Parnassia-Arten wachsen als ausdauernde krautige Pflanzen. Alle Pflanzenteile sind unbehaart. Es werden robuste, sympodiale Rhizome ausgebildet. Die in grundständigen Rosetten und meist auch am Stängel verteilt angeordneten Laubblätter sind meist in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der Blattstiel ist meist lang, nur die Grundblätter sind manchmal mehr oder weniger ungestielt. Die Blattspreite ist einfach. Die Nebenblätter sind häutig.
Die Blüten stehen einzeln und endständig auf den Stängeln. Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppeltem Perianth. Der Blütenbecher (Hypanthium) ist frei oder mit dem Fruchtknoten verwachsen. Die fünf freien Kelchblätter überdecken sich etwas dachziegelig (imbricat). Die fünf freien, ebenfalls imbricaten Kronblätter sind weiß bis gelblich oder selten grünlich mit gefranstem, ausgenagtem oder glattem Rand. Es sind zwei unterschiedliche Staubblattkreise vorhanden. Der äußere besteht aus fertilen Staubblättern, während die Blätter des inneren Kreises in Schüppchen mit fädigen Strahlen mit drüsigen Spitzen geteilt sind (Schein-Nektarblätter). Der einkammerige, oberständige bis halboberständige Fruchtknoten enthält in parietaler Plazentation sehr viele Samenanlagen. Blütenbesucher zeigen sich selten; am ehesten Schwebfliegen.
Die aufrecht stehenden, manchmal kantigen Kapselfrüchte öffnen sich oben mit vier (sehr selten drei oder fünf) Klappen und enthalten sehr viele Samen. Die braunen „feilspanförmigen“ (verkehrt-eiförmigen oder länglichen) Samen sind mit 1 bis 2 mm sehr klein, mit dünner, häutiger, netzartiger oder glatter Samenschale (Testa). Es kann wenig Endosperm vorhanden sein.
Sie haben ihre Verbreitung von den gemäßigten Breiten bis zur Arktis der Nordhalbkugel (Holarktis). Das Mannigfaltigkeitszentrum befindet sich im östlichen Himalaja und den Gebirgen West- und Südwestchinas mit 63 Arten von insgesamt über 70, wovon 49 allein in China vorkommen.[1] Etwa 60 Arten kommen in den Gebirgsketten im südwestlichen China vor. Etwa zehn Arten sind in Nordamerika beheimatet. Die Typusart Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustrisL.) ist am weitesten verbreitet in Eurasien und Nordamerika.[2]
Eine vorlinneische Bedeutung des wissenschaftlichen Namens scheint zu fehlen, da diese Pflanze durch ihre zirkumpolare Verbreitung den antiken Autoren unbekannt sein musste. Die Benennungsgeschichte wurde von Carl von Linné nicht aufgeklärt, es liegt jedoch das lateinische Parnassius (griechisch Parnasios) zugrunde „vom Berge Parnaß in Phokis, an dessen Hang Delphi und die heilige Quelle Kastalia liegen“. Somit bezieht sich Parnassia wohl auf den Standort in Quellfluren und Sumpfwiesen.[4]
Die systematische Stellung der Gattung Parnassia wurde oft diskutiert. Sie bildete lange eine eigene Familie Parnassiaceae (beispielsweise bei Gray 1821, Hutchinson 1969, Dahlgren 1980, Takhtajan 1969, 1997). Sie bildete lange alleine eine Unterfamilie Parnassioideae in der Familie der Saxifragaceae (beispielsweise bei Engler 1930, Thorne 1976, Dahlgren 1980, Cronquist 1981, Ku 1987, 1995, Gu & Hultgård 2001). Sie war in der Unterfamilie Parnassioideae eingegliedert in die Familie der Droseraceae (beispielsweise bei Pace 1912, Schoennagel 1931) und stand so den Hypericaceae (Arber 1913, Jay 1971) nahe. Auch der Familie der Crassulaceae (Bensel and Palser 1975) wurde sie zugeordnet. Molekulargenetische Untersuchungen zeigten erst, dass sie eine Familie Parnassiaceae zusammen mit der monotypischen Gattung Lepuropetalon Elliott bilden (Chase et al. 1993, Angiosperm Phylogeny Group (APG) 1998, Soltis et al. 2000, APG II 2003, Wu et al. 2003)[2]. Zuletzt wurden die beiden Gattungen als Unterfamilie Parnassioideae in die Familie der Celastraceae (siehe AGP III) eingegliedert.
