Dieser Artikel beschreibt die mecklenburgische Gemeinde Groß Miltzow. Zum gleichnamigen Ortsteil der vorpommerschen Gemeinde Sundhagen siehe Groß Miltzow (Sundhagen).
Groß Miltzow liegt etwa 20 Kilometer östlich von Neubrandenburg und elf Kilometer nördlich von Woldegk in einem Endmoränengebiet, dessen höchste Erhebungen südlich der Gemeinde mit den Helpter Bergen 179,2 m ü. NHN erreichen.
Urkundlich erschien Groß Miltzow in einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 1298.[4] Die Gemarkung als bewohnte Ortschaft sollte älter sein und wird in der Schrift als Magna Melsow betitelt.[5]
Lindow wurde ebenfalls 1298 erstmals erwähnt: als Lyndow – ein Name, der trotz der regional häufigen slawischen Ortsnamen auf -ow vom deutschen "Linden-Aue" herzuleiten ist.[6]
Der Ortsteil Golm erschien dann 1308 erstmals als Golme, abgeleitet vom slawischenCholm (auch Plural Cholmy möglich), d. h. „der/die Hügel“.[7]
Im 15. Jahrhundert soll die Familie Söneke (Sonneke) anteilig Besitzungen im Ort besessen haben. Noch in gleichen Zeitphase, konkret im Jahre 1471, erwarb die alte mecklenburgische Adelsfamilie von Dewitz auf Holzendorf die Begüterung. Konstanter wird nachweislich der Grundbesitz ab Ulrich Otto von Dewitz (1671–1723) aus der Linie Groß Daberkow, seines Zeichens Herr auf Groß Miltzow, Holzendorf und Neverin, königlich dänischer Generalleutnant. Ihm folgt als örtlicher Gutsbesitzer sein Sohn der Kammerjunker Christian Wilhelm von Dewitz und dann wiederum der Enkel, der mecklenburgische Hofjägermeister, Otto Ulrich von Dewitz (1747–1808). Er war verheiratet mit Barbara Elisabeth von Maltzahn-Rottmannshagen. Zwei Generationen[8] weiter vertritt Ulrich Otto von Dewitz (1814–1871) die Interessen der Familie im Ort. Er war ebenso mit einer Maltzahn liiert und frühzeitig 1852[9] Mitglied im Johanniterorden. Die Vorfahren und die Nachkommen dieses Ehepaares stellten dann das so genannte Haus Miltzow,[10] eine namentlich an den Besitz gebundene Familienlinie.[11] Ulrich Otto von Dewitz (1856–1921), Erbherr auf Groß Miltzow, Ulrichshof und Krumbeck, veräußerte dann das alte Stammgut der Dewitz und überließ Krumbeck seiner Schwester. Seit 1905 gehörte das Rittergut den Freiherrenvon Bodenhausen. Die alte Adelsfamilie hatte 1869 die preußische Genehmigung zur Fortführung des Freiherrentitel bekommen. Hans Bodo von Bodenhausen-Burgkemnitz stiftete für seine neuen mecklenburgischen Besitzungen einen Familienfideikommiss, behielt aber seinen Hauptwohnsitz in Burgkemnitz.[12] Groß Miltzow übergab er seinem Sohn Kraft Hans (1871–1952), respektive konkret dem gleichnamigen Enkel Kraft Eberhard (1905–1945).[13] Kurz vor der großen Wirtschaftskrise, 1928, im letztmals amtlich publizierten Mecklenburgischen Güter-Adressbuch hatte das Rittergut Groß Miltzow mit Holzendorf, Vorwerk Ulrichshof, Klein Miltzow und Lehngut Oertzenhof eine Größe von 1461 ha, 227 ha davon waren Wald. Im ökonomischen Vordergrund stand wie in ganz Mecklenburg damals üblich die Schafsviehbewirtschaftung. Es standen hier 986 Tiere in den Ställen. Als Gutsverwalter für beiden letztgenannten Anteile agierten Herr Steilmann und Herr Dörr.[14] Der letzte Gutseigentümer Kraft von Bodenhausen war mit der Gutsbesitzertochter Marli von Trebra-Lindenau verheiratet und wohnte mit der Familie zuerst in Ulrichshof. Nach 1937 bezogen das sie Herrenhaus in Groß Miltzow, wo auch im Sommer 1943 von den sechs Kindern die jüngste Tochter geboren wurde. Da Bodenhausen Soldat war, übernahm sein Vater die Gesamtleitung der Güter der Familie.[15] Laut den Belegen der genealogischen Fachliteratur blieben die Freiherren von Bodenhausen auch im Besitz von Groß Miltzow bis zur Bodenreform.
