesten 51 km, nach Metsovo im Südsüdwesten 41 km und nach Kalambaka 45 km. Nach Athen sind es etwa 308 km.
Die Gegend wurde wahrscheinlich schon in der Jungsteinzeit (Neolithikum) bewohnt. Monumente der Jungsteinzeit wurden in Knidi (rund 13 km östlich der Stadt Grevena) gefunden, ebenso die Burgen in Spileo und Alatopetra. Weitere archäologische Funde belegen, dass die Gegend vor dem Jahre 1500 v. Chr. bewohnt wurde. In der Antike gehörte das Gemeindegebiet von Grevena im Norden zur Landschaft Orestis und im Süden zur Landschaft Elimea der antiken Region Makedonien.[2]
Grevena wurde in der Herrschaftszeit des byzantinischen Reiches Bischofssitz (Mitropolis) der griechisch-orthodoxen Kirche.[3] In der Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Manuel I. Komnenos von 1143 bis 1180 übernahm ein Bischof aus Nafpaktos den Bischofssitz Grevena; dabei wurde die Region um den Bischofssitz als „bulgarisches Bistum“ bezeichnet.[3]
Die osmanische Besatzung von Makedonien (1423 bis 1912) hatte keinen bemerkbaren Einfluss auf die Einwohner der Region, da diese wegen der Abgeschiedenheit kaum davon berührt wurden. Die große Anzahl an Klöstern in der Gegend half, den griechisch-orthodoxen Glauben zu erhalten. Der englische Reisende William Martin Leake beschrieb in seinen Reisen durch Nordgriechenland Anfang des 19. Jahrhunderts Grevena als Bischofssitz mit angrenzender osmanischer Siedlung, in der 80 Familien lebten; darüber hinaus gäbe es in der Gegend eine große Anzahl kleiner türkischer Siedlungen.[4] Im Griechisch-Türkischen-Krieg von 1897 versuchten griechische Aufständische von Valtino aus, Grevena einzunehmen. Ihnen gelang ein Vormarsch auf die Ortschaft Kritades, wo die osmanische Garnison mit 400 Soldaten erfolgreich niedergekämpft wurde. Der osmanische Gegenangriff mit einer an Soldaten und Material überlegenen Streitmacht schlug die griechischen Aufständischen bei Krania am 5. April 1897 zurück.[5][6] Die osmanische Herrschaft endete in Grevena Anfang November 1912. Griechische Truppen nahmen die Stadt im Rahmen des ersten Balkankrieges ein.[7]
Nach der griechischen Niederlage im Griechisch-Türkischen Krieg von 1919 bis 1922 und dem Vertrag von Lausanne von 1923 wurden im Rahmen des sogenannten Bevölkerungsaustauschs griechische Flüchtlinge aus Kleinasien und Ostthrakien auch in Grevena angesiedelt. Die zuvor ansässige türkische Bevölkerungsgruppe wurde entweder im Rahmen der Balkankriege, des Ersten Weltkrieges oder im Rahmen des vorgenannten „Bevölkerungsaustausches“ vertrieben bzw. musste flüchten. Die zurückgelassenen Landbesitze wurden den griechischen Flüchtlingen zugewiesen.[8] Konflikte um die zugewiesenen Ländereien eskalierten teilweise auch in Gewalt.[9] Auch Griechen muslimischen Glaubens, sogenannte Valades mussten Grevena 1923 verlassen.[10]
Der Zweite Weltkrieg begann für Grevena mit dem italienischen Angriff vom italienisch besetzten Albanien auf Griechenland am 28. Oktober 1940. Kampfhandlungen fanden während des Griechisch-Italienischen Krieges im Gebiet der Gemeinde Grevena aber nicht statt; der geplante Vormarsch der italienischen Streitkräfte wurde bereits Anfang November im Hochgebirge des Pindos aufgehalten und anschließend nach Albanien zurückgeworfen. Kampfhandlungen fanden aber nach dem deutschen Einmarsch in Nordgriechenland am 6. April 1941 (Unternehmen Marita) statt. Die 1. SS-Panzerdivision stieß am 9. April auf griechisches Staatsgebiet nördlich von Florina vor, passierte am 11. April den Klidi-Pass und eroberte am 12. und 13. April Ptolemaida und Kozani. Grevena gehörte als westlicher Posten zur als Aliakmonas-Linie bezeichneten Verteidigungsstellung von griechischen, englischen, neuseeländischen und australischen Truppen. Eine Abteilung der 1. SS-Panzerdivision schwenkte nach Südwesten und rückte über Siatista nach Grevena vor. Letzteres wurde am 17. April 1941 von deutschen Truppen erobert.[11] Die deutschen Truppen blieben allerdings nicht dauerhaft in Grevena, da es zur italienischen Besatzungszone in Griechenland gehörte.[12] Die von den italienischen Streitkräften besetzte Zone in Nordwest- und Westgriechenland wurde als Ciamuria bezeichnet, in Anspielung auf die Aromunen, welche auf diesem Gebiet siedelten.[11] Im Mai 1943 eroberten griechische Partisanen der ELAS die Stadt Grevena von den Italienern vor deren Kriegseintritt von Italien auf Seiten der Alliierten im September des gleichen Jahres.[13]
Das SS-Polizei-Grenadier-Regiment 8 unter der Leitung von Helmut Dörner verübte am 8. Juli 1944 im Dorf Grevena (Γρεβενά) der Ortschaft Grevena ein Kriegsverbrechen unter der dortigen Zivilbevölkerung. Das Dorf mit seinen rund 700 Einwohner war leer, da dessen Einwohner vor den Deutschen geflohen waren. Die Einheiten von Dörner trafen dennoch auf zwei Greise, die sie töteten. Drei weitere Kleinkinder wurden in der Umgebung aufgespürt und erschossen. Nach weiterer Durchkämmung des Gebietes trieben Angehörige des Regiments 42 Männer, Frauen und Kinder in einen Schafstall und zündeten diesen an. Die Menschen verbrannten bei lebendigem Leib. Nur ein kleiner Junge entkam, weil er durch einen Jaucheabfluss entkommen konnte. Er wurde jedoch verfolgt und erschossen. Als das Regiment sich am 13. Juli 1944 zurückzog, befahl Dörner die Ortschaft niederzubrennen.[14] An das Massaker erinnert heute eine Gedenktafel.
