Hippologie

Die Hippologie (von altgriechisch ἵππος híppos ‚Pferd‘ sowie λόγος lógos ‚Lehre‘; vgl. -logie)[1], auch Pferdewissenschaften oder Pferdekunde, ist die Lehre vom Pferd.

Sie befasst sich mit der Evolution der Arten der Familie der Einhufer und der Entstehungsgeschichte der Hauspferderassen (z. B. Archäologie, Genanalysen), ihrem Exterieur (z. B. röntgenologische Studien), ihrem natürlichen Verhalten (Freilandforschung) mit der Auswirkung des Reitens auf das Pferd und anderen Themen.[2] Ziel ist, mehr Verständnis für das Hauspferd und seine Haltung zu erlangen, sowie Probleme beim Reiten oder medizinischer Art besser zu verstehen.

Auch die Kulturgeschichte des Reitens und der Nutzung des Pferdes durch den Menschen und die kulturgeschichtliche Beziehung Mensch-Pferd wird beschrieben und analysiert.

Das Studium der Pferdewirtschaft und Pferdewissenschaften ist in verschiedenen Ländern möglich.

Das Pferd war seit seiner Nutzung als Haustier für die Menschheit von großer Bedeutung. So entstanden schon früh erste schriftliche Zeugnisse zu Pferdezucht, Pferdehaltung, Ausbildung von Pferd und Reiter beziehungsweise Fahrer. Das erste erhaltene Zeugnis stammt vom mitannischen Stallmeister Kikkuli im 14. Jahrhundert vor Christus. Dieses Werk beschreibt Training und Pflege von Wagenpferden; die Übersetzung der Fachbegriffe ist bis heute umstritten. Aus mittelassyrischer Zeit liegt ein Text über die Pferdeausbildung vor.

Das erste bekannte große Werk zur Reitkunst stammt von Xenophon, der im 4. Jahrhundert v. Chr. das versammelte Reiten beschrieb und dessen Werk bis heute Gültigkeit besitzt.

Die erste bis heute erhaltene post-antike europäische Abhandlung über die Reitkunst, Livro da ensinança de bem cavalgar toda sela, verfasste Dom Duarte I., König von Portugal, der Philosophenkönig, um 1434. Das einzige Manuskript befindet sich in der Französischen Nationalbibliothek in Paris. Zahlreich war die Literatur zur Reitkunst in der Barockzeit.[3] Ein Beispiel eines sehr umfassenden barocken Pferde-Handbuchs ist Der vollkommene Pferde-Kenner, 1764 am Ansbacher Hof entstanden und vom dortigen Obrist-Hofstallmeister Wolf Ehrenfried von Reizenstein herausgegeben. Das Buch vereint unter anderem Informationen zur Anatomie und zu den Rassen, zur Ausbildung und zu den Krankheiten von Pferden und vermittelt Heilmethoden.[4][5] Ergänzt wird es durch ein jiddisches Glossar als Hilfe beim Pferdekauf.[6]

Antoine de Pluvinel (1555–1620) war einer der wichtigsten Vertreter der gewaltfreien Lehrmethode in der Reiterei.

In den bedeutenden Reitschulen der Renaissance gehörte das vertiefte Studium der Pferdewissenschaft und der, auch im Altertum und im Mittelalter[7] schon praktizierten Pferdeheilkunde (Hippiatrie)[8][9][10] zur praktischen Reitausbildung in der Reitbahn (siehe Reitkunst) selbstverständlich dazu. So beschäftigt sich auch die École de Cavalerie (1733) von François Robichon de la Guérinière detailliert mit Fragen der Haltung, Pferdepflege, Fütterung und Pferdemedizin.

Im späten 18. Jahrhundert wurde dann Veterinärmedizin als Fachdisziplin an den ersten Universitäten gelehrt, bei der die Pferdeheilkunde anfangs und auch heute wieder einen bedeutenden Rang einnimmt. Etwas später entstanden, häufig den Veterinärinstituten angeschlossen, die ersten Hufbeschlagsschulen.

Ein Pferd lebt im Durchschnitt 20 bis 30 Jahre. Schwer gebaute Ponys und Pferde leben im Durchschnitt länger als andere Rassen. Die Lebenserwartung eines Hauspferdes verlängert sich dank der Pflege durch den Menschen, einige Pferde können vierzig Jahre alt werden. Ein Pferd trinkt 20 bis 40 Liter Wasser pro Tag. Pferde haben in der Regel drei Gangarten. Am langsamsten ist Schritt, eine mittelschnelle Gangart ist der Trab, und Galopp ist die schnellste Gangart. Ein erwachsenes Reitpferd wiegt durchschnittlich 500 kg, die schwersten Zugpferde können 1200 kg erreichen.

Pferdebeurteilung

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Studie eines Pferdes von Leonardo da Vinci.

