Auf dem Wiener Kongress bemühte er sich in Dalbergs Auftrag um die Herstellung einer deutsch-katholischen Nationalkirche unter einem deutschen Primas. Als Generalvikar trieb Wessenberg im Bistum Konstanz weitreichende Reformen im Sinne der aufgeklärten Theologie auf verschiedenen Gebieten wie der Theologenausbildung, der Liturgie und der Volksfrömmigkeit voran. In Rom stieß diese Tätigkeit auf wenig Gegenliebe, beispielsweise warf Papst Pius VIII. (1829–1830) Wessenberg vor, er wolle den Zölibat abschaffen und er würde den päpstlichen Primat nicht anerkennen. Der Kardinalstaatssekretär Filippo Casoni nannte Wessenberg einen Mann, der genauso pervers wie gefährlich sei.[1] Im Jahr 1814 forderte der Papst von Karl Theodor von Dalberg die Entlassung des Generalvikars, und nach dem Tod des Fürstbischofs erkannte er die einstimmig erfolgte Wahl Wessenbergs zum Kapitularvikar nicht an.
1822 wurde Wessenberg von den badischen Dekanen mit fast zwei Drittel der Stimmen zum Bischof des neuen Erzbistums Freiburg gewählt, doch die badische Regierung drängte Wessenberg zum Verzicht auf das Amt, weil feststand, dass er im Hinblick auf die ablehnende Haltung der Kurie als Amtsanwärter nicht in Frage kam.[2] Wessenberg blieb schließlich Bistumsverweser, bis im Oktober 1827 Bernhard Boll zum Erzbischof von Freiburg ernannt wurde; danach zog er sich von der kirchlichen Arbeit zurück.
Von 1819 bis 1827 und von 1831 bis 1833 war Wessenberg Mitglied der Ersten Kammer der badischen Ständeversammlung, zunächst kraft Amtes als Bistumsverweser, dann als Vertreter des grundherrlichen Adels oberhalb der Murg.[3]
Am 28. Juli 1832 wurden Wessenberg die Ehrenbürgerrechte der Stadt Konstanz verliehen.[4]
Von Konstanz aus verkehrte er auch beim Besitzer der gegenüber gelegenen Burg Meersburg, Joseph von Laßberg, und begegnete dort dessen Schwägerin, der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Ungewöhnlich für die damalige Zeit ist die Korrespondenz und Freundschaft mit dem evangelischen Dichter und Theologen Johann Peter Hebel, der zu seiner Zeit ebenfalls Mitglied der Ersten Kammer der badischen Ständeversammlung war. Befreundet war er mit dem Theologen Fridolin Huber, der ihn durch mehrere Schriften unterstützte.
Seine Gemäldesammlung stiftete er dem Großherzog Friedrich von Baden, der im Gegenzug 20.000 Gulden für wohltätige Zwecke gab. Der Großherzog bewilligte den Verbleib der Sammlung in Konstanz. Heute werden etwa 80 Gemälde zu dem der Zähringer Stiftung unterstehenden Bestand der Städtischen Wessenberg-Galerie gerechnet.[5][6]
Wessenberg verfasste insgesamt rund 470 Publikationen und war Mitarbeiter der Freymüthigen Blätter über Theologie und Kirchenthum, die von Benedikt Alois Pflanz herausgegeben wurden.[7] Seine umfangreiche Privatbibliothek von über 20.000 Bänden vererbte er der Stadt Konstanz, die sie pflegte und erweiterte. Zudem stiftete er die Wessenberganstalt. Seit dem Jahr 2000 ist die Wessenberg-Bibliothek als geschlossener Buchbestand in der Bibliothek der Universität Konstanz für Forschungszwecke zugänglich.
In Erinnerung an seine Person sind in Konstanz die Straße an seinem ehemaligen Wohnhaus (Teil der Nord-Süd-Achse in der Altstadt, vom Münsterplatz zum Obermarkt), das oben bereits erwähnte Kunstmuseum der Stadt (die Städtische Wessenberg-Galerie), die in seinem früheren Wohnhaus eingerichtet ist, sowie die kaufmännische Berufsschule nach Wessenberg benannt. Außerdem gibt es die Wessenberg-Stiftung.
In der Altstadt sind drei Restaurants nach ihm benannt, die alle demselben Gastronomen gehören, in der Reihenfolge der Eröffnung: Wessenberg (am Münsterplatz), Ignaz (am Bahnhof) und Heinrich (Wessenbergstraße).
Joseph Beck: Freiherr Ignaz Heinrich von Wessenberg. Sein Leben und Wirken. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der neueren Zeit. Auf der Grundlage handschriftlicher Aufzeichnungen Wessenbergs. Wagner, Freiburg im Breisgau 1862 (2. Auflage 1874).