Im griechischen Bürgerkrieg von 1946 bis 1949 wurde Grevena und Umgebung wiederholt zum Schauplatz von Kämpfen zwischen den linksgerichteten Aufständischen unter kommunistischer Führung und den regulären griechischen Streitkräften unter der Kontrolle der rechtsgerichteten Regierung in Athen. Im September 1946 eroberten die Aufständischen Positionen am Venetikos-Fluss, konnten diese aber nicht lange halten.[15] Am 20. November 1947 etablierten die Aufständischen in der Ortschaft Anthrakia der heutigen Gemeinde Grevena ein Hauptquartier.[16] Am 25. Juli 1947 griffen 1200 bis 1500 Aufständische die Stadt Grevena unmittelbar an, konnten die Stadt allerdings nicht erobern.[17] Die nachfolgende Offensive der griechischen Armee führte durch Angriffe auf Ortschaften rund um Grevena und andere Städte in Westmakedonien und Epirus zu einer massiven Flüchtlingsbewegung aus den Dörfern in die Städte im August 1947.[18] In der Stadt Grevena sollen sich Ende 1947 15.000 Flüchtlinge aufgehalten haben.[19] Bei dem Kampf um Grevena im Juli 1947 hatten die Aufständischen 128 Tote, 135 Verwundete und 90 Gefangene zu verzeichnen.[20]
Die Folgen von Zweitem Weltkrieg und griechischen Bürgerkrieg hatten schwere Auswirkungen auf die wirtschaftliche Grundlage der Menschen in Grevena, die Landwirtschaft. 1950 wies die Region um Grevena nur noch 30 % der Nutztierherden auf wie vor dem Zweiten Weltkrieg 1940.[21]
Am 13. Mai 1995 erschütterte ein Erdbeben mit der Stärke 6,6 auf der Richterskala die Stadt und Gemeinde Grevena.[22]
Schon 1997 wurde Grevena mit umliegenden Ortschaften und Gemeinden zu einer weit größeren Gemeinde zusammengefasst. Mit der erneuten Erweiterung 2010 wurde das Gemeindegebiet nochmals mehr als vervierfacht. Die bis dahin bestehenden Gemeinden haben jetzt den Rang von Gemeindebezirken (Ez. gr. dimotiki enotita), die vormaligen Gemeindebezirke der Vorgängergemeinden bilden einen Stadtbezirk (gr. dimotiki kinotita) und zahlreiche Ortsgemeinschaften (Ez. gr. topiki kinotita). Die Einwohnerzahlen richten sich nach den Angaben aus der Volkszählung 2011[1].