Exterieur bezeichnet das äußere, physische Erscheinungsbild und den Körperbau eines Pferdes. Sowohl das Exterieur als auch die inneren Eigenschaften des Pferdes bestimmen die Verwendbarkeit des einzelnen Tieres, und über sie wird in der Rassebeschreibung auch der Verwendungszweck der Rasse festgelegt.

Das Gebäude des Pferdes wird grob in Vorhand (Kopf, Hals und Vorderbeine), Mittelhand (Rumpf) und Hinterhand (Kruppe und Hinterbeine) eingeteilt.

Als Interieur bezeichnet man in der Pferdezucht beziehungsweise im Pferdesport typischerweise zugeschriebene psychische Eigenschaften und Verhaltensweisen von Rassepferden. Im Gegensatz dazu werden die physischen Eigenschaften als Exterieur bezeichnet. Interieur und Exterieur dienen somit der Charakterisierung und Einschätzung eines Hauspferdes und sind als Kriterien Bestandteil von Eignungsprüfungen in der Pferdezucht.

Verwandte Themen

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  • Hippiatrica – altgriechische pferdemedizinische Literatursammlung
  • Hippology – angloamerikanischer Wissenwettbewerb zu Pferdethemen
  • Kynologie – Hundewissenschaft
  • Michael Schäfer: Handbuch Pferdebeurteilung. Kosmos, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-07237-1.
  • Johann Baptista Galiberti: Neugebahnter Tummelplatz und eröffnete Reitschul. Sambt beygefügter Gestüttordnung und gründlicher Einzäumung, wie auch der Pferde Cur und Artzney [...]. Ins Deutsche übersetzt von Matthaeus Drummer von Pabenbach, Wien (Michael Rieger) 1660; Neudruck Leipzig 1984.
  • Albrecht Huwe: Kleine hippologische Bibliografie (KhB) Bd. 1. Bergisch Gladbach 2016, ISBN 978-3-931219-53-6.

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
  2. Darstellung der Lage verschiedener Trensengebisse im Pferdemaul bei Einwirkung unterschiedlich starken Zügelzuges am gerittenen Pferd im Halten, Friederike Uhlig, Wien, Februar 2009
  3. Magdalena Bayreuther: Pferde und Fürsten: repräsentative Reitkunst und Pferdehaltung an fränkischen Höfen (1600 - 1800) (= Stadt und Region in der Vormoderne. Band 1). Ergon-Verl, Würzburg 2014, ISBN 978-3-95650-047-3.
  4. Cordula Mauß: „Der vollkommene Pferde-Kenner“ – Ein Handbuch für barocke Pferdefreunde. In: Blog der Bayerischen Schlösserverwaltung. 19. November 2020, abgerufen am 17. August 2023 (deutsch).
  5. Wolf Ehrenfried von Reizenstein (Herausgeber), Der vollkommene Pferde-Kenner, welcher nicht nur alle Schönheiten, Fehler und verschiedene Landes-Arten der Pferde zu erkennen gibt, sondern auch anweiset, wie man mit dem Pferd von seinem Ursprung an umgehen muß[…], 2 Bände (hier in ein Buch gebunden), Druck: Johann Simon Meyer, Uffenheim 1764. Digitalisat online bei der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)
  6. Renate Evers: ‘Der vollkommene Pferdekenner’, 1764: Jewish Horse Traders in the Margraviate of Brandenburg-Ansbach and their Language at the Threshold of Modernity1. In: The Leo Baeck Institute Year Book (= 1). Band 63, 2018, ISSN 0075-8744, S. 201–228, doi:10.1093/leobaeck/ybx021.
  7. Gerhard Eis (Hrsg.): Meister Albrants Roßarzneibuch im deutschen Osten. Reichenberg 1939 (= Schriften der Deutschen Wissenschaftlichen Gesellschaft in Reichenberg. Band 9); Neudruck Hildesheim und New York 1977 (= Documenta hippologica. Darstellungen und Quellen zur Geschichte des Pferdes. Ohne Bandzahl).
  8. Ottomar Bederke: Liber de cura equorum: Bearbeitungen von Albertus Magnus und Jordanus Ruffus aus dem Deutschen Ritterorden (1408). Veterinärmedizinische Dissertation, Hannover 1962.
  9. Heinz Harms: Die pflanzlichen Arzneistoffe einer mittelniederdeutschen hippiatrischen Rezeptsammlung des 16. Jahrhunderts. In: Gundolf Keil, Rainer Rudolf, Wolfram Schmitt, Hans Josef Vermeer (Hrsg.): Fachliteratur des Mittelalters. Festschrift Gerhard Eis. Metzler, Stuttgart 1968, S. 293–306.
  10. Gerhard Eis: Zum Roßarzneibuch Meister Albrants. In: Beiträge zur Geschichte der Veterinärmedizin. Band 3, 1940/1941, S. 331–340, und Band 4, 1941/1942, S. 33–44.
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Wiktionary: Hippologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen