Der Bankier und Kaufmann Johann Friedrich Städel bestimmte in seinem Testament, dass sein Vermögen, darunter eine Kunstsammlung, im Falle seines Todes auf eine Stiftung übergehen solle:
„Meine Sammlung von Gemählden, Handzeichnungen, Kupferstichen und Kunstsachen […] soll die Grundlage eines zum besten hiesiger Stadt und Bürgerschaft hiermit von mir gestiftet werdenden Städelschen Kunstinstituts seyn. […] Zugleich aber verordne ich, daß Kinder […] welche sich den Künsten und Bauprofessionen widmen wollen, zur Erlernung […] die nöthige Unterstützung […] um sich zu nützlichen und brauchbaren Bürgern und Künstlern zu bilden, aus diesem meinem Kunstinstitut erhalten sollen.“[4]
1817, ein Jahr nach Johann Friedrich Städels Tod, nahm die Stiftung ihre Arbeit als Städelsches Kunstinstitut auf, welches eine Kunstschule und eine Galerie als Schausammlung umfassen sollte. Sie vergab Stipendien, richtete den Unterricht für elementares und architektonisches Zeichnen ein und machte die Sammlung Johann Friedrich Städels der Öffentlichkeit zugänglich.
1829 wurden Klassen für Malerei und Bildhauerei besetzt. Dem vorangegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit mit Johann Friedrich Städels Verwandtschaft in Straßburg, der mit einem Vergleich endete. 1830 wurde der NazarenerPhilipp Veit, der zuvor in Rom wirkte, nach Frankfurt berufen. Im gleichen Jahr beschloss die Administration der Stiftung, dass sich die „Kunstanstalt des Städel'schen Kunstinstituts […] in zwei Hauptabteilungen…“ teilen solle, „… nämlich in die Kunstsammlung und die Lehranstalt“.[5] Veit wurde Direktor der Kunstsammlung und zugleich Professor für Historienmalerei an der Schule. 1850 wurde Eduard Jakob von Steinle sein Nachfolger in der Leitung der Klasse.
Zunächst nutzte das Institut ein Gebäude in der Neuen Mainzer Straße, in dem sich sowohl Museum als auch Kunstschule befanden. Im Jahr 1878 zog das Institut um nach Sachsenhausen in neue Galeriegebäude mit angeschlossener Städelschule. Die Malerei wurde ab 1895 von Eugen Klimsch und anschließend von Wilhelm Trübner geleitet.
Zusammenschluss und Teilauflösung
Während der Zeit des Neuen Frankfurt in den 1920er Jahren wurde das Städelsche Kunstinstitut mit der 1878 gegründeten Kunstgewerbeschule Frankfurt fusioniert und umfasste fortan die Bereiche Malerei, Architektur und Design. Der Zusammenschluss wurde vom Rektor Fritz Wichert und vom Professor für Malerei Albert Windisch umgesetzt. Zu jener Zeit vereinte das Institut konservative wie progressive Strömungen gleichermaßen. 1933, infolge der politischen „Säuberung“ durch die Nationalsozialisten, musste Willi Baumeister seine Professur für Gebrauchsgrafik, Typografie und Stoffdruck aufgeben. Albert Windisch übernahm Baumeisters Kurse und Studenten. Ebenso unterrichtete der 1933 pensionierte Johann Vincenz Cissarz aufgrund von Personalmangel weiter. Die Schule erhielt staatliche Aufträge, darunter die künstlerische Gestaltung des Olympiadorfs in Berlin zu den Olympischen Spielen 1936. Hugo Bäppler, Albert Windisch und Franz Karl Delavilla leiteten die Ausführung dieses Projekts.
Im Mai 1942 wurde die Schule durch ministeriellen Erlass zur Staatlichen Hochschule für bildende Künste – Städelschule ernannt.[6] Die Schule verlor den Bereich Design, den sie mit der Kunstgewerbeschule erhalten hatte.
Aus dem Institut mit Museum und Schule entwickelten sich zwei unabhängig arbeitende Institutionen. Heute befindet sich die Schule in der Dürerstraße 10, auf der Südseite des Museumsgeländes. Werkstätten und Ateliers befinden sich darüber hinaus noch in der Daimlerstraße im Frankfurter Osthafen.
