Khirbet Qeiyafa

Luftaufnahme
Südliches Vier-Kammer-Tor

Khirbet Qeiyafa (arabisch خِرْبَة قِيَافَة, DMG Ḫirbat Qiyāfa, hebräisch חֻרְבַת קַיָאפָה Churbat Qajāfāh, deutsch ‚Ruine Qajāfāhs‘, Plene: חורבת קייאפה, auch מִבְצַר הָאֵלָה Mivzar hāʾĒlāh, deutsch ‚Festung Elah‘) ist eine Ruinenstätte im Südwesten innerhalb des Weichbilds der Stadt Bet Schemesch, Israel. Die Ruinenstätte befindet sich auf einer Anhöhe der Schefela, etwa 25 Kilometer südwestlich von Jerusalem. Das Gelände befand sich während des Altertums im Grenzgebiet zwischen dem antiken Königreich Juda und dem Land der Philister. In dieser Region, beim Tal Elah, soll nach biblischer Überlieferung David gegen Goliat gekämpft haben. Die Identifizierung mit dem biblischen Ort Schaʿarajim ist umstritten.

Das heutige Bet Schemesch ist nach dieser früheren Siedlung gleichen Namens benannt, die etwas westlich der heutigen Stadt liegt und an der seit vielen Jahren Grabungen stattfinden. Diese Stadt, die unter anderem von Kanaanäern und Hyksos besiedelt war, geht in das 18. Jahrhundert v. Chr. zurück.

Von 2008 bis 2013 wurde in einem archäologischen Forschungsprojekt die antike Festungsanlage durch Yosef Garfinkel vom archäologischen Institut der Hebräischen Universität Jerusalem untersucht. Entdeckt wurde eine mit Kasemattenmauern stark befestigte Stadt der Eisenzeit. Garfinkel datiert sie in das 10. Jahrhundert vor Christus, entsprechend der biblischen Zeit Davids. Sowohl im Süden wie auch im Westen wurde die Stadtmauer jeweils durch ein Vier-Kammer-Tor unterbrochen. Das Südtor war in der Antike zugemauert worden, konnte aber an der unterschiedlichen Mauerstruktur erkannt werden.[1] Garfinkel leitete aus dem Vorhandensein von zwei Toren, was für Städte dieser Zeit ungebräuchlich war, ab, dass es sich um die in der Bibel erwähnte Stadt Schaʿarajim (hebräisch שַׁעֲרַיִם ‚zwei/beide Tore‘) handeln müsse (Jos 15,36 EU, 1 Sam 17,52 EU, 1 Chr 4,31 EU).

Fund eines Ostrakons

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Khirbet-Qeiyafa-Ostrakon

Bei den Ausgrabungen in der Nähe wurde unter anderem ein Ostrakon, eine beschriftete Tonscherbe, freigelegt, welches eine schwer lesbare Inschrift in einer nordwestsemitischen Sprache, möglicherweise Hebräisch, trägt. Mit Hilfe der Radiokohlenstoffdatierung wurde das Alter der Tonscherbe auf um 1000 v. Chr. ermittelt, was etwa der Zeit des biblischen Königs David entspräche. Es zeigt fünf Schriftzeilen, die mit schwarzen Linien voneinander getrennt sind. Wurzeln der Wörter „Richter“, „Sklave“ und „König“ wurden bisher entziffert. Viele der mit Tinte geschriebenen Buchstaben sind allerdings sehr verblasst oder nur fragmentarisch erhalten. Zu den weiteren Unsicherheiten gehört, dass selbst die Schreibrichtung unklar ist, da die meisten Buchstaben keine stabile Ausrichtung aufweisen. Gershon Galil vom „Department of Bible Studies“ der Universität Haifa schlug 2010 folgende Lesung vor:[2]

1 … du sollst […] nicht tun, sondern diene dem [JHWH].
2 Trachte nach Recht für den Skla[ven] und die Wit[we] / helfe zum Recht der Wais[e]
3 [und] dem Fremdling. [Tr]itt ein für das Kind / tritt ein für den Arm[en und]
4 die Witwe. Verteidige [den Armen] in den Händen des Königs.
5 Schütze den Ar[men und] den Sklaven / [unter]stütze den Fremdling.

