Helmut Ettl

Helmut Ettl (* 23. August 1965 in Linz) ist ein österreichischer Volkswirt und europäischer Banken- und Finanzfachmann.

Helmut Ettl wuchs in Linz auf und sein Vater war kaufmännischer Angestellter beim Konsum. In seiner Jugend war Ettl in der Sozialistischen Jugend Österreich beziehungsweise in der Schülerbewegung sehr aktiv und Schul- und Landesschulsprecher.[1] Er war Mitbegründer des Linzer Kulturzentrums Kapu (ein Zentrum für Independent Music bzw. Punk-Musik).[1] Nach eigenen Angaben wollte er Aufdeckungsjournalist werden.[1] Helmut Ettl schloss das Studium der Volkswirtschaftslehre an der Johannes Kepler-Universität in Linz ab.

1995 erfolgte sein Eintritt in die Oesterreichische Nationalbank in die „Abteilung für die Analyse wirtschaftlicher Entwicklungen im Ausland“ mit Arbeitsschwerpunkt Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung Westeuropas. Im Jahr 2000 wurde er zum Direktionsassistenten und im Jahr darauf zum stellvertretenden Abteilungsleiter der Abteilung für Bankenanalyse und -revision ernannt. Nach Aufenthalten beim Internationalen Währungsfonds in Washington und bei der EU-Kommission in Brüssel absolvierte er die London School of Economics. 2003 kam es zu seiner Ernennung zum Abteilungsleiter der Abteilung für Bankenanalyse und -revision. Größtes erfolgreiches dort von ihm geleitetes Projekt war die Sonderprüfung der BAWAG P.S.K. Dabei wurden die Umstände des Blitzkredits an Refco aufgezeigt, durch die letztlich die weiteren Karibik-Geschäfte und andere Ungereimtheiten in der damaligen Gewerkschaftsbank aufflogen.[2]

Seit dem Jahr 2008 bzw. seit den Verlängerungen in den Jahren 2013[3], 2017 und 2022[4] ist Ettl Vorstandsdirektor der österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), seit 2011 Mitglied im „Rat der Aufseher“ (Board of Supervisors) der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und im Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) und seit 2014 Mitglied im Aufsichtsgremium (Supervisory Board) der Bankenaufsicht (SSM) der Europäischen Zentralbank (EZB).

Die Dimension der Geldwäsche-Enthüllungen in Panama („Panama-Papers“) bezeichnet er als einen riesigen gesellschaftlichen Skandal, weil acht bis zehn Prozent des Geldes dieser Welt auf diese Weise der Gesellschaft ganz klar entzogen wird, während der normale Steuerzahler brav seine Steuern zahlt.[5] Zu Geldwäsche gibt es laut Ettl „Null Toleranz“.[6] Hinsichtlich der digitalen Währung Bitcoin sieht Ettl Ähnlichkeiten zur Tulpenzwiebelblase in Holland im 17. Jahrhundert.[7] Grundsätzlich verweist er auf die zunehmend fragile Lage des europäischen Finanzmarktes im Hinblick auf den Brexit, eine Wende in der Geldpolitik, EU-Länder, die sich nicht an Regeln halten, Handelsstreitereien aber auch weltweite Cyberattacken.[8]

Hinsichtlich der Lehman-Brothers-Pleite beurteilte Ettl die damalige Situation:

„Die zwei wichtigsten Refinanzierungsbanken, die Schweizer UBS und die Credit Suisse, wären nach der Lehman-Pleite fast in die Luft geflogen. Damit war der Schweizer-Franken-Markt für Geschäftsbanken über Nacht völlig ausgetrocknet, und es wäre keine Anschlussfinanzierung mehr gegeben gewesen.“

Die damit gegebene sehr dramatische Notlage der österreichischen Banken konnte erst in einer der zahllosen Eilkonferenzen dieser Tage der FMA, der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), der EZB und der Schweizerischen Nationalbank wiederhergestellt werden.[9]

Im Juli 2023 löste er Jo Swyngedouw als stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ab.[10]

Im Mai 2024 wurde bekannt, dass der damalige Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer Ettl um Unterstützung bzgl. einer Warnung der EZB vom Sommer 2023, bei der Kreditvergabe an Signa vorsichtig zu sein, gebeten hatte.[11] Die FMA bestätigte das Einlangen und Weiterleiten der E-Mail an die Bankenaufsicht der EZB.[11]

Einzelnachweise

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  1. a b c Renate Graber: FMA-Chef: „Das Unmögliche gibt es nicht“. In: Der Standard vom 5. April 2015, abgerufen am 15. Februar 2019.
  2. Notenbanker zieht in FMA-Chefetage ein. In: Der Standard vom 6. Februar 2008, abgerufen am 15. Februar 2019.
  3. FMA-Vorstand Ettl will bleiben: „Spannender Job“. In: Die Presse vom 13. November 2012, abgerufen am 15. Februar 2019.
    Neue FMA-Chefs: Ettl wird verlängert, Kumpfmüller kommt. In: Der Standard vom 11. Februar 2013, abgerufen am 15. Februar 2019.
  4. Helmut Ettl folgt Helmut Ettl und kommt erneut in FMA-Vorstand. In: DerStandard.at. 13. Dezember 2022, abgerufen am 13. Dezember 2022.
  5. Ulrike Rubasch: Das ist ein riesiger, gesellschaftlicher Skandal. In: OÖ Nachrichten vom 6. April 2016, abgerufen am 15. Februar 2019.
  6. Kid Möchel: FMA-Vorstand Ettl: „Beim Thema Geldwäsche gibt es null Toleranz“. In: Kurier vom 17. Mai 2017, abgerufen am 15. Februar 2019.
  7. Finanzmarktaufsicht warnt vor Bitcoin. In: Der Standard vom 19. September 2017, abgerufen am 15. Februar 2019.
  8. Christine Klafl: Dickes Bündel an Gefahren für das Finanzsystem. In: Der Kurier vom 28. November 2018, abgerufen am 15. Februar 2019.
  9. Bernhard Ecker: @1@2Vorlage:Toter Link/www.trend.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) 10 Jahre Lehman-Pleite: Leben nach der Panik-Attacke. In: Der Trend vom 10. August 2018, abgerufen am 15. Februar 2019.
    Erwin Wodicka: Österreicher flüchten aus Frankenkrediten. In: Die Presse vom 29. August 2012, abgerufen am 15. Februar 2019.
  10. FMA-Chef Ettl wird Vizepräsident der Europäischen Bankenaufsicht. In: Die Presse. 11. Juli 2023, abgerufen am 11. Juli 2023.
  11. a b Für Kreditvergabe an Signa: Gusenbauer intervenierte bei FMA-Chef. orf.at, 7. Mai 2024, abgerufen am 7. Mai 2024.