Das Pantheon der Götter der Maya ist sehr komplex. Was heute bekannt ist, lässt noch immer nur einen ausschnitthaften Blick auf die Götterwelt zu. Jedenfalls waren die Götter auf das engste mit dem Kalender und dem Alltag der Maya verbunden. Vermutlich war jeder Kalendertag, jeder Monat und jede Periode ebenso wie jede der Grundziffern von Null bis 20 mit mindestens einem Gott verbunden. Das Schicksal der Menschen wurde von den Göttern bestimmt, bei vielen Vorhaben wurden sie zu Rate gezogen. Es gab Tempel (häufig Tempelpyramiden), Feste und Wallfahrten zu Ehren der Götter.
Die meisten Gottwesen hatten Menschengestalt und bestimmte Attribute. Oft konnte ein und dieselbe Gottheit sowohl gut als auch böse sowie jung oder alt erscheinen. Es gab zoomorphe Mischwesen und eine Vielzahl übernatürlicher Entitäten in der religiösen Tradition der Maya, die alle untereinander in Beziehung standen und in ständiger Bewegung waren. Einzelne Götter konnten Wesensmerkmale anderer Götter in sich aufnehmen, was die Abgrenzung bzw. Unterscheidung teilweise zusätzlich erschwert.
Durch den Untergang der klassischen Mayakultur zum Ausgang des ersten Jahrtausends, und noch mal, ab dem 16. Jahrhundert, durch die spanische Konquista, einhergehend mit der Zwangschristianisierung, ist sehr viel Wissen um die Religion und Götter der Maya verloren gegangen. Hauptquellen bilden daher die originalen Hinterlassenschaften der Maya. Dies sind zuvorderst die Maya-Codices, gefolgt von zahlreichen Steinmetz- und Stuckarbeiten, Keramik und schließlich Wandmalereien.
Gruppe von Musikern, darunter zwei mit Holztrompetenhom-tah, und Maskentänzern, die den Maisgott Hun Nal Yeh und andere Götter verkörpern, in einer Prozession. Den Abschluss bildet (links) ein Musiker mit Gefäßflöte. Wandmalerei in Bonampak, um 775 n. Chr.
Ebenfalls wertvoll, obwohl in lateinischer Schrift niedergeschrieben und bereits christlich beeinflusst, sind einige koloniale Handschriften. Hier sind zuerst das Popol Vuh der K'iche zu nennen, sowie neben wenigen weiteren Werken die Annalen der Cakchiquel und die Chilam-Balam-Texte der Yucatekischen Maya. Sehr kenntnisreich und teilweise detailliert, damit ebenfalls von großem Wert ist auch die Verteidigungsschrift[1] von Diego de Landa.
Chilam-Balam-Texte aus Ixil
Seite aus dem Popol Vuh
Erst durch die Lesbarkeit der Maya-Schrift und im Abgleich der genannten Quellen, setzten sich zunehmend gesicherte Kenntnisse um das Pantheon der Maya durch. Sämtliche Lexika oder spezifische Literatur sind also als Interpretation oder Ableitung daraus aufzufassen. Da diese Werke auch zu unterschiedlichen Zeiten und damit differenten Forschungswissen entstanden sind, ergeben sich auch fragliche oder gegensätzliche Aussagen. Hinzu kommen schlussendlich noch Ergebnisse aus der ethnologischen Forschung und verwandten Wissenschaften, insbesondere aus in sich noch relativ geschlossenen Mayagemeinschaften wie denen der Lacandonen.
