Herbert Hoffmann (* 30. Dezember 1919 in Freienwalde in Pommern; † 30. Juni 2010 in Heiden, Schweiz) war ein deutscher Tätowierer und Fotograf.
Im ländlichen Pommern geboren, wuchs Herbert Hoffmann in einem gutbürgerlichen protestantischen Haushalt in Berlin auf. Er absolvierte eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann in Stettin und arbeitete anschließend als Kaufmannsgehilfe, bis er am 1. April 1939 zum Reichsarbeitsdienst der Wehrmacht eingezogen wurde. Von 1941 bis zur deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 diente Hoffmann als Soldat im Krieg gegen die Sowjetunion und geriet anschließend in eine vierjährige sowjetische Kriegsgefangenschaft.[1] In einem Kriegsgefangenenlager in Riga lernte er einen Deutsch-Balten kennen, dessen Tätowierung auf dem linken Unterarm ihn faszinierte. Er wurde ein väterlicher Freund für Hoffmann und trug das alte Seefahrermotiv „Glaube-Liebe-Hoffnung“.[2]
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1949 arbeitete er als Anzeigenaquisiteur in Wiesbaden und Düsseldorf. Gleichzeitig begann er, sich tätowieren zu lassen.[3] In Erinnerung an den Seefahrer aus Riga wählte er das gleiche Motiv an gleicher Stelle.[1] Auf seinen beruflichen Reisen durch Deutschland und Europa ließ er sich unter anderem von Christian Warlich in Hamburg, Tatovör Ole aus Kopenhagen und Albert Conelissen in Rotterdam tätowieren. Zeitgleich entdeckte er sein eigenes Talent für das Tätowierhandwerk, ging bei Christian Warlich in die Lehre und übte sich mit Handnadeln an zahlreichen Interessierten, bis er seine Passion schließlich zum Beruf machte.
Der Versuch sich 1960 mit einem Tattoostudio in Düsseldorf selbstständig zu machen scheiterte, da er keine Gewerbeerlaubnis bekam. Die Ablehnung wurde mit „Das ist kein Beruf!“ begründet.[1] 1961 kaufte er dann das Tätowiergeschäft von Paul Holzhaus am Hamburger Berg 8 auf St. Pauli. Nach dem Tode von Christian Warlich 1964 hatte Hoffmann zeitweise das einzige professionelle Tattoogeschäft in Hamburg,[4] dem er den Namen Älteste Tätowierstube in Deutschland gab.[3]
Hoffmann war 1963 als Gast bei Robert Lembkes „Was bin ich?“.[1][5]
Herbert Hoffmann war zwar bemüht, Tätowierungen gesellschaftsfähig zu machen, eine im Jahr 1977 ergriffene Initiative des Tätowierers Manfred Kohrs aus Hannover, zur Gründung einer deutschen Vereinigung der seinerzeit 14 tätigen Berufstätowierer,[6] lehnte er jedoch kategorisch ab. Im Jahr 1980 kaufte Hoffmann ein Haus im appenzellischen Heiden, übertrug sein Geschäft an einen Mitarbeiter und zog 1981 gemeinsam mit seinem Partner Jakob Adler nach Heiden/Schweiz.
Mitte der 1990er Jahre erlebte die Tattoo-Szene einen Aufschwung und Tattoo-Conventions wurden auch von Nichttätowierten und Familien besucht. Herbert Hoffmann war oft auf Veranstaltungen als Ehrengast eingeladen.[7][8]
Es kam zu einer Zusammenarbeit mit dem TätowierMagazin, in dem Hoffmann monatlich eine Kolumne veröffentlichte. 2008 brachte der Huber Verlag, in dem das TätowierMagazin erscheint, zusammen mit Herbert Hoffmann dessen alte Motivtafeln als Bildband unter dem Titel „Herbert Hoffmann Tattooing – Traditionelle Tattoo-Motive“ heraus.[9] Bis kurz vor seinem Tod war Hoffmann auf Reisen zu Tattoo Conventions.[10] Am 30. Juni 2010 verstarb Hoffmann in Heiden/Schweiz.
Seinen umfangreichen Nachlass hat Hoffmann testamentarisch der Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden in Trogen vermacht.[11][12] Sein Nachlass ist kulturgeschichtlich u. a. bedeutsam durch Fotoaufnahmen von tätowierten Menschen aller sozialen Schichten sowie durch Lebensläufe dieser tätowierten Personen.[13]
Ab 1961 entstanden professionelle fotografische Arbeiten in seinem Hamburger Tätowierstudio. So porträtierte Herbert Hoffmann innerhalb von drei Jahrzehnten mit einer Rolleiflex fast 400 Tätowierte, geboren zwischen 1878 und 1952.[14]
Sein fotografisches Werk wird seit 2004 von der Galerie Gebr. Lehmann vertreten.[15]
„Die Porträts sind mit großer formaler Sorgfalt und Ernsthaftigkeit inszeniert. Es entsteht das Bild einer Subkultur, die in der schwulen Szene und bei den Seeleuten und Hafenarbeitern ihre Wurzeln hat, aber weit darüber hinausgeht.“
Der Tattoo-Forscher Manfred Kohrs vom Institut für deutsche Tattoo Geschichte besuchte 2018 und 2019 mehrfach die Kantonsbibliothek um den Nachlass Hoffmanns zu sichten. Kohrs traf Hoffmann mehrfach in den 1970er Jahren persönlich und wertet im Rahmen seiner Arbeit dessen Nachlass aus.[16]
Im deutsch-schweizerischen Dokumentarfilm Flammend’ Herz von Andrea Schuler und Oliver Ruts wird unter anderem die Geschichte Herbert Hoffmanns erzählt.[18] Der Tattoo-Forscher Manfred Kohrs und die Chefredakteurin des Tattoo Kulture Magazine Sabrina Ungemach, stellten den Film im TKM No. 44/April 2021 in einem Bericht mit anschließendem Interview im Tattoo Kulture Magazine No. 44/April 2021 vor. Ungemach traf Herbert Hoffmann im Oktober 2004 nach der Aufführung des Films vor dem Kino in Jena und ergriff die Möglichkeit ihn zu interviewen. Auf die Frage, wie er diesen Film findet, führte Hoffman aus „ich bin gar nicht damit zufrieden. Man hat mich damals dazu überredet mitzuwirken. Es fehlen so viele Szenen, die die Geschichte wirklich erklären. [...] Der Film ist mir zu negativ.“[19]
Personendaten | |
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NAME | Hoffmann, Herbert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Tätowierer und Fotograf |
GEBURTSDATUM | 30. Dezember 1919 |
GEBURTSORT | Freienwalde in Pommern |
STERBEDATUM | 30. Juni 2010 |
STERBEORT | Heiden, Schweiz |