1925 übernahm er eine Pfarrstelle an der St.-Remigius-Kirche in Albersdorf. Nach der Blutnacht von Wöhrden fand die Trauerfeier eines der gestorbenen SA-Männer in Albersdorf statt, an der auch Adolf Hitler teilnahm. 1932 wechselte Asmussen, resigniert vom Erfolg der NSDAP in Albersdorf, auf die 2. Pfarrstelle der Hauptkirche St. Trinitatis in Altona.
Kirchlicher Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Nachdem beim sogenannten Altonaer Blutsonntag im Juli 1932 18 Personen bei Straßenkämpfen zwischen SA, Kommunisten und preußischer Polizei ums Leben gekommen waren, gehörte Asmussen zu den Hauptautoren des am 11. Januar 1933 veröffentlichten Wort und Bekenntnis Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des öffentlichen Lebens, das als Altonaer Bekenntnis in die Geschichte einging. Dieses Bekenntnis gilt als ein Vorbote der späteren und berühmteren Barmer Theologischen Erklärung.
1935 wurde Asmussen Gründer und erster Leiter der am 1. November 1935 eröffneten und am selben Tage verbotenen Kirchlichen Hochschule Berlin-Dahlem, er unterrichtete selbst Praktische Theologie, auch nachdem der sogenannte Himmler-Erlass der Bekennenden Kirche jedwede Ausbildung und Prüfung junger Theologen im August 1937 untersagte. Asmussen war Mitunterzeichner der Denkschrift der Deutschen Evangelischen Kirche im Frühjahr 1936[1] und hielt den Trauergottesdienst für den am 19. Februar 1937 im KZ Sachsenhausen ermordeten Kanzleivorsteher und juristischen Berater der Vorläufigen Kirchenleitung Friedrich Weißler[2]. 1939 wurde gegen Asmussen ein reichsweites Rede- und Predigtverbot verhängt, er stand auf den Fürbittenlisten der BK für die verfolgten Christen[3]. Bis 1941 gehörte Asmussen dem Dozentenkreis und dem Prüfungsgremium an, das unter dem Vorsitz von Martin Albertz theologische Kandidaten examinierte. Daneben wirkte er als Pfarrer in Berlin-Lichterfelde. Im Mai 1941 wurde Asmussen ebenso wie Albertz, Günther Dehn und Vikarin Elisabeth Grauer (1904–1995) verhaftet und am 22. Dezember 1941 durch das Berliner Sondergericht I im sogenannten Prüfungsprozeß zu einer Haftstrafe verurteilt[4]. 1943 holte Bischof Theophil Wurm ihn in die württembergische Landeskirche.
Theologischer, politischer und beruflicher Weg nach 1945
1945 wurde er als Vorsitzender des Bruderrats der EKD gewählt. Bei der Kirchenführerkonferenz in Treysa im August 1945 wurde er in den Rat der entstehenden Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt und zum Leiter der Kirchenkanzlei bestimmt, die er an seinem Wohnort Schwäbisch Gmünd aufbaute. Zu historischer Bedeutung gelangte er durch seine Mitwirkung am Stuttgarter Schuldbekenntnis, worin sich die evangelischen Christen zu ihrer Mitschuld an den Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus bekannten. Von Asmussen und Martin Niemöller konzipiert, wurde es am 19. Oktober 1945 in Stuttgart vom Rat der EKD verabschiedet.
In den folgenden Jahren überwarf Asmussen sich zunehmend mit Wurm und dem Rat der EKD, weil er eine eigenständigere Rolle des Luthertums innerhalb der EKD forderte. Noch schärfer kritisierte er die von Karl Barth und Niemöller geprägte Haltung des Bruderrats, besonders das Darmstädter Wort von 1947. 1948 wurde er von seinem Amt als Präsident der Kirchenkanzlei entbunden und nicht wieder in den Rat der EKD gewählt. Von 1949 bis 1955 war er Propst in Kiel.
