Die industrielle Computertomographie – hier genauer Röntgen-Computertomographie – (kurz: CT) weist gegenüber der medizinischen CT, die hauptsächlich im Artikel Computertomographie behandelt wird, einige wesentliche Unterschiede auf. Im medizinischen Bereich ist das Untersuchungsobjekt (der Mensch) von relativ einheitlicher Größe (ca. 1,5 bis 2,0 m) und Zusammensetzung (ca. 63 % Wasser, wenige schwere Elemente). Im industriellen Bereich ist das nicht der Fall. Hier müssen Objekte von wenigen Millimetern bis vielen Metern sowie homogene (z. B. reine Metalle) und völlig inhomogene Bauteile (z. B. Faserverbundmaterialien) untersucht und dreidimensional dargestellt werden. Daher sind die Anforderungen an industrielle CT-Systeme, sowie deren Ausführungen teilweise deutlich unterschiedlich und vielfältiger im Vergleich zu medizinischen CT-Systemen.
Die industrielle CT lässt sich je nach angelegten Kriterien auf verschiedene Art und Weise einteilen. Gebräuchlich sind Einteilungen nach Geometrie des Aufnahmesystems oder nach Detailerkennbarkeit der Systeme.
Eine Besonderheit, in der sich die industriellen CT von der medizinischen unterscheidet, liegt in der oftmals unterschiedlichen Aufnahmegeometrie im Vergleich zu medizinischen Systemen. Dort liegt der Patient normalerweise kooperativ und bewegungslos, wobei Röntgenquelle(n) und Detektor(en) miteinander gekoppelt um ihn herumfahren. Im industriellen Bereich, wo ja nur unbelebte Objekte untersucht werden müssen, können Röntgenquelle und Detektor fest positioniert und nur das Untersuchungsobjekt gedreht werden, was mechanisch einfacher ist.
Bei Einsatz der Industriellen Computertomographie kann bereits vor der Herstellung der Bauteile mit der Vorbereitung der messtechnischen Auswertung und Vermessung der Prüflinge begonnen werden. Dabei werden die von der Entwicklungsabteilung zur Auslegung des Bauteils verwendeten CAD-Daten für die Erstellung des ICT-Prüfplanes genutzt, indem die Bezugs- und Ausrichtpunkte des Bauteils bestimmt und die einzelnen Messpunkte festgelegt werden. Sobald das erste seriennah produzierte Bauteil fertiggestellt ist, wird es in der ICT-Anlage gescannt, in 3D-Volumendaten umgewandelt und in eine Auswertungssoftware eingelesen. Anschließend wird das 3D-Modell des gescannten Bauteils mit den CAD-Konstruktionsdaten über die Software ausgerichtet und die Messung anhand des bereits erstellten Prüfplanes durchgeführt. Die Messabweichungen werden in einem Protokoll dargestellt, entsprechend ihrem Abweichungsgrad farblich dargestellt und nach Wunsch statistisch ausgewertet.
Mit der ICT-Analyse sieht der Anwender die komplette Innen- und Außengeometrie seines Werkstücks in allen Details. Kleinste Abweichungen und Bauteilfehler werden genau lokalisiert. Die Bandbreite der Auswertungen reicht von Wandstärken- und Porositätsanalysen, die Defekt- und Montagekontrolle bis hin zur Überprüfung von Eigenschaften, die mit herkömmlichen Messverfahren gar nicht möglich ist. So lassen sich nun auch weiche Materialien wie zum Beispiel Elastomere oder Gummiteile messtechnisch genau ermitteln. Aufgrund der Erfassung und Vermessung des unzerstörten Prüflings werden mit der ICT auch Volumen von Lufteinschlüssen, Bohrungen oder Flüssigkeiten erfasst. Die Bilder können entweder in Volumendaten (z.B RAW-Datei) oder als triangulierte Oberflächen (z. B. STL-Datei) generiert werden.[1]
Die tomographische Vermessung des Bauteils bietet zudem einen weiteren Vorteil. Mit den entstandenen Daten kann über das Reverse Engineering eine Finite Elemente Berechnung erstmals am „realen“ Bauteil durchgeführt werden. Das heißt, die entstandenen ICT-Daten des realen Bauteiles werden in CAD-Daten umgewandelt und anschließend über die FEM die Schwachstellen ermittelt. Dies war bisher nur an den konstruktiven und frei von prozessbedingten Fehlern erstellten CAD-Daten möglich.
Eine einzelne Schicht des Objekts wird untersucht und rekonstruiert. Das geschieht durch allseitiges Durchstrahlen und Detektion der Röntgenstrahlung mit einem Zeilendetektor. Die Röntgenquelle sendet dabei einen Fächerstrahl aus. Der Schichtaufbau des Objekts wird mittels der aufgenommenen Röntgenprojektionen numerisch rekonstruiert.