Als erster Forscher versuchte Paul Schellhas die Götter der postklassischen Mayahandschriften aus Yucatán zu systematisieren und zu identifizieren. Im Ergebnis konnte er 15 verschiedene Götter auf der Basis übereinstimmender Merkmale ermitteln und diesen auch ihre Namensglyphen zuordnen. Da die Schrift damals noch nicht lesbar war, nannte er die Götter nach dem Buchstaben des lateinischen Alphabets.[2] Das von Schellhas entwickelte System wurde von Günter Zimmermann[3] und schließlich von Karl Andreas Taube zur Schellhas-Zimmermann-Taube-Klassifikation weiterentwickelt. Diese hat im Wesentlichen noch heute Bestand, nur dass die meisten Götternamen heute lesbar sind.[4]
Der akribischen und kontinuierlichen, ikonographischen Erforschung der zahlreich hinterlassenen dekorierten Fassaden und Keramik sowie der mittlerweile weitestgehend lesbaren Schrift ist zu verdanken, dass auch über die Maya-Mythologie der klassischen Periode Wesentliches bekannt ist. Insbesondere der Maisgott und die göttlichen Zwillinge wurden sehr häufig abgebildet. Zum Kenntnisstand über einige bedeutende Götter der Klassik, im Zusammenhang mit wichtigen Daten im Kalender, konnte neben anderen Linda Schele Elementares beitragen.[5]
Alphabetische Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit
Awilix, eine der in Q'umarkaj verehrten Gottheiten[19]
Bacab(es)[20], Gott N (wesensnah mit Uayayab), vier Brüder, die bei der Schöpfung der Welt an den vier Weltseiten Aufstellung nahmen, um den Himmel zu stützen[21]
Hobnil, Bacab des Südens, nach Kan dem vierten Tag des Tzolkin auch Kanalbacab oder Kanpauahtun[22]
Canzienal, Bacab des Ostens, nach Muluc dem neunten Tag des Tzolkin auch Chacalbacab oder Chacpauahtun
Zaczini, Bacab des Nordens, nach in Ix dem 14. Tag des Tzolkin auch Zacalbacab oder Zacpauahtun
Hozanek, Bacab des Westens, nach in Chauc (= Kawak) 21. Tag des Tzolkin auch Ekelbacab oder Ekpauahtun
Bolon Tiku, bolón-ti-ku (Neun Herren der Nacht),[24] Neun Götter der Unterwelt, die über je über zwei Monate des Haab, und einen Monat des Tzolkin herrschen, Gegenspieler der Oxlahun Tiku
Bolon Yokte' K'uh, El Tortuguero, Stele 6, Gottheit, die am 21. Dezember 2012 in einem großen Akt auftreten sollte
Buluc Chabtán, Gott F, Erdgottheit, als Kriegs- und Opfergott auch wesensverwandt mit Ek Chuah und Etz'nab[25]
Chimalmát, Frau des Vucub Caquix, Mutter der Erdbebendämonen Cabracán und Zipacna, bei den Chortí zu viert in der Funktion der Weltträger anstelle der Bacab[30]
Citolontun, unter der Göttern der Medizin aufgeführt[31]
Huracán, der Riesige, der Einbeinige, Gott des Sturmes, wesensverwandt mit K'awiil, mutmaßlicher bzw. möglicher Namensstifter von Orkan, als U K'ux Kaj (Herz des Himmels) wichtiger Schöpfergott im Popol Vuh[35]
Ixbalanqué (Xbalanque), einer der göttlichen Zwillinge oder Zwillingsheroen, siehe auch: Hunahpú
Ixbunic (Ixhunie), unter den weibl. Gottheiten genannt, die 1517 auf der Isla Mujeres verehrt wurden[36]
Ixbunieta (Ixhunieta), unter den weibl. Gottheiten genannt, die 1517 auf der Isla Mujeres verehrt wurden[36]
Ixchel[37], Göttin O, Mond- und Fruchtbarkeitsgöttin, Erdgöttin, Schutzherrin des Wassers, des Regenbogens und der Schwangeren und Erfinderin der Webkunst, Gattin von Itzamná,[38] also Ixchel
Ixcanleom, Fruchtbarkeitsgöttin (Erscheinungsform der Ixchel)
Ixchebeliax, unter den weibl. Gottheiten genannt, die 1517 auf der Isla Mujeres verehrt wurden,[36] als Ix Chebel Yax Gattin von Itzamná,[39] also Ixchel
Ix Chup (Ix Ch'up), Verkörperung einer jungen stillenden Mutter (Erscheinungsform der Ixchel)
Ixmucané (Xmucane = die Alte; Alóm = die Gebärerin, die Große Mutter; auch Chulmetik = Frau Mond in Chiapas), Schöpfergöttin, vielleicht das Äquivalent der K'iche zu Ixchel[40]
Ixpiyacóc (Xpiyacoc = der Alte; K'ajolom = der Söhne-Erzeuger, der Große Vater; Chultotik = Herr Sonne in Chiapas), Schöpfergott[40]
Tohil (Tojil), Feuer- und Donnergott, Hauptgott der K'iche,[46] Entsprechung des klassischen K'awiil,[47] vereinigt in sich auch Wesensmerkmale von Chaac[48] und Kukulkan[49]
Deidades Principales del Panteón Maya – nach Sylvanus Morley: La civilización Maya. Edición revisada por George W. Brainerd y notas de Betty Bell. Traducción al español de la tercera edición en inglés, de Cecilia Tercero. Fondo de Cultura Económica, México 1972 (Resümee) (spanisch)
↑David A. Freidel, Linda Schele: Kingship in the late preclassic Maya Lowlands: the instruments and places of ritual power. In Michael E. Smith, Marilyn A. Masson: The Ancient Civilizations of Mesoamerica: A Reader. Oxford 2000, S. 422–440.