Günther Weisenborn (* 10. Juli 1902 in Velbert; † 26. März 1969 in West-Berlin) war ein deutscher Schriftsteller und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.
Weisenborn wuchs in Opladen auf und war Anfang der 1920er Jahre freier Mitarbeiter der Opladener Zeitung. Nach Abschluss seines Germanistik- und Medizinstudiums an der Universität zu Köln, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin 1927 war Weisenborn zunächst als Schauspieler an verschiedenen Theatern tätig. Er wurde 1928 Dramaturg an der Berliner Volksbühne, an der am 16. Oktober 1928 sein Antikriegsstück U-Boot S4 in der Regie von Leo Reuß uraufgeführt wurde. Zusammen mit Robert Adolf Stemmle schrieb er den Text zu der 1932 von Walter Gronostay vertonten „proletarischen Ballade“ Mann im Beton.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden seine Bücher verboten, er konnte jedoch unter den Pseudonymen W. Bohr, Christian Munk und Eberhard Förster weiterhin schreiben. Nach kurzer Emigration in die USA 1936 kehrte er Ende 1937 nach Deutschland zurück und führte ein Doppelleben: Einerseits war er Teil des nationalsozialistischen Kulturbetriebs (seit 1941 Dramaturg am Berliner Schillertheater), andererseits unterstützte er die Widerstandsorganisation um Harro Schulze-Boysen.
Im Jahr 1941 heiratete Weisenborn Margarete Schnabel (1914–2004), genannt „Joy“, die er 1939 als Mitbewohnerin von Libertas und Harro Schulze-Boysen kennengelernt hatte. Er war daran beteiligt, eine Verbindung zur Auslandsleitung der KPD in der Schweiz herzustellen.[1] Er hatte von den Funkverbindungen einiger Mitglieder der illegalen Gruppe zu sowjetischen Organen Kenntnis und lieferte ihnen Berichte und Informationen.[1]
Seit September 1942 von der Gestapo in der Prinz-Albrecht-Straße inhaftiert, wurde Weisenborn 1943 vom Reichskriegsgericht wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde schließlich in eine Zuchthausstrafe abgemildert. In dem 1947 erschienenen autobiographischen Memorial beschreibt Weisenborn in kurzen anekdotischen „Haftstücken“[2] aus seiner Zeit in Nazi-Haft die faschistische Vernichtungsstrategie.
Heute wird in der Dauerausstellung Topographie des Terrors an Weisenborns Berliner Haftzeit erinnert.
Im April 1945 befreite die Rote Armee Weisenborn aus dem Zuchthaus Luckau. Kurz darauf wurde er von der sowjetischen Besatzungsmacht zum Bürgermeister im nahen Langengrassau (heute Gemeinde Heideblick) ernannt.
Im Oktober 1947 richtete er den Ersten Deutschen Schriftstellerkongress mit aus. Nach seiner Rückkehr nach West-Berlin wirkte er an der Seite von Intendant Karlheinz Martin am Hebbel-Theater, war von 1945 bis 1947 Mitherausgeber der satirischen Zeitschrift Ulenspiegel und Mitbegründer des Studio 46, das 1946 mit der Uraufführung seines Dramas Die Illegalen eröffnete, in dem er seine Erfahrungen im Widerstand verarbeitete.
1947 erstattete er gemeinsam mit Adolf Grimme und Greta Kuckhoff Anzeige gegen Manfred Roeder, den Chefankläger in den Verfahren gegen die Rote Kapelle, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Ermittlungsverfahren wurde von der NS-belasteten Staatsanwaltschaft Lüneburg verschleppt und Ende 1951 eingestellt.
In der Zeit von 1951 bis 1953 war Weisenborn Chefdramaturg der Hamburger Kammerspiele und veröffentlichte 1953 mit dem Buch Der lautlose Aufstand den ersten umfassenden Dokumentarbericht über den deutschen Widerstand. Vortragsreisen führten ihn nach Burma, in die VR China, nach Indien, in die UdSSR sowie nach London, Paris, Prag und Warschau. Weisenborn engagierte sich als Pazifist gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland und warnte vor der atomaren Bedrohung. Im Jahr 1955 schrieb er das Drehbuch zu Falk Harnacks Film Der 20. Juli. Er erhielt für diese Arbeit den Bundesfilmpreis in Silber. Ebenfalls 1955 stiftete er die von der Dramatiker Union ausschließlich an Nicht-Mitglieder vergebene Auszeichnung Silbernes Blatt für „Persönlichkeiten […], die sich besonders um die Förderung des zeitgenössischen dramatischen Schaffens verdient gemacht haben“.
Zu seinen späteren Arbeiten für den Film gehören Dokumentationen des Widerstands in Nazi-Deutschland, aber auch das Drehbuch zu Wolfgang Staudtes Verfilmung von Bertolt Brechts Die Dreigroschenoper. Ab 1964 lebte er in West-Berlin.
Es war sein Wunsch, auf dem Friedhof von Agarone im Kanton Tessin in einem Urnengrab seine letzte Ruhe zu finden. Seine Frau Joy lebte seit seinem Tod in Agarone.[3]
Weisenborns Sohn Christian Weisenborn (* 1947) ist Dokumentarfilmer. Von ihm stammen u. a. die Filme Verräterkinder[4] und Die guten Feinde, der die Geschichte seines Vaters und der „Roten Kapelle“ erzählt.[5]
Vom Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR erhielt Weisenborn am 6. Oktober 1969 postum als antifaschistischer Widerstandskämpfer den Orden des Vaterländischen Krieges Erster Stufe verliehen.[6]
Günther Weisenborn war Vorsitzender des Schutzverbandes deutscher Autoren, Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg, der Deutschen Akademie der darstellenden Künste mit damaligem Sitz in Frankfurt am Main, korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie der Künste mit damaligem Sitz in Ost-Berlin, des P.E.N.-Clubs und der europäischen Schriftstellervereinigung Comes. Er erhielt den Preis der Académie des Hespérides.
In seiner Geburtsstadt Velbert sowie in Leverkusen erinnern Straßennamen an ihn.
Personendaten | |
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NAME | Weisenborn, Günther |
ALTERNATIVNAMEN | Bohr, W. (Pseudonym); Munk, Christian (Pseudonym); Förster, Eberhard (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller und Dramaturg |
GEBURTSDATUM | 10. Juli 1902 |
GEBURTSORT | Velbert |
STERBEDATUM | 26. März 1969 |
STERBEORT | West-Berlin |