Asmussen, der auch Mitglied der CDU geworden war, kritisierte in den 1950er Jahren den in seinen Augen zu politischen Kurs von weiten Kreisen der evangelischen Kirche. In einer Stellungnahme gegenüber einer Eingabe der Bekenntnis-Bruderschaften an die Synode seiner Kirche rechtfertigte Asmussen die atomare Bewaffnung im Arsenal der NATO-Staaten:
„Wer ‚im Namen des Evangeliums‘ über die Atombombe spricht, kann nicht übersehen, dass die Atombombe eine Strafrute in der Hand Gottes ist.[5]“
In seinem letzten Lebensjahrzehnt engagierte er sich sehr für die Ökumene und näherte sich stark der römisch-katholischen Kirche an (siehe Hochkirchliche Bewegung).
Hans Kirsten: Asmussen und die Orthodoxie (= Das Wort sie sollen lassen stahn! Zeitfragen im Lichte der Bibel, Heft 2). Verlag des Schriftenvereins (E. Klärner), Zwickau o. J.
Wilhelm Halfmann: Hans Asmussen, eine biographische Skizze, in: Walter Bauer, Hellmut Heeger, Friedrich Hübner, Walter Zimmermann (Hrsg.): Ich glaube eine heilige Kirche. Festschrift für D. Hans Asmussen zum 65. Geburtstag am 21. August 1963, Evangelisches Verlagswerk, Stuttgart 1963, S. 33–40.
Georg Zenk: Evangelisch in Katholizität. Ökumenische Impulse aus Dienst und Werk Hans Asmussens. Bd. I: Textteil. Bd. II: Bibliographie und Apparat. Peter Lang, Frankfurt am Main 1977.
Juha Pihkala: Mysterium Christi. Kirche bei Hans Asmussen seit 1945 (= Schriften der Luther-Agricola-Gesellschaft A 17). Helsinki 1978, ISBN 951-9047-11-5.
Enno Konukiewitz: Hans Asmussen, ein lutherischer Theologe im Kirchenkampf (= Die Lutherische Kirche, Geschichte und Gestalten 6). Mohn, Gütersloh 1984, ²1985, ISBN 3-579-00115-9.
Rudolf Halver: Hans Asmussen – der Kämpfer. In: Wolfgang Prehn (Hrsg.): Zeit, den schmalen Weg zu gehen. Zeugen berichten vom Kirchenkampf in Schleswig-Holstein. Kiel 1985, S. 187–191.
Heidi Ditschke: Hans Asmussen. Theologie und Kirchenpolitik bis zum Altonaer Bekenntnis. Stade 1987.
Gerhard Besier: Die Auseinandersetzung zwischen Karl Barth und Hans Asmussen – ein Paradigma für die konfessionelle Problematik innerhalb des Protestantismus? In: Berliner Theologische Zeitschrift 6 (1988), 103–123.
Wolfgang Lehmann: Hans Asmussen. Ein Leben für die Kirche. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988, ISBN 3-525-55406-0.
Josef Außermair: Konkretion und Gestalt. „Leiblichkeit“ als wesentliches Element eines sakramentalen Kirchenverständnisses am Beispiel der ekklesiologischen Ansätze Paul Tillichs, Dietrich Bonhoeffers und Hans Asmussens unter ökumenischem Gesichtspunkt (= Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien 67). Bonifatius, Paderborn 1997, ISBN 3-87088-875-X.
Heinz Eduard Tödt: Hans Asmussens weltanschaulicher und theologischer Weg zur ersten Reichsbekenntnissynode in Wuppertal-Barmen, in: ders.: Komplizen, Opfer und Gegner des Hitlerregimes. Zur „inneren Geschichte“ von protestantischer Theologie und Kirche im „Dritten Reich“. Hrsg. von Jörg Dinger und Dirk Schulz. Chr. Kaiser, Gütersloh 1997, S. 96–104.[7]
Karl Hauschildt: Hans Asmussen (1898–1968). Ein lutherischer Theologe im Kirchenkampf. Erinnerungen und Vermächtnis. Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis, Hamburg 1998.
Josef Außermair (Hrsg.): Hans Asmussen im Kontext heutiger ökumenischer Theologie (= Studien zur systematischen Theologie und Ethik 24). Münster 2001, ISBN 3-8258-4852-3.
Reinhart Staats: Hans Asmussen und der deutsche Antisemitismus. In: ders.: Protestanten in der deutschen Geschichte. Geschichtstheologische Rücksichten. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2004, ISBN 3-374-02175-1.
