Nach dem Studium bei Arthur Hannequin, Léon Brunschvicg und Henri Bergson erhielt Lavelle 1909 die Agrégation in Philosophie. Er unterrichtete an verschiedenen Gymnasien, u. a. am renommierten Lycée Louis-le-Grand in Paris und war als Professor am Collège de France tätig. Er zählt zu den bedeutenden Vertretern des Französischen Spiritualismus. Lavelles Philosophie geht von der Teilhabe (la participation) aus, also der Erfahrung, als Teil des Seins an ihm teilzunehmen. Mit dieser grundlegenden Erfahrung entdeckt der Mensch „das tiefste und schönste aller Mysterien: ‚Zum Schöpfer erschaffen zu sein‘.“ Da das alles umfassende Sein, platonisch verstanden, auch das Gute sein muss, hat Lavelles Philosophie einen eminent optimistischen Grundzug. Auch Das Übel und das Leid, so sein gleichnamiger Essay, hat noch einen tieferen Sinn: „Wir können das Schicksal der Kreaturen beklagen, die dem Leiden in einer blinden und teilnahmslosen Welt ausgeliefert sind. Dieses Leiden könnte aber eine Bewährungsprobe sein für ihre Willenskraft, ihre Stärke, Lauterkeit und Güte. Diese harte, strenge und leidvolle Welt wäre dann keine schlechte Welt.“
Ab 1928 veröffentlichte er sein Hauptwerk, die Dialektik des ewig Gegenwärtigen (La Dialectique de l’éternel présent), das auf fünf Bände hin konzipiert war: Der erste handelt Vom Sein (De l'Être). Es folgten Vom Akt (De l'Acte), Von Zeit und Ewigkeit (Du Temps et de l'Éternité) und zuletzt 1951 Von der menschlichen Seele (De l'Âme humaine). Den fünften Band Von der Weisheit (De la Sagesse) konnte er nicht mehr vollenden. Mit René Le Senne gründete er 1934 die Buchreihe Philosophie de l’esprit im Verlag Aubier-Montaigne, in der vor allem Werke zum Französischen Spiritualismus erschienen.
Karl Albert: Lavelle und die Philosophie des 20. Jahrhunderts. Neun einführende Kapitel, Röll, Dettelbach 1997, ISBN 3-927522-84-8
Jean Ecole: Louis Lavelle et l'histoire des idées. Olms, Hildesheim 2004, ISBN 978-3-487-12699-9 (mit einer vollständigen Bibliographie)
Robert Theis und Claude Weber: Von Christian Wolff bis Louis Lavelle. Geschichte der Metaphysik. Olms, Hildesheim 1995, ISBN 978-3-487-09968-2.
Tarcísio Padilha: A Ontologia Axiológica de Louis Lavelle, tese de cátedra. Rio de Janeiro: UDF, 1955 2. Aufl. São Paulo: Es sind Erfolge, 2012, ISBN 978-85-8033-074-8.
Rolf Schönberger: Louis Lavelle: Die Erfahrung des Seins als Akt. Philosophisches Jahrbuch 95 (1988), S. 354–361.
Jean-Raoul Sansen: La distinction entre l‘âme et l’esprit chez Lavelle. In: Revue des Sciences Philosophiques et Théologiques, 2004, 2, S. 271–280.
Hartmut Sommer: Nachwort zu Biographie und Philosophie Lavelles, in Louis Lavelle Das Übel und das Leid. Lepanto. Rückersdorf 2022, ISBN 978-3-942605-27-4.