Die Liste georgischer Fürstenhäuser verzeichnet diejenigen Häuser bzw. Geschlechter (Familien) des georgischen Hochadels, die als solche während der Zugehörigkeit Georgiens zum Zarenreich anerkannt wurden. Bereits der Vertrag von Georgijewsk (1783) enthielt einen Anhang mit den Namen georgischer Adelsfamilien. Weitere Erlasse erfolgten 1825/6, 1850 und 1865.
Georgische Bagratiden (georgischბაგრატიონიBagrationi) und ihre einzelnen Herrscher waren die Reichseiniger und Könige des mittelalterlichen Königreichs Georgien, das im 11.–13. Jahrhundert eine dominierende Stellung in Transkaukasien erreichte, Anfang 16. Jahrhundert unter den Söhnen Giorgis VII. in die Königreiche Kartlien (Linie Bagration-Muchrani), Kachetien (Linie Bagration-Dawitischwili) und Imeretien (Linie Bagration-Imereli, russisch oft einfach Imeretinski) aufgeteilt. Formal hatte Imeretien die Oberhoheit über Westgeorgien, faktisch waren die Fürstentümer Abchasien, Swanetien, Mingrelien, und Gurien aber unabhängig. König Erekle II. von Kachetien übernahm 1762 auch Kartlien und vereinigte es zu Kartlien-Kachetien, weshalb sich seine Nachkommen aus der Linie Bagration-Dawitischwili auch Bagration-Grusinski (russ. „von Georgien“) nennen. Die entthronte ältere Linie von Kartlien bestand aber weiter und nannte sich nach der Region Muchrani, in der sie ihre meisten Ländereien besaßen. Kartli-Kachetien wurde 1801, Imeretien 1810 von Russland annektiert, alle Bagrationi aber unter dem russischen Titel Knjas (=Fürst) in die Rangtabelle des russischen Adels aufgenommen.
Im Mittelalter in Georgien unterschied man im hohen Adel die Mtawari (georgischმთავარი) und die im Rang darunter stehenden Tawadi (georgischთავადი). Zu den Mtawari gehörten als höchste Adelsklasse die souveränen Dynastie-Fürsten und Befehlshaber großer Regionen und regionaler Heeresaufgebote (die Sul-didebuli-tawadi), gefolgt von den Familien einiger kleinerer Mtawari. Ihnen folgten als dritte Klasse die Tawadi. Sie alle trugen auch den Anrede-Titel Batoni (georgischბატონიrussischБатони), entsprechend dem russischen Knjas (russisch: Fürst). Von den hochadeligen Fürstenfamilien zu unterscheiden ist der in Georgien relativ zahlreiche niedere Adel, die Aznauri. Georgische und andere kaukasische Fürstenhäuser haben oft die Tendenz, sich genealogisch als Nachkommen hochstehender fremder Herrscherhäuser oder als Nebenlinien wichtigerer georgischer Fürstenfamilien zu sehen. Während einige dieser Genealogien weiter glaubhaft erscheinen, bezweifeln Historiker heute andere und sehen sie eher als Legenden. Zu den Fürstenfamilien gehörten unter anderem:
Abaschidse (georgischაბაშიძე), einflussreichste Familie aus dem islamisierten Adscharien. Bekanntester Träger des Namens Abaschidse ist der 1991–2004 in Adscharien nahezu unabhängig regierende Aslan Abaschidse.
Amilachwari (georgischამილახვარი, russisch 1825–1850: Амилахваров, dann Амилахвари).
Antschabadse (georgischანჩაბაძე, abchasischАчбаAtschba, mingrelischაჩააAtschaa, türkischAçba) waren im 8.–10. Jahrhundert die Könige des auch große Teile Westgeorgiens umfassenden Königreichs Egrissi-Abchasien (bzw. Abasgien), bevor es von den Bagratiden übernommen wurde. Sie besaßen auch danach umfangreiche Ländereien in Abchasien und Westgeorgien und es gibt heute sowohl georgischsprachige Linien (bekannteste Vertreter der georgische Historiker Giorgi Antschabadse und sein Vater, der sowjetische Historiker Surab Antschabadse) und abchasischsprachige Nachkommenlinien, einige islamisierte abchasische Antschabadse emigrierten mit der russischen Expansion im 19. Jahrhundert auch ins Osmanische Reich (z. B. Leyla Açba und ihre Cousine Mihri Müşfik Hanım).
Andronikaschwili (georgischანდრონიკაშვილები, auf Russisch ab 1826: Андроников), alternativ Endronikaschwili (georgischენდრონიკაშვილები), sahen sich als Nachkommen der Kaiserfamilie des Kaiserreiches Trapezunt und von dessen Stammvater, Kaiser Andronikos I.Komnenos (Andronika-schwili‚Söhne des Andronikos‘).
