Als Investitionsruine bezeichnet man ein Bauwerk, das nach Fertigstellung oder vorzeitigem Abbruch des Bauprojektes entweder niemals seinem ursprünglich geplanten Zweck diente, seine ursprünglich vorgesehene Nutzungsdauer nicht erreichte, oder nicht den erwarteten Ertrag oder Nutzen brachte.[1] Sie stellen deshalb wirtschaftlich eine Fehlinvestition dar.
In Anlehnung an englisch white elephant begegnet man auch der Bezeichnung Weißer Elefant.[2][3] Speziell bei nicht fertiggestellten Bauwerken spricht man auch von Bauruinen.[4]
Die Bezeichnung gibt anschaulich den Sachverhalt wieder, dass Investitionen in den Bau einer Ruine geflossen sind. Die Ursachen für ein derartiges Scheitern eines Projektes können eine mangelhafte Ausstattung mit Kapital oder wirtschaftliche, politische und auch militärische Umstände sein. Auch technische Gründe können vorkommen, wenn beispielsweise eine neue Technologie noch nicht ausgereift ist und sich beim Bau einer diese nutzenden Anlage herausstellt (Beispiel: Kernkraftwerk THTR-300), dass sie nicht wie vorgesehen funktioniert. Auch der technische Fortschritt kann Investitionen entwerten, siehe auch Schöpferische Zerstörung.
Im Lauf der Geschichte gab es zahlreiche Investitionsruinen, so wurde die barocke Festung Mont Royal an der Mosel nie fertiggestellt und nach Beendigung der Bauarbeiten umgehend geschleift. Prominent sind Investitionsruinen der letzten beiden Jahrhunderte im Bereich des Verkehrswesens, beispielsweise die Soda-Brücken.
Vielfach anzutreffen sind Investitionsruinen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs. Unter anderem in Berlin gibt es mehrere U- und S-Bahnhöfe bzw. Fragmente von solchen, die als so genannte Geisterbahnhöfe nie an das Schienennetz angeschlossen wurden. Bei einigen Bauvorleistungen war von vornherein unwahrscheinlich, dass diese je genutzt würden, jedoch waren die Grenzkosten der Bauvorleistung im Verhältnis zu jenen einer späteren Ergänzung entsprechender Anlagen derart niedrig, dass der Erwartungswert trotz allem ökonomisch sinnvoll war. (z. B.: geschätzt 10 % Wahrscheinlichkeit, dass die Bauvorleistung genutzt wird, steht Kostenunterschied von Faktor 20 gegenüber – die Bauvorleistung ist also statistisch gesehen 2 mal billiger als der Ohnefall).
Dass eine nutzlose Investitionsruine, deren Fertigstellung nicht mehr zu erwarten ist, über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt, kann verschiedene Gründe haben. Häufig fehlen die finanziellen Mittel zu ihrer Beseitigung oder der hierfür Verantwortliche ist juristisch nicht zu ermitteln. Manchmal ist die Beseitigung aber auch technisch nicht möglich (z. B. bei massiven Betonkonstruktionen in der Nähe anderer Gebäude, die eine Sprengung unmöglich machen).
In seltenen Fällen ist es vorgekommen, dass Investitionsruinen noch nach Jahrzehnten fertiggestellt wurden: Ein Beispiel ist die Autobahnbrücke bei Pirk, deren Bau 1938 begonnen, aber 1940 kriegsbedingt eingestellt wurde. Nach dem Krieg war aufgrund der deutschen Teilung an einen Weiterbau nicht zu denken, so dass die Brücke erst ab 1990 fertiggestellt wurde, wobei man sogar das seit Jahrzehnten in der Nähe gelagerte Baumaterial verwendete. Auch im Bereich von Kernkraftwerken ist es vorgekommen, dass jahrzehntelang unterbrochene Bauarbeiten doch noch abgeschlossen wurden – so bei Atucha II, Mochovce 3, Angra 2 oder Cernavodă 2. Fast immer waren politische Umbrüche für den zwischenzeitlichen Stillstand der Bauarbeiten verantwortlich.
Insbesondere im Hoch- und Spätmittelalter wurden häufig bedeutende Kirchenbauwerke begonnen und gar nicht oder erst nach Jahrhunderten fertig gestellt. Berühmte Beispiele in Deutschland sind der Kölner Dom (Baubeginn 1240; Vollendung 1880) oder das Ulmer Münster (Baubeginn 1377; Vollendung 1890).
Manche Investitionsruinen gelten mittlerweile auch als historisch bedeutsam und stehen deshalb unter Denkmalschutz, z. B. Teile des Strategischen Bahndamms.