Die Gattung Parnassia wurde Franchet 1897 in zwei, dann Drude 1875 in vier und von Engler 1930 und auch Handel-Mazzetti 1941 in fünf Sektionen gegliedert. Phillips stellte 1982 die neue Sektion Longiloba auf. Bei Ku 1987 gliederte die Gattung in neun Sektionen und dies wurde von Gu & Hultgård 2001 übernommen. Bei Wu et al. 2003 galt Nectaroquinquelobos als Synonym der Sektion Allolobos und es wurde Franchets Sektion Xiphosandra reaktiviert.[2]
Die Gattung Parnassia wird nach Ding Wu, Hong Wang, De-Zhu Li & Stephen Blackmore 2005[2] in zehn Sektionen gegliedert (hier jeweils mit einer Auswahl an Arten):
Parnassia epunctulataJ.T.Pan: Sie kommt im nordwestlichen Yunna in Höhenlagen zwischen 3400 und 38oo Metern vor.[5]
Parnassia laxmanniPall.: Sie kommt in Kasachstan, Sibirien, in der Mongolei und in Xinjiang vor.[5]
Parnassia leptophyllaHand.-Mazz.: Sie kommt im südlichen und westlichen Sichuan in Höhenlagen zwischen 200 und 3600 Metern vor.[5]
Parnassia luteaBatalin: Sie kommt im nordöstlichen Qinghai in Höhenlagen zwischen 3500 und 4100 Metern vor.[5]
Parnassia mysorensisHeyne ex Wight & Arn.: Sie kommt im nördlichen Indien, in Sikkim und in China in Höhenlagen zwischen 2500 und 3600 Metern vor.[5]
Parnassia nubicolaWall. ex Royle: Sie kommt in Afghanistan, Pakistan, Kaschmir, Indien, Nepal, Bhutan, Yunnan und Xizang vor. In China gedeiht sie in zwei Varietäten in Höhenlagen zwischen 2700 und 3900 Metern.[5]
Parnassia oreophilaHance: Sie kommt in China in Höhenlagen zwischen 1600 und 3000 Metern vor.[5]
Parnassia pusillaWall. ex Arn.: Sie kommt im nördlichen Indien, in Nepal, Bhutan, Sikkim und im südlichen Xizang vor.[5]
Parnassia submysorensisJ.T.Pan: Sie kommt im nordwestlichen Yunnan in Höhenlagen zwischen 3400 und 3600 Metern vor.[5]
Sektion OdontohymenT.C.Ku:
Parnassia farreriW.E.Evans: Sie kommt in Myanmar und im nordwestlichen Yunnan in Höhenlagen zwischen 3000 und 3400 Metern vor.[5]
Sektion Parnassia:
Parnassia glaucaRaf.: Sie kommt in Kanada und in den Vereinigten Staaten vor.[8]
Parnassia longipetalaHand.-Mazz.: Sie kommt in vier Varietäten im südöstlichen Xizang und im nordwestlichen Yunnan in Höhenlagen zwischen 2400 und 3900 Metern vor.[5]
Parnassia tenellaHook.f. & Thomson: Sie kommt in Nepal, Sikkim und in China in Höhenlagen zwischen 2800 und 3400 Metern vor.[5]
Parnassia angustipetalaT.C.Ku: Sie ist ein Endemit an Waldrändern und auf alpinen Matten in Höhenlagen von etwa 2900 Meter im südwestlichen Sichuan (Muli Zang Zu Zizhixian).
Parnassia asarifoliaVent.: Sie kommt in den südlichen und südöstlichen Vereinigten Staaten vor.[8]
Parnassia cabulicaPlanch. ex Clarke: Sie kommt vom südlichen Iran bis zum westnordwestlichen Pakistan vor.[6]
Parnassia longipetaloidesJ.T.Pan: Es ist ein Endemit auf alpinen Matten in Höhenlagen zwischen 3600 und 4100 Meter im nordwestlichen Yunnan (Eryuan Xian und Lijiang Naxi Zu Zizhixian).[5]
Parnassia yuiZ.P.Jien: Sie kommt im nordwestlichen Yunnan in Höhenlagen um 3000 Meter vor.[5]
Parnassia yulongshanensisT.C.Ku: Es ist ein Endemit auf alpinen Matten in Höhenlagen zwischen 4100 und 5300 Meter im nordwestlichen Yunnan (Lijiang Naxi Zu Zizhixian).[5]
Einige Parnassia-Arten, beispielsweise Parnassia wightianaWall. ex Wight & Arn., Parnassia delavayiFranch. und Parnassia foliosaHook. f. & Thoms. wurden medizinisch genutzt.[2] Über eine Weitere Nutzung durch den Menschen ist nichts bekannt.
Gu Cuizhi (谷粹芝 Ku Tsue-chih) & Ulla-Maj Hultgård: Parnassia in der Flora of China. Volume 8, 2001, S. 358: Online. (Abschnitt Beschreibung, Verbreitung und Systematik)
Ding Wu, Hong Wang, De-Zhu Li & Stephen Blackmore: Pollen Morphology of Parnassia L. (Parnassiaceae) and Its Systematic Implications. In: Journal of Integrative Plant Biology, formerly Acta Botanica Sinica. Volume 47, Issue 1, 2005, S. 2–12 (doi:10.1111/j.1744-7909.2005.00008.x): Abschnitt Beschreibung, Verbreitung, Nutzung und Systematik
↑Liv Borgen & Ulla-Maj Hultgård: Parnassia palustris: a genetically diverse species in Scandinavia. In: Botanical Journal of the Linnean Society, Volume 142, Issue 4, 2003, S. 347–372. doi:10.1046/j.1095-8339.2003.00186.x
↑ abcdeDing Wu, Hong Wang, De-Zhu Li & Stephen Blackmore: Pollen Morphology of Parnassia L. (Parnassiaceae) and Its Systematic Implications. In: Journal of Integrative Plant Biology. Volume 47, Issue 1, 2005, S. 2–12.
↑ abcdParnassia im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 9. Mai 2017.
↑ abcde Peter W. Ball: Parnassia Linnaeus. In: Flora of North America, vol. 12. [1].