Ligandenbindungstest

Der Proteinkomplex Arp 2/3 besteht aufgrund affiner Bindungen der Untereinheiten zueinander.

Ein Ligandenbindungstest (englisch ligand binding assay, LBA) ist eine Methode der Biochemie und Pharmakologie zur Messung der Affinität der Bindung zweier Moleküle zueinander.[1][2][3]

Bindung von Tacrin (blau) an der Cholinesterase

Die Bindungsneigung zweier Moleküle aneinander wird als Affinität bezeichnet. Jedes Molekül kann an jedes Andere mit der entsprechenden Affinität binden, die in einem Ligandenbindungstest ermittelt werden kann.[4] Die Bindungspartner einer Bindung können z. B. ein Ligand und ein Rezeptor sein. Kleine Moleküle werden meistens in einer Vertiefung eines Proteins gebunden, da durch die vergrößerte Kontaktfläche eine affinere Bindung ermöglicht wird. Der Rezeptor wird zuerst immobilisiert. Der Ligand wird markiert und hinzugegeben. Anschließend erfolgt eine Messung der Ligandenkonzentration bei maximaler Bindung des Liganden (cB max, synonym maximale Sättigung) und der Bindung des Liganden bei verschiedenen Konzentrationen cLigand. Bei einer graphischen Auftragung der Sättigung (des Anteils gebundener Liganden cgebundener Ligand / cB max) über die Konzentration des Liganden cLigand kann die Dissoziationskonstante bei einem Sättigungsanteil von 0,5 abgelesen werden. Die Dissoziationskonstante entspricht der Ligandenkonzentration halbmaximaler Bindung. Die maximale Ligandenbindung Bmax und die Dissoziationskonstante Kd können auch durch ein Scatchard-Diagramm ermittelt werden. Die Dissoziationskonstanten hochaffiner Bindungen liegen bei etwa 10−9 M−1 (z. B. Hormone an ihre Rezeptoren, stabile Proteinkomplexe, Antigen-Antikörper-Bindungen). Veränderungen der Funktion eines Rezeptors nach Ligandenbindung werden durch Ligandenbindungstests nicht erfasst.[5]

Markierungsfreie Ligandenbindungstests

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Im Gegensatz zu den Ligandenbindungstests im folgenden Abschnitt messen die Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie, die Bio-Layer-Interferometrie und die Messung von Impedanzänderungen die Änderung der Schichtdicke ohne eine Verwendung einer Markierung, benötigen jedoch meistens höhere Konzentrationen an Liganden.[6][7] Verschiedene Varianten wurden zum High-Throughput-Screening entwickelt.[8] Mit der isothermen Titrationskalorimetrie kann die Affinität bestimmt werden, sofern die Bindung nicht ausschließlich entropisch getrieben ist (bei einer isenthalpen Bindung). Hierbei werden ebenfalls keine Markierungen benötigt, kurzzeitige Bindungen werden nicht erfasst.

Markierungsbasierte Ligandenbindungstests

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Ligandenbindungstest mit 18F-FDG in vivo per PET-Scan[9]

Filtermembranen

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Der Filtertest (synonym Membranbindungstest) wird durch das Hinzufügen eines markierten möglichen Bindungspartners zu einem auf einer Oberfläche (z. B. Filterpapier, PVDF-Membranen, Polyethylenimin-beschichtete Glasfaserfilter) immobilisierten Molekül erzielt. Die Markierung kann radioaktiv,[10] ein Reporterenzym, Biotin, ein Fluorophor, oder ein Oligonukleotid sein. Nach mehreren Waschschritten der beschichteten Oberfläche wird die Menge an verbliebenen gebundenen Molekülen bestimmt. Verfahren ohne Waschsschritte werden gelegentlich als mix-and-measure bezeichnet.[2]

Zuerst erfolgt die Messung der Gleichgewichtskonstante bei verschiedenen Konzentrationen des mit dem Reporter markierten Liganden. Hierbei wird das markierte Molekül mit dem immobilisierten Bindungspartner bis zum Erreichen des chemischen Gleichgewichts inkubiert. Anschließend wird die Membran gewaschen, getrocknet und die Menge des gebundenen Reportermoleküls bestimmt. Nach einer zuvor festgelegten Anzahl an Waschschritten wird die Menge der Reportermoleküle auf der Membran erneut gemessen, was Auskunft über die Auswaschung an Reportermolekülen gibt (englisch off-rate). Alternativ kann die Auswaschung auch durch Bestimmung des zeitlichen Verlaufs der Menge an Reportermolekülen ermittelt werden.

Bei Radioliganden wird die spezifische Aktivität ermittelt, als Radioaktivität geteilt durch die eingesetzte Stoffmenge (in Ci/mmol).[11] Die Stoffmenge bzw. Konzentration des Radioliganden wird vom Hersteller bestimmt und mitgeteilt. Die tatsächlich wirksame Konzentration kann durch folgende Gleichung ermittelt werden:[11]

Hierbei stehen die einzelnen Formelzeichen für folgende Größen:

  • Aktivität
  • – spezifische Aktivität
  • – Stoffmengenkonzentration
  • Volumen

Wird dabei die Aktivität in cpm, die spezifische Aktivität in cpm/fmol und das Volumen in mL eingesetzt, erhält man die Stoffmengenkonzentration in pmol/L.

