Jüdische Rundschau im Straßenverkauf in Berlin 1934
Die 1902 bis 1938 in Berlin erschienene Jüdische Rundschau war die auflagenstärkste und bedeutendste zionistische Wochenzeitung in Deutschland. Als Organ der Zionistischen Vereinigung für Deutschland repräsentierte sie den deutschen Zionismus nach außen. Auf ihren Seiten wurden bedeutende Debatten über Funktion und Aufgabe zionistischer Politik im Sinne des auf dem ersten Zionistenkongress 1897 beschlossenen Baseler Programms geführt.[1] Außerdem berichtete sie ab 1933 über die erschwerten Existenzbedingungen der Juden in Deutschland und informierte auswanderungswillige Leser detailliert über Emigrationsmöglichkeiten.[2]
Die Jüdische Rundschau erschien ab 1902 zunächst einmal wöchentlich, ab 1919 in drei- bis viertägigem Abstand zweimal pro Woche. 1925 sowie 1936 kehrte sie kurzfristig zur wöchentlichen Erscheinungsweise zurück. Sonderhefte erschienen vor allem ab 1932. Nach dem Novemberpogrom 1938 musste die Zeitschrift ihr Erscheinen einstellen. Nachfolgerin wurde die bis zum Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1940 in Paris gedruckte und von dort in 60 Länder vertriebene Jüdische Welt-Rundschau. Sie wurde in Jerusalem von zahlreichen emigrierten Redaktionsmitgliedern der ehemaligen Jüdischen Rundschau gestaltet und von Siegmund Kaznelson verlegt.
Nach Massenabschiebungen, massivem Ausbau von Konzentrationslagern und mannigfaltigen Diskriminierungen erschien die letzte Ausgabe der Jüdischen Rundschau am 8. November 1938, einen Tag vor der Reichspogromnacht.[5]
Im Jahr 2014 brachte der deutsch-jüdische Unternehmer Rafael Korenzecher eine jüdische Monatszeitung heraus, die ebenfalls den Namen „Jüdische Rundschau“ trägt.[7]
Katrin Diehl: Die „Jüdische Rundschau“. In: dies.: Die jüdische Presse im Dritten Reich: zwischen Selbstbehauptung und Fremdbestimmung. (Zugl.: München, Univ., Diss.) Niemeyer, Tübingen 1997, ISBN 3-484-65117-2, S. 155–186.
Michael Nagel: Die „Kinder-Rundschau“, Beilage der „Jüdischen Rundschau“ zwischen 1933 und 1938. In: Michael Nagel (Hrsg.): Zwischen Selbstbehauptung und Verfolgung: deutsch-jüdische Zeitungen und Zeitschriften von der Aufklärung bis zum Nationalsozialismus. Olms, Hildesheim 2002, ISBN 3-487-11627-8, S. 315–350
Arndt Kremer: „...wir Juden machen jetzt eine ähnliche Bewegung durch wie Deutschland in den Jahren 1770 bis 1870.“ Das Konzept der sprachbestimmten deutschen Kulturnation und das kulturzionistische Sprachprojekt in der Zeitschrift „Jüdische Rundschau“. In: Eleonore Lappin (Hrsg.): Deutsch-jüdische Presse und jüdische Geschichte: Dokumente, Darstellungen, Wechselbeziehungen. Band 1: Identität, Nation, Sprache – jüdische Geschichte und jüdisches Gedächtnis – der Westen im Osten, der Osten im Westen – Konzepte jüdischer Kultur. 2008, ISBN 978-3-934686-59-5, S. 319–336.
Michael Nagel: Jüdische Rundschau. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 3: He–Lu. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02503-6, S. 253–255.
Sabrina Schütz: Die Konstruktion einer hybriden „jüdischen Nation“. Deutscher Zionismus im Spiegel der Jüdischen Rundschau 1902 – 1914 (= Formen der Erinnerung, Bd. 68). V & R unipress, Göttingen 2019, ISBN 978-3-8471-0930-3. Zugl.: Regensburg, Univ., Diss.
↑Susanna Naude: Der Erste Weltkrieg im Spiegel zweier zionistischer Zeitungen (Jüdische Zeitung, Jüdische Rundschau) in Österreich und Deutschland. 2016, S.11, doi:10.25365/THESIS.45391 (univie.ac.at [abgerufen am 8. September 2022]).
↑Jüdische Rundschau. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur. Band3. He-Lu. Stuttgart 2012, ISBN 978-3-476-01218-0, S.254 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).