Kleister sind Klebstoffe (Kaltleime) in Form eines wässrigen Quellungsproduktes aus Stärke oder organischen Celluloseethern. Letztere werden auch als Celluloseleim, Zelluloseleim oder kurz als Zellleim bezeichnet. Sie bestehen zu 2–20 % aus nachwachsenden Rohstoffen und zu 80–98 % aus Wasser. Kleister binden durch Verdunstung des Wassers physikalisch ab und sind einfach in der Verarbeitung.
Kleister bilden schon in geringsten Konzentrationen eine hochviskose, nicht fadenziehende Masse. Aufgrund der vielfältigen Tapetentypen bietet die Industrie verschiedene Arten von Tapetenkleister mit teils sehr unterschiedlichen Eigenschaften an. Entscheidend für die Auswahl des Kleisters sind die Verarbeitungshinweise der Tapetenhersteller, die im Einleger der Tapetenrolle vermerkt sind.
Seit 1953 werden vielfach Tapetenkleister aus Methylcellulose und Stärke eingesetzt. Beide Stoffe sind ungiftig und werden oft zusätzlich mit Harzen und anderen Stoffen versetzt, die die Anwendung erleichtern, den Tapetenkleister stärker oder haltbarer machen. Tapetenkleister, die überwiegend Stärke enthalten, sind günstig in der Herstellung, besitzen jedoch eine reduzierte Klebkraft und Gesamthaftung. Tapetenkleister ohne Kunstharzanteil haben kaum einen Einfluss auf den Wasserdampfdiffusionswiderstand der Wandoberfläche, jedoch weisen sie eine geringe Anfangshaftung und Feuchtfestigkeit auf.
Anforderungen:
Im Handel werden Kleister zum Tapezieren hauptsächlich in Pulverform als Normal- oder Spezialkleister angeboten:
Meyers Konversations-Lexikon, 1888:
„Kleister (Buchbinderkleister) – Klebmittel für Buchbinderarbeiten, wird aus Weizenstärke erhalten, indem man dieselbe mit etwas kaltem Wasser zu einem Brei anrührt und diesen unter starkem Umrühren in dünnem Strahl in heißes Wasser gießt, bis dasselbe die gehörige Konsistenz angenommen hat. Kochen darf man den Kleister nicht, weil er dann nach dem Trocknen leicht abspringt. Der reine Kleister wird kalt verarbeitet oder, wenn man ihn, um seine Klebkraft zu erhöhen, mit etwas Leimwasser vermischt, lauwarm. Für gröbere Arbeiten bereitet man Kleister aus Roggenmehl, und wenn man den noch heißen Kleister mit dem halben Gewicht der angewandten Stärke oder des Mehls Terpentin gut mischt, so haftet der Kleister besser, widersteht der Nässe und eignet sich besonders zum Aufkleben von neuen Tapeten auf alte. Um den Kleister haltbarer zu machen, löst man in dem Wasser, mit welchem man die Stärke brüht, den 16. Teil vom Gewicht der letztern Alaun auf oder vermischt den fertigen, kalten Kleister mit etwas Kreosot oder Benzin. Um Insekten von den mit Kleister gearbeiteten Sachen abzuhalten, kocht man das Wasser mit etwas Aloe, Wermut oder Koloquinten.“
„Stärke – Beim Erhitzen mit Wasser quillt die Stärke je nach der Abstammung bei 47–57°, die Schichten platzen, und bei 55–87° (Kartoffelstärke bei 62,5°, Weizenstärke bei 67,5°) entsteht Kleister, welcher je nach der Stärkesorte verschiedenes Steifungsvermögen besitzt (Maisstärkekleister größeres als Weizenstärkekleister, dieser größeres als Kartoffelstärkekleister) und sich mehr oder weniger leicht unter Säuerung zersetzt.“
Brockhaus’ Konversationslexikon, 1902–1910:
„Kleister, ein Klebmittel für Papier und Pappe, also namentlich für Buchbinderarbeiten. Der K[leister] wird bereitet, indem man Stärkemehl (Weizen-, Reis- oder Maisstärke) mit kaltem Wasser zu einem nicht zu dicken Brei anreibt und dann siedendes Wasser in einem dünnen Strahle unter raschem Umrühren zusetzt, bis die Kleisterbildung beginnt, was man an dem Durchsichtigwerden wahrnimmt, und endlich den Rest des erforderlichen Wassers schnell zugießt. Kochen der fertigen Masse ist nachteilig und giebt einen K[leister], der leicht abspringt. Von größerer Bindekraft ist der aus Roggenmehl hergestellte K[leister] wegen seines Klebergehalts. Jedoch ist dieser Kleister nicht weiß, sondern grau bis graubraun. Um den K[leister] haltbarer zu machen, löst man in dem Wasser, das zur Kleisterbildung dient, etwas Alaun oder ein wenig Salicylsäure oder brüht das Mehl mit siedendem Leimwasser.“
Tapetenkleister ist hauptsächlich als Pulver erhältlich. Zur Anwendung wird dieses in ein Gefäß mit sauberem, klarem Wasser (kein Mineralwasser) eingerührt, auch „ansetzen“ genannt. Als Anmachgefäß eignet sich jeder saubere und nicht rostende Behälter. In zylindrischen Behältern lässt sich am einfachsten rühren. In welchem Verhältnis Pulver und Wasser gemischt werden müssen, ist den Verarbeitungshinweisen auf der Packung zu entnehmen. Wichtig ist es, den Tapetenkleister sehr zügig ins Wasser zu schütten, da er ansonsten klumpen kann. Anschließend muss der Tapetenkleister – je nach Kleistertyp – einige Zeit quellen.