Gemeindebezirk und Ortsgemeinschaft Avdella – Αβδέλλα – 280 Einwohner
Gemeindebezirk Agios Kosmas – 870 Einwohner
Ortsgemeinschaft Agios Kosmas – Τ. Κ. Αγίου Κοσμά – 75 Einwohner
Agios Kosmas – Άγιος Κοσμάς – 49 Einwohner
Ano Ekklisia – Άνω Εκκλησία – 25 Einwohner
Ekklisia – Εκκλησία – 1 Einwohner
Ortsgemeinschaft Dasyllio – Τ. Κ. Δασυλλίου – 12 Einwohner
Ortsgemeinschaft Kalirachi – Τ. Κ. Καληράχης – 125 Einwohner
Ortsgemeinschaft Kalloni – Τ. Κ. Καλλονής – 6 Einwohner
Ortsgemeinschaft Kydonies – Τ. Κ. Κυδωνιών – 104 Einwohner
Kydonies – Κυδωνίες – 81 Einwohner
Lipsi – Λείψι – 23 Einwohner
Ortsgemeinschaft Kyparissi – Τ. Κ. Κυπαρισσίου – 43 Einwohner
Ortsgemeinschaft Megaro – Τ. Κ. Μεγάρου – 370 Einwohner
Ortsgemeinschaft Oropedio – Τ. Κ. Οροπεδίου – 110 Einwohner
Ortsgemeinschaft Trikorfo – Τ. Κ. Τρικόρφου – 25 Einwohner
Gemeindebezirk und Ortsgemeinschaft Dotsiko – Δοτσικό – 39 Einwohner
Gemeindebezirk und Ortsgemeinschaft Filippei – 179 Einwohner
Aetia – Αετιά – 34 Einwohner
Filippei – Φιλιππαίοι – 145 Einwohner
Kourouna – Κουρούνα – unbewohnt
Gemeindebezirk Gorgiani – 885 Einwohner
Ortsgemeinschaft Kallithea – Τ. Κ. Καλλιθέας – 122 Einwohner
Kallithea – Καλλιθέα – 58 Einwohner
Prionia – Πριόνια – 64 Einwohner
Ortsgemeinschaft Kipouria – Τ. Κ. Κηπουρείου – 206 Einwohner
Ortsgemeinschaft Kranea – Τ. Κ. Κρανέας – 385 Einwohner
Ortsgemeinschaft Mikrolivado – Τ. Κ. Μικρολιβάδου – 56 Einwohner
Ortsgemeinschaft Pigaditsa – Τ. Κ. Πηγαδίτσης – 96 Einwohner
Ortsgemeinschaft Sitara – Τ. Κ. Σιταρά – 20 Einwohner
Gemeindebezirk Grevena – Τ. Κ. Γρεβενών – 17.610 Einwohner
Stadtbezirk Grevena – Δ. Κ. Γρεβενών – 13.374 Einwohner
Die Einwohner leben von Landwirtschaft, Tierhaltung und Handwerk. Die Nutztierhaltung findet dabei in relativ großen Höhen von 1000 bis 1500 m statt, wo die Herden der Nutztiere bisweilen auch überwintern.[23] Im Tal des Greveniotis wird Weizen, Gerste und andere Futtermittel angebaut.[23]
Ein Teil der Bevölkerung arbeitet im Dienstleistungsbereich als Dienstleistungszentrum für den Regionalbezirk Grevena.
Das Skigebiet Vasilitsa liegt 45 km von der Stadt Grevena entfernt.
↑J. S. Gandeto. Ancient Macedonians: Differences Between the Ancient Macedonians and the Ancient Greeks. Writer's Showcase Press, 2002. S. 10 ff. ISBN 0-595-23306-6
↑ abPaul Magdalino. The Empire of Manuel I Komnenos, 1143-1180. Cambridge University Press, 1993. S. 136. ISBN 0-521-52653-1
↑William Martin Leake. Travels in Northern Greece. Volume 1. J. Rodwell, 1835. S. 303.
↑William Kinnaird Rose. With the Greeks in Thessaly. Methuen & Co, 1897. Reprint by Adamant Media Corporation. S. 055. ISBN 1-4021-0628-9
↑Charles Clive Bigham Mersey. With the Turkish Army in Thessaly. Macmillan, 1897. S. 33ff.
↑Zeitungsartikel der Zeitung Embros vom 19. Oktober 1912 (julianischer Kalender), Seite 4.
↑Elisabeth Kontogiorgi. Population Exchange in Greek Macedonia: The Rural Settlement of Refugees 1922-1930. Oxford University Press, 2006. S. 151. ISBN 0-19-927896-2
↑Elisabeth Kontogiorgi. Population Exchange in Greek Macedonia: The Rural Settlement of Refugees 1922-1930. Oxford University Press, 2006. S. 183. ISBN 0-19-927896-2
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↑Angeliki E. Laiou. Population Movements in the Greek Countryside During the Civil War. In: Lars Bærentzen, John O. Iatrides, Ole Langwitz Smith (Hrsg.). Studies in the History of the Greek Civil War, 1945-1949. Museum Tusculanum Press, 1987. S. 75. ISBN 87-7289-004-5
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↑C. M. Woodhouse. The Struggle for Greece, 1941-1949. Hart-Davis, MacGibbon, 1976. Reprint C. Hurst & Co. Publishers, 2002. S. 207. ISBN 1-85065-487-5
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↑G. Drakatos, D. Papanastassiou, G. Papadopoulos, H. Skafida, G. Stavrakakis. Relationship between the 13 May 1995 Kozani-Grevena (NW Greece) earthquake and the Polyfyto artificial lake. Engineering Geology 51, 1998: 65-74.
↑ abCatherine Morgan. Cultural subzones in Early Iron Age and Archaic Arcadia? In: Thomas Heine Nielsen, James Roy (Hrsg.). Defining Ancient Arkadia: Symposium, April, 1-4 1998. Kgl. Danske Videnskabernes Selskab, 1999. S. 393. ISBN 87-7876-160-3