Karl-Heinz Braun (Hrsg.): Bildung bei Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860) – „…wie unzählig Viele sind noch gar nicht über den dürren Buchstaben hinweggekommen!“. Tagungsberichte der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg. Freiburg 2014.
Karl-Heinz Braun: Hermann v. Vicari und Ignaz Heinrich v. Wessenberg. Zwei Prälaten im kirchenpolitischen Vergleich. In: Freiburger Diözesan-Archiv 107, 1987, S. 213–236.
Karl-Heinz Braun: Wessenberg, Ignaz Heinrich von (1774–1860). In: Erwin Gatz (Hrsg.): Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon. Duncker & Humblot, Berlin 1983, ISBN 3-428-05447-4, S. 808–812 (Digitalisat).
Karl-Heinz Braun, Barbara Stark (Hrsg.): Ignaz Heinrich von Wessenberg 1774–1860 „Etwas Rein-Gutes zu wirken...“ Sechs Vorträge anlässlich des 250. Geburtstages von Ignaz Heinrich von Wessenberg. Städtische Wessenberg-Galerie, Konstanz 2024, ISBN 978-3-929768-53-4.
Christina Egli: Ignaz Heinrich von Wessenberg. Seine Beziehungen zu den Bonapartes auf Schloss Arenenberg. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. 132. Heft, 2014, ISBN 978-3-7995-1720-1, S.119–148 (digishelf.de).
Karl Kühner: Ignatz Heinrich Freiherr von Wessenberg und seine Zeitgenossen. Lichtgestalten aus dem Katholizismus des 19. Jahrhunderts. Hörning, Heidelberg 1897.
Silvester Kotz: Trauerrede am Grabe des verewigten Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg, Geheimraths, vormaligen Generalvikars und Bisthumsverwesers von Constanz in der Münsterkirche daselbst. Gehalten am 13. August 1860 von Münsterpfarrer Kotz. Wilhelm Meck Vlg., Constanz, 18601.(Digitalisat).
Karl Hausberger: Wessenberg, Ignaz Heinrich Freiherr von. In: Manfred Heim (Hrsg.): Theologen, Ketzer, Heilige. Kleines Personenlexikon zur Kirchengeschichte. C.H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47977-4, S. 398 f.
Erwin Keller: Die Konstanzer Liturgiereform unter Ignaz Heinrich von Wessenberg (= Freiburger Diözesan-Archiv. Bd. 85). Herder, Freiburg 1965 (Digitalisat).
Klaus Oettinger: Freiherr Ignaz von Wessenberg. Zu seiner Geltungsgeschichte in der kirchlichen Öffentlichkeit. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 128 (2010), S. 119–137 (Digitalisat).
Klaus Oettinger: Aufrecht und tapfer. Ignaz Heinrich von Wessenberg – ein katholischer Aufklärer. Essays, Vorträge, Analekten. UVK-Verlagsgesellschaft, Konstanz 2017 (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz; 18), ISBN 978-3-86764-723-6.
Michael Trenkle: „Blüthen aus Italien“ – Dornen aus dem Vatikan. Ignaz Heinrich von Wessenberg und seine Italienreisen. In: Jürgen Klöckler (Hrsg.): Konstanz und Italien. Transalpine Beziehungen durch die Jahrhunderte. UVK Verlag, München 2023 (Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz; 23), ISBN 978-3-7398-3232-6, S. 199–216.
Manfred Weitlauff: Dalberg als Bischof von Konstanz und sein Konstanzer Generalvikar Ignaz Heinrich von Wessenberg. In: Karl Hausberger (Hrsg.): Carl von Dalberg. Der letzte geistliche Reichsfürst (= Schriftenreihe der Universität Regensburg. Bd. 22). Universitätsverlag, Regensburg 1995, ISBN 3-930480-40-9, S. 35–58.
Manfred Weitlauff: Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860). Domkapitular von Konstanz und Augsburg, Generalvikar des Bistums Konstanz. Kirchlicher Reformer und Kirchenpolitiker zwischen Säkularisation und Neuorganisation der Kirche Deutschlands. Mit einem Quellen- und Dokumentenanhang. Zum 150. Todestag (= Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte. Bd. 44). Augsburg/Lindenberg 2010.
↑Zitiert bei Karl-Heinz Braun: Die Causa Wessenberg. In: Karl-Heinz Braun (Hrsg.): Kirche und Aufklärung – Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774–1860). München/Zürich, S.36, Fn. 37.
↑Franz Xaver Bischof: Das Ende des Bistums Konstanz. Stuttgart/Berlin/Köln 1989, S.520.
↑Ludwig Bauer: Die Mitglieder der Ersten Kammer der Badischen Ständeversammlung in den Jahren 1819 bis 1890. Karlsruhe 1890, S.57, 59.