Joachim Feller

Joachim Feller (* 30. November 1638 in Zwickau, Kurfürstentum Sachsen; † 15. April 1691 in Leipzig) war ein sächsischer Gelehrter und Polyhistor. Er war Professor an der Universität Leipzig und seit 1675 Leiter der Universitätsbibliothek.

Feller war Sohn eines Zwickauer Tuchmachers namens Christian Feller und dessen Frau Sabine, geborener Oehlmann (1607–1682), einer Tochter des Diakons Joachim Oehlmann. Er besuchte das Gymnasium in Zwickau, wo Christian Daum sein Lehrer und Förderer war, und unternahm dort erste poetische Versuche. Er studierte in Leipzig Philologie und schloss 1660 mit einem Magistergrad ab. Während dieser Zeit schrieb er Briefe an seinen Zwickauer Lehrer, die erhalten geblieben sind (454 seiner Briefe sind in der Ratsschulbibliothek Zwickau und 244 Antwortbriefe Daums in der Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover aufbewahrt). In Leipzig wurde er mit den Familien von Jakob Thomasius, Christian Friedrich Franckenstein und Friedrich Rappolt bekannt und knüpfte zudem Kontakt zum Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz.[1]

Anschließend unterrichtete er ab 1667 als Gymnasiallehrer an der Nikolaischule. Im April 1670 wurde er in der Nachfolger seines Schwiegervaters Friedrich Rappolt Professor für Poesie an der Universität Leipzig und hatte 1680, 1684 und 1688 das Rektorat inne. 1675 wurde er Leiter der Universitätsbibliothek, um die er sich große Verdienste erwarb. Er war aber auch für seine umfangreiche private Bibliothek bekannt.[2]

In der internationalen wissenschaftlichen Zeitschrift Acta Eruditorum schrieb er polemisierend gegen Jakob Gronovius, Johann Heinrich Eggeling und Guy Patin. Im Pietismusstreit setzte er sich für August Hermann Francke ein.

Feller starb bereits 1691 nach einem Fenstersturz, verursacht durch nächtliches Schlafwandeln (Somnambulie).[3]

Werk und Wirkung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Feller beschäftigte sich mit der Interpretation historischer Texte und Quellen. Besonders zur sächsischen Geschichte des 15. und 16. Jahrhunderts erschloss er unbekannte Quellen. Deshalb berief man ihn ins Collegium historicum. Er bewunderte die Moralsatire von Balthasar Schupp und wurde für seine eigenen geistreichen Dichtungen gerühmt.

Zudem reformierte er die Universitätsbibliothek und baute sie aus. Er legte verschließbare Kabinette an und führte die Bestände der philosophischen Fakultät durch Übernahme der Bibliothek des Kleinen und Großen Fürstenkollegs (1682) mit denen der Universitätsbibliothek zusammen. Außerdem legte er den ersten Katalog der Handschriften der Bibliothek an und plante auch einen Katalog der Druckschriften.[4]

1682 veröffentlichte er eine Gedicht- und Liedersammlung Der andächtige Student. Vor allem aber bekannte er sich zum Pietismus. Von ihm stammt die weltberühmte, auf den Tod des Leipziger Theologiestudenten Martin Born (1666–1689) aus Belgard in Pommern im August 1689 gedichtete Definition des Begriffs „Pietist“:

Es ist ietzt Stadt-bekannt der Nahm der Pietisten;
Was ist ein Pietist? Der Gottes Wort studirt /
Und nach demselben auch ein heilges Leben führt. [...][5]

In einem Sonett auf den am 18. Okt. 1689 verstorbenen Leipziger Kaufmann Joachim Göring (1625–1689) bekannte Feller:

Ich habe jüngst gedacht / der hieß'gen Pietisten / […]
Ich selbsten will hiemit gestehen ohne Scheu /
Daß ich ein Pietist ohn Schmeich- und Heucheln sei. [...][6]

Feller heiratete am 7. September 1670 in Leipzig Anna Dorothea Rappolt (1653–1676), eine Tochter des Theologieprofessors Friedrich Rappolt. Sie hatten einen Sohn, Joachim Friedrich Feller (1673–1726), der Schüler und Mitarbeiter von Gottfried Wilhelm Leibniz wurde.

Nach dem Tod seiner ersten Frau 1676 heiratete Feller am 6. Februar 1677 die 25 Jahre jüngere Johanna Thomasius, eine Tochter des Philosophen Jakob Thomasius und Schwester seines ersten Schülers Christian Thomasius († 1728). Aus dieser zweiten Ehe gingen zwei Söhne und zwei Töchter hervor, wovon eine Tochter den Leipziger Bürgermeister Lange heiratete.[7]

Veröffentlichungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Historische und theologische Notizen, Leipzig 1660.
  • Elucubratio de lucernis antiquorum subterraneis, Leipzig 1661.
  • De tribus coronis imperatoriis, Leipzig, 1662–1665 (Band 1 und 2).
  • De avibus noctu lucentibus, Leipzig 1669 und 1672.
  • Oratio de bibl. academiae Lips. Paulina, Leipzig 1676 und 1744.
  • Continuatio compendii historiae univ. J. Laeti, Frankfurt und Leipzig 1679.
  • Der andächtige Student, 1682 und 1718 (Gebetbuch mit 30 neuen Liedern von J. Scheller und J. Pezolt).
  • De Parodia (deutsch: über die Parodie).
  • Catalogus codicum MSSCtorum Bibliothecae Paulinae in Academia Lipsiensi concinnatus, Leipzig 1686.
  • Cygni quasimodogeniti, Leipzig 1686.
  • Dissertatio de fratribus Kalendariis, Frankfurt 1692.
  • Karl Felix Ritter von HalmFeller, Joachim. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 6, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 614 f.
  • Kurt Müller: Feller, Joachim. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 73 (Digitalisat).
  • Georg Lehmann: Der Gefallene, aber nicht weggeworffene Gerechte. Leichenpredigt auf Feller, Leipzig 1692 (online).
  • Adolph Clarmund (J. Ch. Ruediger): Vitae clarissimorum virorum 4, Wittenberg 1711, S. 193 ff.
  • Joachim Friedrich Feller: Monumenta varia inedita, Jena 1718, S. 372–379 und 618–625.
  • Gotthold Ephraim Lessing: Vom Alter d. Oelmalerey, Braunschweig 1774.
  • R. Beck: Christian Daums Beziehungen zur Leipziger gelehrten Welt während der 60er Jahren des 17. Jahrhunderts, Jahrbuch des Gymnasiums Zwickau 1892/93 und 1893/94.
  • R. Beck: Aus dem Leben Joachim Fellers, in: Mitteilungen des Alterthumsvereins für Zwickau und Umgegend 4, 1895, S. 24–77.
  • Otto Kaemmel: Geschichte des Leipziger Schulwesens, 1909, S. 299.
  • Georg Witkowski: Geschichte des literarischen Lebens in Leipzig, 1909, S. 260 f.
  • Gottfried Wilhelm Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe, Reihe I, Band 4–6, 1950–1957 (Reg. Zedler IX).
  • Lexikon des gesamten Buchwesen, Band I, 1935, S. 530.
  • Hellmuth Christian Wolff: MGG, IV, Spalte 17 f.
  • Eduard Bodemann: Der Briefwechsel des Gottfried Wilhelm Leibniz, 1889, S. 57.
  • E. Ravier: Bibliographie des oeuvres de Leibniz, Paris 1937, Nr. 329, 336 und 337.
  • Reinhard Breymayer (Hrsg.): Luctuosa desideria. Wiedergefundene Gedenkschriften auf den Leipziger pietistischen Studenten Martin Born (1666–1689). Mit Gedichten von Joachim Feller, August Hermann Francke und anderen. Teil 1. Luctuosa desideria und Vetterliche und Freund-verbundene Letzte Pflicht. Text. 1. Auflage, Noûs-Verlag Thomas Leon Heck, Tübingen 2008. ISBN 978-3-924249-42-7.[8]
  • Ders. / Red[aktion]: Feller, Joachim, auch: Cholander, Franciscus Dermasius. In: [Walther] Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarb. Auflage, Bd. 3. De Gruyter, Berlin, New York 2008, ISBN 978-3-11-018962-9, S. 404–405.
  1. Kurt Müller: Feller, Joachim. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 73 (Digitalisat). (abgerufen am 3. Oktober 2024)
  2. Werke von und über Joachim Feller in der Deutschen Digitalen Bibliothek (abgerufen am 3. Oktober 2024)
  3. Kurt Müller: Feller, Joachim. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 73 (Digitalisat). (abgerufen am 3. Oktober 2024)
  4. Kurt Müller: Feller, Joachim. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 73 (Digitalisat). (abgerufen am 3. Oktober 2024)
  5. Joachim Feller: Sonnet. In: Luctuosa desideria Quibus [...] Martinum Bornium prosequebantur Quidam Patroni, Praeceptores atque Amici. Lipsiae [1689], S. [2]-[3]. - Faksimile in: Reinhard Breymayer (Hrsg.): Luctuosa desideria. Tübingen 2008, S. 24 f. - Vgl. auch (noch ohne Exemplarnachweis) Martin Brecht: Geschichte des Pietismus, Bd. 1, S. 4.
  6. Joachim Feller: Sonnet. In: Letztes Ehrengedechtnis welches Herrn Joachim Göring [...] aufrichten [...] etliche vornehme Patroni, Gönner und Freunde in Leipzig [1689]. [Verschollener Erstdruck.] Wiederabdruck: Sonnet. In: [Adelheid Sibylle Schwartz:] GOttes Ernstliche Offenbahrung/ Wider D. August. Pfeiffern [... 2. Aufl.] [o. O.] 1692, Blatt B 2 b. - Vgl. mit erstmaliger genauer Beschreibung des Wiederabdrucks Reinhard Breymayer (Hrsg.): Luctuosa desideria [...] Tübingen 2008, S. 6; zunächst Hans Leube: Orthodoxie und Pietismus. [...] Hrsg. von D[ietrich] Blaufuß. Bielefeld 1975, S. 260; Martin Brecht: Geschichte des Pietismus, Bd. 1. Göttingen 1993, S. 4.
  7. Kurt Müller: Feller, Joachim. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 73 (Digitalisat).
  8. Auf S. 24–25 findet sich das weltberühmte Sonett Fellers auf Martin Born im Faksimile des in Fraktur gesetzten Textes der jahrhundertelang verschollenen Erstausgabe, S. 12–13 in Antiqua-Umschrift.