Größenausschlusschromatographie

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Sofern Rezeptor und Ligand unterschiedliche Molmassen besitzen, können die aneinander gebundenen Bindungspartner auch per Größenausschlusschromatographie isoliert und die Menge anhand der Markierung bestimmt werden.

Immunpräzipitation

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Fluoreszenzpolarisation

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Fluoreszenz-Resonanzenergietransfer

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Durch die Positronen-Emissions-Tomographie kann die Affinität in vivo bestimmt werden.

Stopped-Flow-Analyse

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Der erste Ligandenbindungstest, ein Radioimmunassay, wurde 1960 von Rosalyn Sussman Yalow und Solomon Aaron Berson entwickelt,[12] wofür sie 1977 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielten. Ursprünglich wurden Ligandenbindungstests bei der Proteincharakterisierung von Hormonen, Neurotransmittern und ihren Rezeptoren eingesetzt. In der medizinischen Diagnostik von Brustkrebs wurde eine Variante verwendet, bei der an Zellextrakte gebundenes radioaktiv markiertes Estradiol gemessen wird, nach einer Adsorption ungebundenen Estradiols an Dextran-beschichtete Aktivkohle.[13]

Einzelnachweise

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  1. G. S. Sittampalam, S. D. Kahl, W. P. Janzen: High-throughput screening: advances in assay technologies. In: Current opinion in chemical biology. Band 1, Nummer 3, Oktober 1997, S. 384–391, ISSN 1367-5931. PMID 9667878.
  2. a b L. A. de Jong, D. R. Uges, J. P. Franke, R. Bischoff: Receptor-ligand binding assays: technologies and applications. In: Journal of chromatography. B, Analytical technologies in the biomedical and life sciences. Band 829, Nummer 1–2, Dezember 2005, S. 1–25, ISSN 1570-0232. doi:10.1016/j.jchromb.2005.10.002. PMID 16253574.
  3. D. DeSimone, J. Y. Shih, H. C. Gunn, V. Patel, L. Uy, T. M. Thway: Method transfer for ligand-binding assays: recommendations for best practice. In: Bioanalysis. Band 3, Nummer 18, September 2011, S. 2143–2152, ISSN 1757-6199. doi:10.4155/bio.11.199. PMID 21942524.
  4. T. D. Pollard: A guide to simple and informative binding assays. In: Molecular biology of the cell. Band 21, Nummer 23, Dezember 2010, S. 4061–4067, ISSN 1939-4586. doi:10.1091/mbc.E10-08-0683. PMID 21115850. PMC 2993736 (freier Volltext).
  5. Stefan Offermanns, Walter Rosenthal: Encyclopedia of molecular pharmacology. 2. Auflage, Springer 2008. ISBN 9783540389163. S. 585.
  6. D. DeSimone, J. Y. Shih, H. C. Gunn, V. Patel, L. Uy, T. M. Thway: Method transfer for ligand-binding assays: recommendations for best practice. In: Bioanalysis. Band 3, Nummer 18, September 2011, S. 2143–2152, ISSN 1757-6199. doi:10.4155/bio.11.199. PMID 21942524.
  7. Y. M. Wang, V. Jawa, M. Ma: Immunogenicity and PK/PD evaluation in biotherapeutic drug development: scientific considerations for bioanalytical methods and data analysis. In: Bioanalysis. Band 6, Nummer 1, Januar 2014, S. 79–87, ISSN 1757-6199. doi:10.4155/bio.13.302. PMID 24341496.
  8. S. S. Leung, E. A. Dreher: Automate it: ligand-binding assay productivity in a discovery bioanalytical setting. In: Bioanalysis. Band 5, Nummer 14, Juli 2013, S. 1775–1782, ISSN 1757-6199. doi:10.4155/bio.13.149. PMID 23862709.
  9. Anthony P. Davenport: Receptor Binding Techniques. Humana 2005. ISBN 1-58829-420-X. S. 18f., 101f., 121f., 203f.
  10. G. E. Abraham: Radioimmunoassay of steroids in biological fluids. In: Journal of steroid biochemistry. Band 6, Nummer 3–4, 1975 Mar-Apr, S. 261–270, ISSN 0022-4731. PMID 1102794.
  11. a b Steven D. Kahl, G. Sitta Sittampalam, Jeffrey Weidner: Calculations and Instrumentation used for Radioligand Binding Assays. In: Assay Guidance Manual. 1. Mai 2012, S. 1–21 (nih.gov [abgerufen am 20. März 2014]).
  12. R. S. YALOW, S. A. BERSON: Immunoassay of endogenous plasma insulin in man. In: The Journal of clinical investigation. Band 39, Juli 1960, S. 1157–1175, ISSN 0021-9738. doi:10.1172/JCI104130. PMID 13846364. PMC 441860 (freier Volltext).
  13. W. L. McGuire: Estrogen receptors in human breast cancer. In: The Journal of clinical investigation. Band 52, Nummer 1, Januar 1973, S. 73–77, ISSN 0021-9738. doi:10.1172/JCI107175. PMID 4345203. PMC 302228 (freier Volltext).