Die Lesung ist jedoch unsicher, erst recht müssen die Ergänzungen als hochgradig spekulativ angesehen werden. Für Gershon Galil belegt das mit Tinte beschriebene Ostrakon von Khirbet Qeiyafa nicht nur, dass in diesem kleinen Ort etwa 30 km westlich von Jerusalem um 1000 v. Chr. ein Schreiber wirkte, sondern, dass dieser vertraut war mit dem Konzept der Fürsorge für die sozial Schwachen, das ein Alleinstellungsmerkmal der hebräischen Gesellschaft sei. Das deute darauf hin, dass Teile der Hebräischen Bibel bereits unter König David schriftlich verfasst wurden.[2]

Andere Lese-, Übersetzungs- und Interpretationsvorschläge stammen von Émile Puech und Ada Yardeni. In Zeile 4 vermutete man den Namen eines Königs von Gat. Lester L. Grabbe stellte 2017 fest, dass die Interpretationen der Fachleute weit auseinandergingen und dem Ostrakon bisher „nicht viel an intelligenter Botschaft“ entnommen werden konnte.[3]

  • Israel Finkelstein, Alexander Fantalkin: Khirbet Qeiyafa: An Unsensational Archaeological and Historical Interpretation. (Memento vom 12. Juni 2018 im Internet Archive) In: Tel Aviv 39 (2012), S. 38–63.
  • Israel Finkelstein, Eli Piasetzky: Khirbet Qeiyafa: Absolute Chronology. In: Tel Aviv 37 (2010), S. 84–88.
  • Yosef Garfinkel, Saar Ganor: Khirbet Qeiyafa: Sha’arayim. (Memento vom 12. Januar 2012 im Internet Archive) In: Journal of Hebrew Scriptures 8 (2008), Art. 22.
  • Yosef Garfinkel, Saar Ganor: Khirbet Qeiyafa 1. Excavation Report 2007–2008. Jerusalem 2009. ISBN 978-965-221-077-7
  • Yosef Garfinkel, Saar Ganor: Khirbet Qeiyafa in Survey and in Excavations: A Response to Y. Dagan. In: Tel Aviv 37 (2010), S. 67–78.
  • Yosef Garfinkel, Saar Ganor, Michael G. Hasel: Khirbet Qeiyafa Vol. 2. Excavation Report 2009–2013: Stratigraphy and Architecture (Areas B, C, D, E). Israel Exploration Society, Jerusalem 2014
  • Yosef Garfinkel, I. Kreimerman, P. Zilberg: Debating Khirbet Qeiyafa: A Fortified City in Judah from the Time of King David. Israel Exploration Society, Jerusalem 2016.
  • Nadav Na’aman: In Search of the Ancient Name of Khirbet Qeiyafa. (Memento vom 4. Januar 2012 im Internet Archive) In: Journal of Hebrew Scriptures 8 (2008), Art. 21.
  • Nadav Na’aman: Shaaraim – the Gateway to the Kingdom of Judah. In: Journal of Hebrew Scriptures 8 (2008), Art. 24.
  • Christopher Rollston: The Khirbet Qeiyafa Ostracon: Methodological Musings and Caveats. In: Tel Aviv 38 (2011), S. 67–82.
  • Lily Singer-Avitz: The Relative Chronology of Khirbet Qeiyafa. In: Tel Aviv 37 (2010), S. 79–83.
Commons: Khirbet Qeiyafa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 31° 41′ 46,7″ N, 34° 57′ 27″ O

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Yosef Garfinkel, Saar Ganor, Joseph Baruch Silver: Qeiyafa’s unlikely Second Gate
  2. a b Most ancient Hebrew biblical inscription deciphered, Pressemitteilung der Universität Haifa vom 7. Januar 2010 (mit Abzeichnung), abgerufen am 5. November 2021.
  3. Lester L. Grabbe: Ancient Israel: What Do We Know and How Do We Know It? 2. Auflage. London / New York 2017, S. 151.