Bender, der mit bürgerlichem Namen Max Georg Berg hieß, wurde am 1. Oktober 1867 in Berlin geboren. Sein Vater betrieb dort[A 1] eine Gastwirtschaft. Bender begann eine Lehre in einem Geschäft für Tülle und Spitzen, doch schrieb er schon als junger Mann Couplets auf Lokalereignisse und übernahm auf der Gartenbühne des Ostend-Theaters in der Großen Frankfurter Straße[A 2] kleinere Rollen. Sein Vater schickte ihn zu einem Verwandten nach Amerika, wo er seine Lehre fortsetzen sollte. Bender aber entzog sich und schloss sich einer Wanderbühne an,[A 3] um den Schauspielerberuf zu ergreifen.
Er begann seine Bühnenkarriere 19-jährig in den USA und setzte sie 1891 in Paris am Folies Bergère fort. Dann ging er nach London, bevor er nach Berlin zurückkehrte, wo er ein Engagement am Metropol-Theater übernahm. Dort spielte er an der Seite von Guido Thielscher, Josef Josephi und Fritzi Massary in den großen Jahresrevuen des Hauses mit. Aus der Revue Neuestes, Allerneuestes (1904) von Victor Hollaender ist eine Grammophon-Aufnahme mit Bender erhalten.[2] Als »Komiker am Metropoltheater« ist er als wohnhaft in der Wilhelmstraße 125[A 4] registriert. Weitere Auftritte hatte Bender im Passage-Theater und im Wintergarten.
Seit 1905 wirkte er als Komiker in mehr als hundert Stummfilmen mit. 1908 hielt die Deutsche Mutoskop & Biograph GmbH Benders Schutzmannslied aus der Revue Donnerwetter-Tadellos![3] im Tonbild[4] fest. Außerdem spielte er 1918/19 noch in zwei Lichtspiel-Operetten[5] der Jakob Beck-Film KG und der Delog Deutsche Lichtspiel-Opern KG (beide Berlin) an der Seite von Molly Wessely und Paul Westermeier mit.[6] Nach 1930 war er noch in mehreren Tonfilmen zu sehen, darunter als Kneipenwirt in Richard Oswalds erster tönender Verfilmung von Hanns Heinz Ewers’ Schauer-Stoff „Alraune“.[7]
Bender erfreute sich zur Zeit der Weimarer Republik großer Beliebtheit. 1929 eröffnete er in der Bleibtreustraße 33 sein Restaurant Bei Henry Bender, das über seinen Tod hinaus zu einem beliebten Berliner Künstlertreffpunkt wurde.
Bender war Urberliner mit Mutterwitz und vielseitig komödiantischem Talent. Er hat bereits in den 1910er-Jahren mehrere Schallplatten besprochen, einige davon zusammen mit den Komikerkollegen Georg Barsch, Paul Bendix und Martin Kettner. Bender wurde 1903 in die Berliner FreimaurerlogeGalilei zur ewigen Wahrheit aufgenommen.
Henry Bender starb im Mai 1935 im Alter von 67 Jahren in Berlin.[8] Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof Heerstraße im heutigen Ortsteil Berlin-Westend (Grablage: 16-F-43). Das Grab ist – entgegen der Darstellung in einigen Quellen[9] – erhalten. Seine Witwe Dagmar, geb. Hansen, mit der er seit 1894 verheiratet gewesen war, starb 1941.[10]
Sein Name stand 1938 mit dem Vermerk „vermutlich nichtarisch“ auf einer die Entlassungen zusammenfassenden „Judenliste“ der Reichsfilmkammer.[11]
Auch der Sohn Robert Berg (1902-1971)[12] trat in der Stummfilmzeit als Bobby Bender in Filmen auf, häufig an der Seite seines Vaters (Die versunkene Flotte, Kleinstadtsünder). Nach dem Tod seiner Eltern leitete er die Gaststätte Bei Henry Bender gemeinsam mit seiner Ehefrau Margarete geb. Rörig.
Berlin und die Berliner. Leute, Dinge, Sitten, Winke. Bielefeld / Karlsruhe 1905 (Nachdruck: Salzwasser-Verlag, Paderborn 2011, ISBN 978-3-8460-0119-6).
Michael Wedel: Der deutsche Musikfilm. Archäologie eines Genres 1914–1945. edition text + kritik, München 2007, ISBN 978-3-88377-835-8 (zugleich: Amsterdam, Universität, Dissertation, 2005: Der deutsche Musikfilm.).
↑siehe das Text-Buch der bis Juli [1904] erschienenen Konzert-Platten (Hrsg. Arthur Blumenthal, Breslau 1904)
↑Schutzmann-Lied, aus: Metropol-Revue 1908, Donnerwetter! – Tadellos! D 1909, Darst.: Henry Bender (digitale Tonbild-Rekonstruktion: Christian Zwarg), anzusehen hier. Vgl. dazu Dirk Foerstner: Die Berliner Po-Po-Polizei schwenkt anmutig denselben im Metropol-Revue-Tonbild Schutzmann-Lied.
↑„Tonbilder“ waren eine frühe Form des Nadeltonfilms, bei dem zum Bildfilm eine Tonaufzeichnung auf Grammophonplatte synchron lief. Vgl. filmlexikon.uni-kiel.de und Abb. museum-digital.de
↑das waren sogenannte Sing-Filme, zu denen Sänger und Musiker im Kino live auftraten, vgl. Wedel: Abschn. “Filmoper, Filmoperette, Filmsingspiel”, S. 69 ff.
↑Wer nicht in der Jugend küßt D 1918, Regie und Musik Karl Otto Krause, Texte von Alfred Berg, und Hannemann, ach Hannemann D 1919, Regie Edmund Edel, Musik Richard Jäger, mit Eugen Rex und Maria Lux. Vgl. Wedel S.111 Anm. 195: „Molly Wessely, die temperamentvolle rassige Soubrette des Metropoltheaters, beherrscht mit ihrer Laune jede Szene. Der lustige Henry Bender - wer kennt ihn nicht in Berlin? - übertraf sich selbst“ (in: Der Film, 3. Jg., Nr.32, 10. August 1918, S. 70) und Anm. 198 „… die bekannten Berliner Künstler Molly Wessely … und Henry Bender … Henry Bender ist als Vertreter des behäbigen Humors zu bekannt, als daß man noch Loblieder seiner Kunst singen müßte“ (Die erste Lichtspiel-Operette. In: Der Kinematograph, Nr. 605, 7. August 1918) (Wedel S.180)
↑vgl. Filmportal.de. Ein Ausschnitt aus dem Film, in dem Bender als Wirt kurz zu sehen ist.
↑Salzburger Volksblatt. 31. Mai 1935. S. 7; abgerufen am 4. Dezember 2019. Henry Bender gestorben. In: Mein Film, Nr. 494, Mai 1935. S. 14. Abgerufen am 4. Dezember 2019. Im Berliner Adressbuch von 1935 ist Henry Bender noch zweifach gelistet, sowohl als Gastwirt mit der Adresse Bleibtreustraße 33 als auch als Schauspieler unter der benachbarten Adresse Bleibtreustraße 34/35. Bender. In: Berliner Adreßbuch, 1935, Teil 1, S. 140.
↑Landesarchiv Berlin, Sterberegister Standesamt Tiergarten von Berlin, Nr. 382/1941 (kostenpflichtig abrufbar auf Ancestry.com)
↑Bender, Henry, in: Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß: Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933–1945. Band 2. Biographisches Lexikon der Theaterkünstler. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11375-7, S. 1063