Hanna Suchocka

Hanna Suchocka (2015)

Hanna Stanisława Suchocka[1] (* 3. April 1946 in Pleszew) ist eine polnische Politikerin (SD, UD, UW) und Juristin. Von 1992 bis 1993 war sie die erste Ministerpräsidentin der Republik Polen und von 1997 bis 2000 Justizministerin und Generalstaatsanwältin. Sie gehörte von 1980 bis 1985 und von 1989 bis 2001 in der VIII. und X. Wahlperiode der Volksrepublik und der I., II. und III. Wahlperiode der Dritten Republik dem Sejm an.

Leben und Beruf

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Die Apothekertochter studierte Rechtswissenschaft an der Adam-Mickiewicz-Universität Posen. Nach ihrem Examen 1968 folgte 1975 die Promotion mit der Arbeit „Konstytucyjne gwarancje praworządności w europejskich państwach socjalistycznych“.[2] Anschließend lehrte sie an derselben Hochschule bis 1990 Verfassungsrecht. 1985 bis 1986 forschte Suchocka am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. 1988 bis 1993 war sie Dozentin an der Katholischen Universität in Lublin, später bis 2013 Adjunkt an der Posener Außenstelle der polnischen Akademie der Wissenschaften.[3] Sie habilitierte sich 2015 an der Adam-Mickiewicz-Universität.[4]

Im Jahr 1968 wurde Suchocka Mitglied der Blockpartei Stronnictwo Demokratyczne (SD), war ab 1980 zugleich aber auch in der oppositionellen Gewerkschaft Solidarność aktiv. Im selben Jahr wurde sie für fünf Jahre Abgeordnete der SD im Sejm.[5] 1982 stimmte sie dort mit vier Fraktionskollegen gegen die Abschaffung der unabhängigen Gewerkschaften. Zeitweise gehörte sie dem SD-Vorstand an. Zuvor hatte sie von 1973 bis 1975 dem Stadtrat von Posen und von 1975 bis 1980 dem Rat der Woiwodschaft Posen angehört. Aus Protest gegen eine Kommunalwahlreform verließ sie 1984 gemeinsam mit ihren Abgeordnetenkollegen Dorota Simonides und Zbigniew Kledecki die SD.

Nach dem Systemwechsel wurde sie für das Bürgerkomitee Solidarność 1989 Mitglied des halbfrei gewählten „Vertragssejm“.[6] Bei der ersten vollständig freien Sejmwahl 1991[7] sowie den Wahlen 1993[8] und 1997[9] wurde sie als Abgeordnete wiedergewählt. Während dieser Zeit war sie ab 1990 Funktionärin der liberalen Partei Unia Demokratyczna (UD) sowie deren Nachfolgepartei Unia Wolności (UW). Zeitweise gehörte sie auch der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an und war dessen stellvertretende Vorsitzende.[10]

Ab Juli 1992 amtierte Suchocka als Ministerpräsidentin der Republik Polen. Am 28. Mai 1993 scheiterte sie jedoch an einem Misstrauensvotum konservativer Abgeordneter, die mit der von ihr vorangetriebenen beschleunigten Liberalisierung der Wirtschaft nicht einverstanden waren. Am 29. Mai wurde der Sejm aufgelöst, sie amtierte noch bis zum 17. Oktober 1993 und wurde anschließend von Waldemar Pawlak abgelöst. Vor den Präsidentschaftswahlen 1995 bewarb sie sich um die Kandidatur ihrer, belegte in der parteiinternen Abstimmung nur dritten Rang hinter Jacek Kuroń und Janusz Onyszkiewicz.

Von 1997 bis 2000 gehörte Suchocka der Regierung von Ministerpräsident Jerzy Buzek als Justizministerin an und war zugleich Generalstaatsanwältin des Landes. Von 1991 bis 2016 war sie Mitglied der Venedig-Kommission. Seither ist sie deren Ehrenpräsidentin.[10]

Zwischen 2001 und 2013 vertrat sie Polen als Botschafterin beim Heiligen Stuhl und ab 2002 auch beim Souveränen Malteserorden.[11][12] 2014 wurde sie von Papst Franziskus zum Mitglied in der neugeschaffenen Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen ernannt[13] und 2018 bestätigt.[14]

Sie ist Ehrendoktor der University of Oklahoma (1995), der Katholischen Akademie Krakau (2005), der Kardinal-Stefan-Wyszyński-Universität Warschau (2011) und der Päpstlichen Lateranuniversität (2012).[2] Zudem ist sie Ehrenbürgerin von Grodzisk Wielkopolski (1997) und Posen (2012).[19]

Commons: Hanna Suchocka – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Postanowienie Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej. (PDF) In: Monitor Polski, Dziennik Urzedowy Rzeczypospolitej Polskiej. 2. September 2014, abgerufen am 9. Mai 2022 (polnisch).
  2. a b Curriculum Vitae auf prawo.amu.edu.pl, abgerufen am 1. Februar 2025.
  3. https://web.archive.org/web/20220127081344/https://prawo.amu.edu.pl/__data/assets/pdf_file/0005/264227/2_Autoreferat_polski_Hanna-Suchocka.pdf
  4. Wydział Prawa i Administracji - prof. UAM dr hab. Hanna Suchocka. 16. April 2021, abgerufen am 1. August 2024.
  5. Ergebnis im Monitor Polski 1980, Nr. 9, S. 73.
  6. Ergebnis im Monitor Polski 1989, Nr. 21, S. 303.
  7. Ergebnis im Monitor Polski 1991, Nr. 41, S. 462.
  8. Ergebnis im Monitor Polski 1993, Nr. 50, S. 710.
  9. Ergebnis im Monitor Polski 1997, Nr. 64, S. 1332.
  10. a b „Venice Commission“ auf www.venice.coe.int, abgerufen am 1. Februar 2023.
  11. Entlassungsmitteilung im Monitor Polski 2013, S. 710.
  12. Entlassungsmitteilung im Monitor Polski 2013, S. 711.
  13. Pope Names Members of Pontifical Commission for the Protection of Minors. Zenit, 24. März 2014, abgerufen am 30. März 2014.
  14. Comunicato della Pontificia Commissione per la Tutela dei Minori. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 17. Februar 2018, abgerufen am 17. Februar 2018 (italienisch).
  15. Verleihnachricht im Monitor Polski 2014, S. 748.
  16. Prof. Dr. Hanna Suchocka – Preisträgerin des Adalbert-Preises 2015. Botschaft der Republik Polen in Berlin, 16. Juni 2015, abgerufen am 16. Juni 2015.
  17. „PROF. H. SUCHOCKA Z WYDZIAŁU PRAWA I ADMINISTRACJI UHONOROWANA ORDEREM LEGII HONOROWEJ“ auf prawo.amu.edu.pl, abgerufen am 1. Februar 2025.
  18. Frühere polnische Regierungschefin erhält Klaus-Hemmerle-Preis. Sonntagsblatt, 13. Oktober 2021.
  19. „Hanna Suchocka Honorowym Obywatelem Poznania“ auf www.poznan.pl, abgerufen am 1. Februar 2025.