Die Weichzeit bezeichnet den Zeitraum, den der Tapetenkleister vor dem Tapezieren auf der Tapete verbleiben muss, um diese einzuweichen. Die Weichzeit unterscheidet sich je nach Stärke und Qualität des Tapetenpapiers, Hinweise dazu sind im Einleger der Tapetenrolle vermerkt. Die Weichzeit muss bei allen Bahnen etwa gleich lang sein, da unterschiedliche Weichzeiten Musterverschiebungen verursachen können. Durch das Einweichen dehnt sich die Tapete deutlich in der Breite aus, sie verändert ihre Dimension. Ist der Tapetenkleister nach dem Anbringen der Tapete an der Wand getrocknet, ist eine feste Verbindung zwischen Wand und Tapete hergestellt. Da sich die Tapete während der Trocknung wieder zusammenzieht, kommt es zur so genannten Trocknungsspannung, durch welche die Tapete einen straffen und blasenfreien Sitz an der Wand erhält. Vliestapeten sind nicht aus Papier und bleiben auch nach Feuchtigkeitseinwirkung dimensionsstabil. Diese müssen daher nicht einweichen und der Kleister kann auf den Untergrund gestrichen oder gerollt und die Vliestapete trocken in das Kleisterbett eingerollt werden.
Fertig angerührte Kleister lassen sich, je nach Umgebungsbedingung, in der Regel bis zu 14 Tage aufbewahren, wenn sie abgedeckt sind. Für Normalkleister gilt dies nicht. Gegen eine Schimmelbildung bei der Lagerung von Kleistern kann Benzalkoniumchlorid als Konservierungsmittel zugesetzt werden.
Eingetrocknete Kleister sind von empfindlichen Oberflächen nur sehr mühsam, manchmal auch gar nicht mehr zu entfernen und hinterlassen einen auffälligen Glanzeffekt im Gegenlicht. Sollte Tapetenkleister während des Tapezierens auf die Vorderseite der Tapete gelangen, kann er aber mit einem feuchten Lappen und klarem Wasser wieder abgetupft werden.
Alte Tapeten lassen sich nach dem Einweichen von der Wand entfernen. Das Einweichen kann erleichtert werden, indem die alte Tapete
Vliestapeten, die mit einem speziellen Vliestapetenkleister verklebt wurden, können auch nach Jahren trocken von der Wand abgezogen werden.
Jahrhundertelang wurde im Maler- und Tapezierhandwerk sogenannter Knochenleim zum Tapezieren verwendet. 1888 entwickelte der Malermeister und Dekorateur Ferdinand Sichel den ersten gebrauchsfertigen Tapetenkleister auf Basis von Pflanzenstärke und machte den Knochenleim somit überflüssig. Denn der „Sichel-Tapetenkleister SM“ musste vor der Verarbeitung nur mit heißem Wasser verdünnt und verrührt werden. Anfang der 1920er-Jahre übernahm Sichel die Herstellung der von Dr. Friedrich Supf entwickelten kaltwasserlöslichen Stärkekleister in Trockenform, die auch als Quellstärke bezeichnet werden.
1953 brachte Henkel unter der Marke Metylan einen neuartigen Tapetenkleister auf den Markt, der aus reiner Methylzellulose bestand. Das weiße Zellulosepulver wird sofort vom Wasser aufgenommen, klumpt nicht und bildet in wenigen Minuten eine homogene Lösung mit kräftiger Konsistenz. Aufgrund der leichten Verarbeitungsmöglichkeit, der hohen Klebkraft sowie der Kalk- und Zementbeständigkeit löste der neue Tapetenkleister alle bisherigen Kleistermethoden ab.
Seit 2002 gibt es einige Tapetenkleister auch in der staubarmen Granulatform. 2010 entwickelte Henkel den ersten Tapetenkleister, der als flüssiges Konzentrat in Wasser eingerührt wird. Damit konnte ein klumpenfreies Anrühren und schnelle Gebrauchsfertigkeit erreicht werden.
Aus ökologischer, arbeitshygienischer und gesundheitlicher Sicht gebe es keine besseren Klebstoffe als Kleister, teilt Wecobis mit, ein Informationssystem für ökologische Baustoffe, betrieben vom deutschen Bauministerium (BMI) und der Bayerischen Architektenkammer (ByAK). Allerdings seien die Anwendungsbereiche von Kleister beschränkt, heißt es ergänzend.[2]