Kosuth studierte von 1955 bis 1962 an der „Toledo Museum School of Arts“, von 1963 für ein Jahr am „Cleveland Art Institute“ und von 1965 bis 1967 an der School of Visual Arts in New York. Er war Gründer und Leiter des „Museums of Normal Art“. Von 1971 bis 1972 studierte er Anthropologie und Philosophie an der New School for Social Research, New York.
Seit 1969 ist er auch publizistisch tätig. So war er 1969 Mitherausgeber der Zeitschrift „Art & Language“ und arbeitete auch einige Zeit bei der Gruppe Art & Language mit, 1975/77 war er Mitherausgeber von „The Fox“ und 1977 bis 1978 künstlerischer Herausgeber der „Marxistic Perspectives“.
Er ist einer der Hauptvertreter und Begründer der analytischen Richtung der Conceptual Art, d. h., er beschäftigt sich „mit einer Untersuchung der Natur von Kunst“ (Kosuth) und mit den Problemen der sinnlichen Wahrnehmung – der Realität, der Identität und der Definition des Gegenstandes.
Seine Arbeit „One and Three Chairs“ (1965) wurde zu einem Hauptwerk der Konzeptkunst. Im Modus einer künstlerischen Rauminstallation wird die „alltägliche Dreieinigkeit“ von Wort, Bild und Sache eines Stuhls nebeneinander gestellt: „wirklicher“ Stuhl, Foto desselben und Eintrag über ihn in einem Wörterbuch. In der Arbeit Frame – One and Three (Rahmen – eins und drei), in der dem Wort „Frame“ drei verschiedene Zustände entsprechen: links als Objet trouvé ein einfacher Holzrahmen, in der Mitte hängt eine Fotografie des Objektes in Originalgröße, rechts daneben seine verbale Definition. Bei der letzteren handelt es sich um eine fotografische Vergrößerung des Artikels zum Stichwort „Frame“ aus einem Englisch-Deutschen Wörterbuch. Gemeint ist hier nicht mehr der Rahmen als Objekt, gemeint ist der Unterschied dreier verschiedener Formen der Information über einen Gegenstand: ein Beispiel für die „Visualisierung von Denkprozessen“.
Seiner Auffassung von Kunst und Kunstlehre gab Joseph Kosuth 1995, damals Professor an der Stuttgarter Kunstakademie, auf stringente Weise Ausdruck:
„Meine Arbeit basiert auf dem Grundgedanken, daß Künstler mit Bedeutung arbeiten und nicht mit Form und Farbe. Bei der Herstellung von Bedeutung (welche ebenso das Auslöschen oder die Aneignung schon bestehender Bedeutung beinhaltet) hat der Künstler die Freiheit, alles zu verwenden, was schon in der Welt vorhanden ist. Es kann keine neuen ‚Formen‘ und ‚Farben‘ geben ohne eine Transformation ihrer Bedeutung für die Lebenden.“
„Meine Lehrtätigkeit operiert daher hauptsächlich mit Fragestellungen. In der Auseinandersetzung mit meinen Studenten betone ich die Frage nach dem ‚warum‘ von Kunst, ohne welche das ‚wie‘ (Handwerk, Technik) sinnlos ist.“
„Traditionelle Formen der Kunst werden als eine historische Quelle betrachtet, aber werden heute im wesentlichen als eine Form von autoritärer Instanz verstanden, die der Arbeit eines Individuums vorsteht und so die Fähigkeit zeitgenössischer Künstler blockiert, eine authentische und persönliche Arbeit zu machen.“[2]
1973: 17. September bis 14. Oktober, Kunsthalle Tübingen, Joseph Kosuth. Investigationen über Kunst und „Problemkreise“ seit 1965, erste eigene Ausstellung des Künstlers in Deutschland
Charles LeVine, Hg.: Joseph Kosuth, Interviews 1969 - 1989. 15 Gespräche in Englisch. Je nach Auflagenort der Publikation z. T. übersetzt aus Quellen auf Deutsch oder Französisch, sowie aus Italien, Belgien, Dänemark oder Portugal. Patricia Schwarz, Stuttgart 1989, ISBN 3-925911-23-5. Vollständige Bibliographie bis 1989, Kunstdrucktafeln mit Abb.
↑Membre associé: Joseph Kosuth. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 7. Oktober 2023 (französisch).
↑Die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Realisiert von Studierenden der Klasse Hans-Georg Pospischil. Illustrationen: Heinz Edelmann. Stuttgart: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, 1995, S. 45.
↑One and Three Chairs 1965, S. 70ff.; Xerox Book 1968, S. 167; The Second Investigation, ab 1968, S. 169ff.; The Tenth Investigation, Proposition One, 1974 S. 281–294.