Roland Hosselmann: Wende zur kultischen Ontologie im Anliegen des Heils. Eine kontroverstheologische Erinnerung an Hans Asmussen (= Studien zur systematischen Theologie und Ethik 40). LIT, Münster 2004, ISBN 3-8258-7175-4.
Johannes Rempel: Hans Asmussen, in: ders.: Mit Gott über die Mauer springen. Vom mennonitischen Bauernjungen am Ural zum Kieler Pastor. Hrsg. von Hans-Joachim Ramm. Matthiesen, Husum 2013, S. 470–486; auch S. 453 ff.
Karl Ludwig Kohlwage, Manfred Kamper, Jens-Hinrich Pörksen (Hrsg.): „Was vor Gott recht ist“. Kirchenkampf und theologische Grundlegung für den Neuanfang der Kirche in Schleswig-Holstein nach 1945. Dokumentation einer Tagung in Breklum 2015. Zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Hinz und Simeon Schildt in Zusammenarbeit mit Peter Godzik, Johannes Jürgensen und Kurt Triebel. Matthiesen Verlag, Husum 2015, ISBN 978-3-7868-5306-0.
Karl Ludwig Kohlwage, Manfred Kamper, Jens-Hinrich Pörksen (Hrsg.): „Was er euch sagt, das tut!“ Der Wiederaufbau der schleswig-holsteinischen Landeskirche nach dem Zweiten Weltkrieg. Dokumentation einer Tagung in Breklum 2017. Zusammengestellt und bearbeitet von Peter Godzik, Rudolf Hinz und Simeon Schildt. Matthiesen Verlag, Husum 2018, ISBN 978-3-7868-5307-7.
Gustav Huhn: Es begann mit Hans Asmussen. Ein Bericht auf dem Weg zur einen Kirche. Münster 1981, ISBN 3-7923-0476-7
↑Eberhard Röhm, Jörg Thierfelder: Evangelische Kirche zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Bilder und Texte einer Ausstellung. Calwer, Stuttgart 3. Aufl. 1983, S. 98ff., ISBN 3-7668-0688-2
↑Heinrich Vogel, Günther Harder: Aufgabe und Weg der Kirchlichen Hochschule Berlin 1935–1955. Berlin 1956, S. 58–61.
↑Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 7/1958, S. 331. Kirchliches Jahrbuch 1958. S. 34–36. Zehn Gegenthesen von Probst Asmussen. 1958. In: Arbeitskreis Otto Dibelius (Hrsg.): Otto Dibelius 1880–1967. Berlin 2009, S. 118–120; PDF-S. 126–128
↑Tödt warf auf S. 198 dieser Schrift Hans Asmussen vor, einen „schlichten Rassenantisemitismus, und zwar einen gehässigen“ vertreten zu haben. Er berief sich dabei auf eine Bemerkung von P. Asmussen in der Februarausgabe 1936 der „Alldeutschen Blätter“ unter dem Titel „Judentum und Rasse“. Das weckte das Interesse des Kirchenhistorikers Reinhart Staats. Er und seine Mitarbeiter am Kieler Institut für Kirchengeschichte fanden heraus, dass der als Beleg für Rassenantisemitismus dienende Artikel gar nicht von Asmussen stammte, sondern von dem pensionierten Lehrer Peter Asmussen, geboren 1862, beheimatet in Leck (Nordfriesland). Die Abkürzung des Namens P. Asmussen und die Tatsache, dass dieser Beitrag unentdeckt und unbeanstandet aufgeführt war in der Festschrift zum 65. Geburtstag Asmussens, hatte zu diesem Missverständnis geführt, das sich auch bei Zenk und Konukiewitz in ihren grundlegenden Arbeiten über Asmussen findet. Staats versah seine Entdeckung mit der Bemerkung: „Die Lust des Historikers, der Sache auf den Grund zu gehen, kennt freilich die moralische Verpflichtung, eine Person der Geschichte von versehentlicher Anklage freizusprechen und 'alles zum Besten zu kehren'.“ (Reinhart Staats: Hans Asmussen und der deutsche Antisemitismus, in: ders.: Protestanten in der deutschen Geschichte. Geschichtstheologische Rücksichten, Leipzig: EVA 2004, S. 62–72, hier S. 64 f.)
Präsidenten (seit 1946) des Kirchenamtes (bis 1983: Kirchenkanzlei) der EKD