Die Gemeinde verfügt über kein amtlich genehmigtes Hoheitszeichen, weder Wappen noch Flagge. Als Dienstsiegel wird das kleine Landessiegel mit dem Wappenbild des Landesteils Mecklenburg geführt. Es zeigt einen hersehenden Stierkopf mit abgerissenem Halsfell und Krone und der Umschrift „GEMEINDE GROß MILTZOW“.[16]
Von 1804 bis 1805 diente Friedrich Fröbel als Privatsekretär auf Gut dem Gut Groß Miltzow bei Otto Ulrich von Dewitz. Der spätere Erfinder des Kindergartens war zuvor Forstamtsaktuar (Landmesser) in Baunach und Bamberg. Eigentlich sollte er sich um die Domänen Krumbeck, Helpt und Oertzenhof kümmern, Bauarbeiten beaufsichtigen und die Buchführung übernehmen. Da ihm aber viel Zeit blieb, fand er in der umfangreichen Bibliothek des Gutsherrn Interesse an Schriften über Architektur, Philosophie, Literatur und Theologie. Durch Otto Ulrich von Dewitz fand er Kontakt zum Hof des liberalen Karl II. in Neustrelitz, der sich an den Ideen von Rousseau orientierte, aber auch zu intellektuellen Persönlichkeiten wie die Theologen Franz Christian Boll und Friedrich Ludwig Reinhold sowie dem Pädagogen Wilhelm von Türk, die ihn mit den Schulreformplänen von Johann Heinrich Pestalozzi vertraut machten. Miltzow erschien Fröbel als das geistige Erweckungserlebnis: „bis hier hatte mein Leben gekeimt gewachsen geschoßt geknospet jetzt fing es an zu blühen“.[17] Als Erzieher begann er 1805 nach seiner Rückkehr aus der Schweiz an der Pestalozzi-Musterschule in Frankfurt am Main. Im Jahre 1840 gründete Fröbel den "Allgemeinen deutschen Kindergarten" in Bad Blankenburg.
Herrenhaus Groß Miltzow[18] Um 1760 wurde ein eingeschossiges Gebäude mit Mittelrisalit für die Familie von Dewitz erbaut, das später mit dem Haupthaus verbunden wurde. Die preußische Prinzessin Luise weilt nachweislich 2 ½ Jahre nach ihrer Hochzeit mit dem späteren König Friedrich Wilhelm III. am 27. Juli 1796 auch auf Groß Miltzow: Erwähnt in den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss „Neunundsechzig Jahre am Preußischen Hofe“. Luise wurde ein Jahr später 1797 Königin von Preußen. 1780 fand ein Umbau des Haupthauses in ein zweigeschossiges Herrenhaus mit reicher Ausstattung im barocken Stil statt. Um 1840 wurde das ältere Gutshaus umgebaut, diesmal in ein Gebäude mit Mansarddach auf einem Sockelgeschoss mit einem dreiachsigen Mittelrisalit im Stil der französischen Renaissance. 1905 wurde der Wirtschaftsflügel angebaut. Bis 1905 befand sich das Gut im Besitz der Familie von Dewitz. Von 1905 bis mindestens nach 1943 war es im Eigentum der Freiherren von Bodenhausen, danach etwaig kurz in der Familie von Schwerin. Der umfangreiche Park und einige Wirtschaftsgebäude sind noch gut erhalten. Nach 1945 wurde das Gutshaus als Verwaltungsgebäude genutzt.
Herrenhaus Kreckow: Der Kreckower Gutshof ist eine der wenigen komplett erhaltenen Gutsanlagen in Mecklenburg, barock symmetrisch mit Herrenhaus, Park, Verwalterhaus, Pferdestall und Nebengebäuden. Das Herrenhaus wurde im Jahre 1744 durch Wilhelm Ludwig von Bissing als eingeschossiger barocker Putzbau mit Mansarddach und hohem Sockelgeschoss erbaut.[19] Es befand sich von 1762 bis 1934[20] im Besitz der Grafen von Schwerin, zumeist als Pachtgut.
Die Kirche Kreckow ist eine Feldsteinkirche aus dem Ende des 13. Jahrhunderts, die 1749 um einen Westturm erweitert wurde. Im Innenraum steht unter anderem ein Kanzelaltar aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
ehemalige Dorfschmiede in Kreckow (Heimatmuseum)
Bahndamm und Bahngebäude der ehemaligen Friedrich-Wilhelm-Eisenbahn (stillgelegt), jetzt Radweg
Die Kirche Holzendorf ist eine Backsteinkirche aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts. Im Innenraum steht unter anderem ein Altarretabel aus der Zeit um 1730.
Weitere Kirchen in Badresch und Golm[21] und Kreckow
Die Bahnstrecke Bützow–Szczecin führt durch den Süden des Gemeindegebietes, ohne hier einen Haltepunkt zu besitzen. Die Bundesstraße 104 verläuft südlich der Gemeinde. Über den etwa drei Kilometer entfernten Anschluss Friedland i. M. der Bundesautobahn 20 ist die Gemeinde Groß Miltzow ebenfalls erreichbar.
↑ abcdeGemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 1. Januar 1948 in den neuen Ländern, Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart, 1995, ISBN 3-8246-0321-7, Herausgeber: Statistisches Bundesamt
↑Hermann Krabbo: Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus Askanischem Hause. In: Veröffentlichungen des Vereins für die Geschichte der Mark Brandenburg (Hrsg.): Regesten. Druck und Verlag R. Oldenbourg, München, Berlin 1922, S.456 (google.de [abgerufen am 30. November 2021]).