Dadiani (georgischდადიანიrussischДадиани), das ehemalige Herrscherhaus des Fürstentums Mingrelien. Im 17. Jahrhundert wurden sie von der (angeblichen) Nebenlinie Tschikowani verdrängt, die zuvor schon Fürsten in der zu Imeretien gehörenden Region Letschchumi und vorübergehend auch in der zu Kartlien gehörenden Region Ratscha und in Swanetien (beides nicht dauerhaft) waren und die sich nach der Eroberung Mingreliens oft ebenfalls Dadiani nannten.
Dschaqeli (georgischჯაყელი), die Fürstenfamilie (Atabegs) von Samzche (georgisch Samzche Saatabago‚Land der Atabegs von Samzche‘ genannt, deutsch seltener „Fürstentum Meschetien“) im 13.–17. Jahrhundert. Neben Angriffen von außen und der Erbteilung der Bagratiden war die Expansion der Dschaqelis von Samzche eine der Ursachen des Zerfalls Georgiens. Nach der mehrheitlichen Islamisierung des inzwischen osmanischen Vasallenstaates Samzche annektierten die Osmanen Samzche als osmanische Provinz (Eyalet von Çıldır). Während die meisten Dschaqeli-Nachkommen in den osmanischen Amtsadel aufgingen, gibt es auch in Georgien noch einige, teilweise muslimische, teilweise georgisch-orthodoxe Nachkommenlinien.
Eristawi (zugleich bedeutend „Herzog“), ursprünglich ein Titel, wurde zum Namensbestandteil von vier Fürstenhäusern:
Eristawi von Gurien (georgischგურიის ერისთავი ab 1850: Эристов-Гурийский), sind eine Nebenlinie der Scherwaschidse aus Abchasien, trugen den Titel im 18. und 19. Jahrhundert allerdings unter der Oberhoheit der eigentlichen Fürsten von Gurien aus dem Hause Gurieli. Eine Seitenlinie sind die Maksimenischwili (georgischმაქსიმენიშვილი).
Eristawi von Ksani, als Ländchen (georgischქსნის საერისთავო) benannt nach dem Fluss Ksani. Der letzte eigenständige Herzog war Schansche (georgischშანშე ქსნის ერისთავი, reg. 1718), der mehrfach gegen die jeweiligen Oberherren rebellierte und 1753 im Gefängnis verstarb. Bis zum Anschluss an Russland regierten die Bagratiden.
Die Eristawi von Ratscha, Familienname Tschchetidse (georgischჩხეტიძე), alternativ meist Tschcheidse (Чхеидзе) beherrschten diese nordgeorgische Region 1488–1786. 1753 gab man den Bau der Kirche von Barakoni in Auftrag. Unter dem Familiennamen wurde ihnen 1850/61 der russische Fürstentitel verliehen. Der ältere Zweig der Tschchotua (georgischჩხოტუაrussischЧхотуа) wurde 1901 gefürstet. Ihnen gestand der exilierte ThronprätendentKyrill Wladimirowitsch Romanow 1938 das Recht zu den Titel in der weiblichen Linie fortzuführen.
Die Gelowani (georgischგელოვანი) waren die letzten Herzöge/Fürsten (Eristawi) von Swanetien, seit dem 18. Jahrhundert nur noch von Niederswanetien. Bekanntester Vertreter ist der sowjetische Schauspieler Micheil Gelowani. Eine Nebenlinie sind die Dadeschkeliani (georgischდადეშქელიანი), die im 18. Jahrhundert die Hauptlinie aus dem westlichen Oberswanetien verdrängten.
Gurieli (georgischგურიელი), seit dem 13. Jahrhundert wichtige Fürsten in Gurien und vom 16. Jahrhundert bis 1829 souveränes Herrscherhaus von Gurien. Konnten im 17. und 18. Jahrhundert viermal kurzzeitig den Königsthron von Imeretien usurpieren.
Die georgische Linie der Iaschwili (georgischიაშვილიrussischЯшвиль) erhielt 1850 ihren russischen Fürstentitel. Begonnen hatten die Adligen als Herrn der Burg von Sadmeli.
Ein im Gefolge von König Wachtang VI. 1724 nach Russland gelangter Adliger wurde Stammvater der russischen Familie Jaschwil. Die Brüder Lew und Wladimir Michailovitsch Jashwil waren beide Generale in den napoleonischen Kriegen.
Die Maghalaschwili (georgischმაღალაშვილი), alternativ Maghaladse (georgischმაღალაძე), sollen Nachfahren des mittelalterlichen Herrscherhauses der Zakarids-Mchargrseli (georgischმხარგრძელიrussischМхаргрдзели) sein. Aus der Sippe stammt der Pianist Nikita Magaloff.