Vorteile:
Nachteile:
Diese Methode wird hauptsächlich angewendet für:
Hier wird das gesamte Volumen eines Objekts durch allseitiges Durchstrahlen untersucht. Die Röntgenquelle sendet einen Kegelstrahl aus, detektiert wird mit einem Flachbild-Detektor (flat panel, Flächendetektor).
Vorteile:
Nachteile:
Anwendungen für
Dieses Verfahren ähnelt sehr stark der heute hauptsächlich in der Medizin verwendeten Methode, nur auch hier wieder mit dem Unterschied, dass Röntgenquelle und -detektor stillstehen und sich das Testobjekt bewegt. Hier aber nicht nur in einer Ebene, sondern unter gleichzeitiger Bewegung in Längsrichtung, was insgesamt vom Objekt aus betrachtet eine helixförmige Bewegung bedeutet.
Vorteile:
Nachteile:
Einsatzgebiete:
Hier geschieht die schichtweise Untersuchung und Rekonstruktion vorwiegend flacher Objekte, die ggf. nicht von allen Seiten zugänglich sind.[2] Das Verfahren lässt sich wiederum einteilen in:
Die Laminographie hat folgende Vorteile:
Nachteile:
Laminographische Verfahren werden oft angewendet für:
Es ist ebenfalls möglich, Aufnahmesysteme nach der Größe der Untersuchungsobjekte bzw. der Detailerkennbarkeit einzuteilen:
Hier geht es um die Untersuchung großer Objekte (Meter-Bereich). Dazu werden sogenannte Röntgenquellen mit Makrofokus verwendet, die Detailerkennbarkeiten im Millimeter-Bereich erreichen. Derartige Anlagen werden häufig zur Untersuchung von Gussteilen (Motorblöcke, Zylinderköpfe, u. ä.) eingesetzt, aber auch für Keramik.
Diese Anlagen arbeiten mit Mikrofokus-Röhren, die eine Detailerkennbarkeit im Mikrometer-Bereich erlauben. Die verfügbaren Röhren, sowie Anforderungen an sinnvolle Aufnahmezeiten, beschränken hier die Objektgrößen auf etwa 20 cm. Einsatzgebiete sind Kunststoffteile, Metallteile aus leichten Materialien (z. B. Aluminium) und auch Keramikteile von geeigneter Größe.
Solche Systeme erreichen die höchsten Auflösungen konventioneller CT-Geräte. Hier wird mit speziellen Röntgenquellen gearbeitet, die sehr kleine Brennflecke besitzen. Außerdem werden Detektoren mit hoher Auflösung eingesetzt, sowie unter hoher geometrischer Vergrößerung gearbeitet. Damit sind Detailerkennbarkeiten bis herunter zu etwa 500 nm erreichbar. Bei diesen Größenordnungen ist aber die Objektgröße auf wenige Millimeter beschränkt. Angewendet werden solche Systeme daher häufig in der Materialcharakterisierung, zur hochgenauen Untersuchung elektronischer Bauteile, oder für biologische Proben (z. B. Insekten, Pflanzensamen o. ä.).
Daneben existieren auch noch Einteilungen nach stationär oder mobil, nach Einsatzgebiet (Fehlererkennung, Messtechnik) oder nach verwendeter Röntgenenergie (Mehr-Energie-Verfahren).
Neben den erweiterten Engineering Möglichkeiten lassen sich mit der Industriellen Computertomographie zeit- und kostenmäßige Vorteile für eine große Bandbreite von Produkten realisieren. Die Technologie bietet sich für die Analyse von Werkstücken mit komplexer Innengeometrie sowie von Bauteilen aus unterschiedlichen Materialien an. Zu den Anwendungsbereichen zählen:
Prognosen gehen davon aus, dass der Markt für industrielle Computertomographie zwischen 2029 und 2030 auf eine Größe von 773,45 bis 1.116,5 Millionen USD erreichen wird. Regionale Trends zeigen, dass besonders im Raum Asien-Pazifik, aber auch in Nordamerika und Europa, durch strenge Sicherheitsvorschriften und präventive Wartung von Industrieanlagen, ein starker Marktzuwachs erwartet wird.[4][5] Das Wachstum wird vor allem durch die fortschreitende Entwicklung von CT-Geräten und Dienstleistungen angetrieben, die eine präzise und zerstörungsfreie Prüfung von Bauteilen ermöglichen. Innovationen wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für automatisierte Fehleranalysen und die Entwicklung mobiler CT-Systeme erweitern die Möglichkeiten.[6]
Zur mathematischen Rekonstruktion:
Normen und Richtlinien mit direktem Bezug zu industriellen Röntgen-Computertomographie für Koordinatenmessungen sind:
Die Normen der Reihe DIN EN 16016 wurden mittlerweile zurückgezogen und durch die EN ISO 15708 ersetzt.