↑Erwin Schulz: Ortsnamen in Mecklenburg-Strelitz von 1170 bis 1572. In: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Institut für Slawistik, Lehrstuhl für Slawische Sprachwissenschaft (Hrsg.): Greifswalder Beiträge zur Ortsnamenkunde. Band6. Institut für Slawistik, Greifswald 2004, ISBN 978-3-86006-218-0, S.57–66 (google.de [abgerufen am 30. November 2021]).
↑Cornelia Willich: Ortsnamen in Mecklenburg-Strelitz. In: Mecklenburg-Strelitz. Beiträge zur Geschichte einer Region, Bd. 2 (2002), S. 6–23, hier S. 18.
↑Cornelia Willich: Ortsnamen in Mecklenburg-Strelitz. In: Mecklenburg-Strelitz. Beiträge zur Geschichte einer Region, Bd. 2 (2002), S. 6–23, hier S. 9.
↑"… die machen wieder in Familie!". Neugier auf Vergangenheit. Die Geschichte der Familie von Dewitz in Bildern. In: Bodo von Dewitz, Michael von Dewitz, Werner von Dewitz, Lothar von Dewitz (Hrsg.): Familien-Chronik. Thomas Helms Verlag, Marienthal, Schwerin 2013, ISBN 978-3-940207-75-3, S.271–273 (d-nb.info [abgerufen am 29. November 2021]).
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↑Adolf Freiherr Maltzan: Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz, Oldenburgischer Landesteil Lübeck, Hansestädte Bremen, Lübeck, Hamburg. In: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche. 4. Auflage. Mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer für Mecklenburg-Schwerin, des Statistischen Amtes zu Schwerin, des Statistischen Büros zu Neustrelitz, Amt Stargard. Nicolaische Verlags-Buchhandlung R. Stricker, Berlin September 1923, S.278 (google.de [abgerufen am 30. November 2021]).
↑Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Otto Reichert, Friedrich Wilhelm Freiherr v. Lyncker u. Ehrenkrook, Wilhelm v. Blaschek, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Häuser / A (Uradel / bis 1400 nobilitiert) 1959. In: Ausschuss für adelsrechtlichen Fragen der deutschen Adelsverbände in Gemeinschaft mit dem Deutschen Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA Genealogisches Handbuch des Adels, von 1951 bis 2015. BandIII, Nr.21. C. A. Starke, 1959, ISSN0435-2408, S.18–20 (d-nb.info [abgerufen am 30. November 2021]).
↑Ernst Seyfert, Hans Wehner, W. Baarck: Niekammer`s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Band IV. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe von Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter, Güter und Höfe von ca. 20 ha aufwärts mit Angabe der Gutseigenschaft, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung vieler Behörden und der Landbünde zu Güstrow und Neubrandenburg (Hrsg.): 4. Letzte Ausgabe. 4. Auflage. IV Reihe Paul Niekammer. Verlag von Niekammer`s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1928, S.258 (g-h-h.de [abgerufen am 30. November 2021]).
↑Martin von Katte: Schwarz auf Weiß. Erinnerungen eines Neunzigjährigen. In: Autobiographie. Siedler-Verlag, Berlin 1987, ISBN 978-3-88680-264-7, S.123–193 (d-nb.info [abgerufen am 30. November 2021]).
↑Friedrich Fröbel Brief an Bernhard II. Erich Freund Herzog von Sachsen-Meiningen in Meiningen vom 6./25.7.1827 (Keilhau) In: Briefausgabe Friedrich Fröbel - Bibliothek für bildungsgeschichtliche Forschung/Friedrich Fröbel Forschungsstelle der Universität Duisburg-Essen, KN 108;4 (Mappe I), Entwurfsfragment
↑Sabine Bock: Herrschaftliche Wohnhäuser auf den Gütern und Domänen in Mecklenburg-Strelitz. Architektur und Geschichte. (= Beiträge zur Architekturgeschichte und Denkmalpflege, 7.1–3), Thomas Helms Verlag, Schwerin 2008, ISBN 978-3-935749-05-3, Band 1, S. 346–354.
↑Sabine Bock: Herrschaftliche Wohnhäuser auf den Gütern und Domänen in Mecklenburg-Strelitz. Architektur und Geschichte. (= Beiträge zur Architekturgeschichte und Denkmalpflege, 7.1–3), Thomas Helms Verlag, Schwerin 2008, ISBN 978-3-935749-05-3, Band 1, S. 482–490.
↑Curd Christoph v. Schwerin: Fünfter Nachtrag zur Geschichte des Geschlechts von Schwerin. Hrsg.: von Schwerinscher Familienverband. Nr. 57, Botho Graf Schwerin-Zettemin Auflage. Wolfshagen. Degener, Neustadt an der Aisch 1. Juni 2003, S.133 (kit.edu [abgerufen am 30. November 2021]).