Melikischwili (georgischმელიქიშვილიrussischМеликов) ursprünglich armenischer Herkunft, genannt Melikyan (armenisch: Մելիքյան), die zum Islam konvertiert, für die persischen Safawiden im 17. Jahrhundert „Somchiti“ (georgisch für „Armenien“), eine damals zu Kartlien gehörende Region, die etwa dem heutigen Lori entspricht, unter dem Titel Melik verwaltet hatten. Man konvertierte dann zum orthodoxen Glauben. Eine Seitenlinie trat zum armenischen Christentum über, deren prominentester Vertreter im Zarenreich war Michail Tarielowitsch Loris-Melikow (zum Grafen 1878, oberster Geheimpolizist und zeitweise Innenminister 1880–1) (georgisch: Loris Melik=Melik von Lori).
Scherwaschidse, (georgischშარვაშიძეები), (abchasischЧачбаTschatschba), deshalb auch oft mit dem Doppelnamen Scherwaschidse-Tschatschba bezeichnet, daneben mingrelischშარაშიაScharaschia (früher nur mündlich verwendet, nicht geschrieben) waren die letzten Fürsten des Fürstentums Abchasien. Eine Nebenlinie waren auch mtavari in Kachetien. Sie sahen sich als Nachkommen der Schirwanschahs, wie ihr Name andeutet. Der als Sefer Ali-Bey Scherwaschidse 1810–1821 amtierende Fürst Abchasiens wechselte, als die Russen im Krieg 1806-12 die Oberhand zu gewinnen begannen, 1810 die Seiten und konvertierte zum orthodoxen Glauben als Giorgi Scherwaschidse. Die Familie bildete in der Emigration nach 1917 zwei Linien, eine lebt in den USA, die andere geführt von Georgi Wladimirowitsch Scherwaschidse (1894–1978) in Bulgarien. Nikita Georgewitsch Scherwaschidse (1941–2008) war in den 1990ern bulgarischer Energieminister.
Tscherkesischwili (georgischჩერქეზიშვილი ab 1829: Черкезов, englischCherkezishvili) sahen sich als Nachkommen von Fürsten der Tscherkessen, genauer der Fürsten des osttscherkessischen Fürstentums Kabarda. Ihr Herrschaftsbereich in Kachetien war als Satscherkeso (საჩერქეზო‚Land der Tscherkesi‘) bekannt.[1]
Tscholoqaschwili (georgischჩოლოყაშვილიenglischCholokaschvili, russischЧолокашви́ли), seit 1320 nachweisbar. Der um 1660 als Märtyrer gestorbene Bidsina Tscholoqaschwili ist von der georgischen Kirche heiliggesprochen worden. Kakuza Tscholoqaschwili (1888–1930) war Partisanenführer gegen die sowjetischen Befreier.
Aus Kleinarmenien, angeblich von den Mamikonianiden abstammend, kam die weitverzweigte Familie der Tumanischwili (georgischთუმანიშვილიarmenischԹումանյան ab 1850: Тумановъ). Der bei Tiflis gebürtige Howhannes Tumanjan war einer der bedeutendsten Literaten armenischer Sprache im 20. Jahrhundert. In den USA im Exil lebten die aus dem georgisch-russischen Zweig stammenden Cyrille Toumanoff (Historiker) und seit 1944 die Balletttänzerin Tamara Toumanova.
Aus der Spaltung des Hauses Panaskerteli (georgischფანასკერტელ) im 16. Jahrhundert gingen hervor die
Zizischwili (georgischციციშვილიrussischЦицишвили). Nach der Spaltung in eine „untere“ und „obere“ Linie 1724 ging man des dynastischen Status verlustig. Dieser wurde aber von russischer Seite als Cicianov (Цицианов) 1801 wiederbelebt.
Awalischwili (georgischავალიშვილიrussischАвалов). Die imeretische Linie sank auf das Niveau von Landadel ab. Die im östlichen Georgien lebenden beiden Zweigen erhielten ihren Fürstenstatus russischerseits 1826 und 1850 bestätigt. Surab Awalischwili, 1918–1921 Außenminister, lebte in Deutschland im Exil.
Jacques Ferrand: Familles princières de Géorgie: essai de reconstitution généalogique (1880–1983) de 21 familles reconnues princières par l’empire de Russie. Montreuil 1983 [Selbstverlag].
Petr Ch. Grebel'skij: Dvorjanskie rody Rossijskoj Imperii. St. Petersburg 1993–1995 (Vesti), ab Band 3: Moskau 1996–1998 (Likominvest)
Cyrille Toumanoff: Manuel de Généalogie et de Chronologie pour l’histoire de la Caucasie chrétienne. Ed. Aquila, Rom 1976, Supplément 1978.
Cyrille Toumanoff: Les dynasties de la Caucasie chrétienne de l’Antiquité jusqu’au XIXe siècle. Rom 1990.