Im Jahr 1987 gründete der damalige Rektor Kasper König die Ausstellungshalle Portikus als Bestandteil der Städelschule. Er war zunächst im namensgebenden Portikus der kriegszerstörten Alten Stadtbibliothek und dann von 2002 bis 2006 im Leinwandhaus am Weckmarkt untergebracht. 2006 wurde ein neues Gebäude auf der Maininsel westlich der Alten Brücke eingeweiht.
Von 1989 bis 1994 existierte an der Städelschule das Institut für Neue Medien (INM), welches von Peter Weibel geleitet wurde. Dort beschäftigte man sich mit experimenteller Kunst und untersuchte die Video-, Audio-, Computer- und Grafiktechnik auf ihre Verwendbarkeit im künstlerischen Bereich.
Im Jahr 2000 wurde Daniel Birnbaum Rektor der Städelschule. Birnbaum verließ seine Position zum 30. September 2010. Zu seinem Nachfolger wurde vom Konvent der Architekt, Kurator und Kunsttheoretiker Nikolaus Hirsch gewählt.[7] Ihm folgte 2014 der Kunsthistoriker Philippe Pirotte.[8] Von 2020 bis 2024 stand Yasmil Raymond als erste Rektorin in der Geschichte der Städelschule an der Spitze der Institution. Ihre Amtszeit endete im Juli 2024[9]. Ab Oktober 2024 übernimmt Barbara Clausen[10] die Leitungsfunktion der Institution.
Wie im März 2016 bekanntgegeben[11], trägt ab 2016 das Land Hessen einen stetig wachsenden Zuschuss zu den Kosten des Betriebs der Hochschule bei, die nach einer Übergangsphase im Jahr 2019 in die Trägerschaft des Landes überging. Seit der Übernahme der Trägerschaft lautet der Name der Institution "Hochschule für Bildende Künste–Städelschule"[12].
Die Städelschule genießt weltweit einen guten Ruf. Neben dem Bard College (NY) ist sie die einzige Kunstakademie, die in dem vom Kunstmagazin ArtReview herausgegebenen Ranking „Power 100“ aufgeführt wird.[13] Neben dem Studium Freier Bildender Kunst wird auch der Master-Studiengang Curatorial Studies angeboten.
Ernst Benkard: Die Städelschule Kunstschule 1817–1942. Ein geschichtlicher Umriss. Stadt Frankfurt, Frankfurt am Main 1942.
Verein Freunde der Städelschule e. V. Frankfurt (Hrsg.): Städelschule Frankfurt am Main. Aus der Geschichte einer deutschen Kunsthochschule. Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7829-0256-4.
Hubert Salden (Hrsg.): Die Städelschule Frankfurt am Main von 1817 bis 1995. Hermann Schmidt, Mainz 1995, ISBN 3-87439-333-X.
Heike Belzer, Daniel Birnbaum (Hrsg.): kunst lehren teaching art – Städelschule Frankfurt/Main. Walther König, Köln 2007, ISBN 978-3-86560-339-5.
Heike Drummer: Reform und Destruktion – Die Geschichte der Städelschule während Weimarer Zeit und Nationalsozialismus. In: Städelschule 1817–1994 (Katalog). Schmidt, Mainz 1995, ISBN 3-87439-333-X, S. 137–157.
↑Die Städelschule Frankfurt am Main von 1817 bis 1995: Stiftungs-Brief des Städelschen Kunstinstituts, enthalten im Testament von Johann Friedrich Städel vom 15. März 1815. Hrsg.: Hubert Salden. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 1995, ISBN 3-87439-333-X, S.193f.
↑Karl Simon: Die Anfänge des Städelschen Kunstinstituts unter Philip Veit (Winter 1830/31). In: Im Frankfurter Raum. 1, 1931, S. 29 f.
↑Hubert Salden (Hrsg.): Die Städelschule Frankfurt am Main 1817 bis 1995. Hermann Schmidt, Mainz 1995, ISBN 3-87439-333-X, S. 154 (dort Hinweis auf Amtsblatt).
↑Florian Balke: Vernetzt in aller Welt – Philippe Pirotte ist neuer Rektor der Städelschule. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 23. Oktober 2013, S. 39.
↑Claus-Jürgen Göpfert: Kunsthochschule in Frankfurt: Land Hessen übernimmt Städelschule. In: Frankfurter Rundschau. (fr-online.de [abgerufen am 3. März 2016]).