Martha von Bethanien

Die heilige Martha mit ihren Attributen, Illustration im Isabella-Stundenbuch

Martha von Bethanien (auch Marta von Betanien) ist eine Gestalt des Neuen Testaments.

Erwähnt wird Martha im 10. Kapitel des Lukasevangeliums sowie im 11. und 12. Kapitel des Johannesevangeliums. Die Darstellungen in den beiden biblischen Erzählungen zeigen Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede.

Darstellung in den Evangelien

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Das Lukasevangelium (Lk 10,38–42 EU) stellt Martha zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Maria vor.[1] Gemeinsam bewohnen sie ein Haus in einem namentlich nicht bezeichneten Dorf; dort kehrt Jesus ein: Eine Frau namens Martha nahm ihn freundlich auf. Maria setzt sich Jesus zu Füßen und hört ihm zu, während ihre Schwester für die Bewirtung sorgt. Schließlich beklagt sich Martha darüber. Jesus antwortet ihr: Martha, Martha, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.

Martha und Maria stehen hier für bestimmte Anteile des christlichen Lebens: Maria für die vita contemplativa, Martha für die vita activa.

Der Name Martha ist aramäischen Ursprungs und bedeutet „sie war rebellisch“[2] oder „Herrin“[3]. Im Hebräischen trägt der Name die Bedeutung „die Bittere“[4]. Es ist nicht anzunehmen, dass Jesus Arbeit rügte, auch die Bewirtung für Gäste nicht. Was er beanstandete, war, dass Martha sich sorgte. Das griechische Wort hierfür heißt περισπάω (perispao) „abgelenkt, geistig verleitet, weggezogen sein“.[5]

Im Johannesevangelium (Kapitel 11), der Wundererzählung von der Erkrankung, dem Sterben und der Auferweckung des Lazarus von Bethanien, werden Lazarus als Bruder von Maria und Martha und alle drei als enge Freunde Jesu dargestellt. Hier treibt Martha das Geschehen voran, tritt mit Jesus in einen Dialog über die Auferstehung und bekennt schließlich: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll. (Joh 11,27 EU).

Johannes gestaltet hier eine Erzählung aus, von der er nur einen Kern in der Tradition vorgefunden hat. Zu diesem Kern müssen die Namen der beiden Schwestern gehört haben (vgl. Lukas), mit großer Wahrscheinlichkeit auch Lazarus und Bethanien.

Bei der im folgenden Kapitel berichteten Salbung Jesu in Bethanien wird dann, wie bei Lukas, erwähnt, dass Martha beim Mahl bediente (Joh 12,2 EU).

In der christlichen Bibelauslegung werden die lukanischen und die johanneischen Angaben über Martha und ihre Geschwister zusammen betrachtet. Martha, die in Lk 10 zurückgesetzt erscheint, bekommt in Joh 11 großes Gewicht.

Reliquienbüste in Tarascon

Der Überlieferung nach soll Martha im Jahr 48 gemeinsam mit ihren Geschwistern nach Frankreich vertrieben worden sein. In der Nähe von Marseille soll sie ein Kloster gegründet und ein asketisches Leben geführt haben. Sie reiste nach Tarascon und bezwang dort das Ungeheuer Tarasque, einen menschenfressenden Drachen.

König Chlodwig I. soll eine Wallfahrt nach Tarascon zu den Reliquien Marthas gemacht haben. Später war deren Verbleib unbekannt. Erst im Jahr 1187 sollen sie in der Krypta der alten Kirche von Tarascon wieder aufgefunden und durch Wunder beglaubigt worden sein. Daraufhin wurde an dieser Stelle die heute noch stehende Kirche Sainte-Marthe erbaut und 1197 Martha geweiht.[6]

Der heiligen Martha sind unter anderem folgende Kirchen geweiht:

Als Schutzheilige übernimmt sie den Schutz von Kellnerinnen und Kellnern sowie Hausfrauen. Im amerikanischen Raum ist es oft üblich, in der Hoffnung auf höhere Trinkgelder eine Figur der St. Martha hinter die Theke zu stellen.[7]

In nichttheologischen Quellen wird Maria bisweilen als gesellschaftliche Oberschicht, Martha hingegen als die Unterschicht gedeutet.[8]

Der Gedenktag der heiligen Martha in der römisch-katholischen, der anglikanischen und der evangelischen Kirche ist der 29. Juli. In den orthodoxen Kirchen ist der Gedenktag Marthas und ihrer Schwester Maria der 4. Juni.

Die römisch-katholische Tradition identifizierte Maria, die Schwester Marthas, mit Maria Magdalena. Zu deren Fest am 22. Juli ist der 29. Juli der Oktavtag und galt Martha allein. Da diese Gleichsetzung der beiden Marien aber exegetisch überholt ist, entschied Papst Franziskus, den 29. Juli allen drei Geschwistern von Bethanien zu widmen. Seit dem 2. Februar 2021 werden gemeinsam mit Martha auch Maria und Lazarus am 29. Juli im Generalkalender aufgeführt.[9][10]

  • Jutta Brutscheck: Die Maria-Marta-Erzählung. Eine redaktionskritische Untersuchung zu Lk 10,38–42. Peter Hanstein Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7756-1079-0.
  • Anke Krüger: Südfranzösische Lokalheilige zwischen Kirche, Dynastie und Stadt vom 5. bis zum 16. Jahrhundert. In: Beiträge zur Hagiographie. Band 2. Franz Steiner, 2002, ISBN 978-3-515-07789-7, S. 213–234.
Commons: Saint Martha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Raymond F. Collins, Art. Martha. In: David Noel Freedman (Hrsg.), The Anchor Bible Dictionary, Doubleday 1992, ISBN 3-438-01121-2, Bd. 4, S. 573.
  2. nach dem Lexikon von Strongs (Wort Nr. 3136)
  3. Rosa und Volker Kohlheim: Das große Vornamenlexikon, Duden, 3. Auflage, S. 290
  4. nach dem Artikel Martha von Bethanien. In: Joachim Schäfer: Ökumenisches Heiligenlexikon (allerdings ist das wohl eine Verwechslung mit „Mara“, die Bittere (hebräisch))
  5. (Strongs Nr. 4049)
  6. Martha in Tarascon. In: Ökumenisches Heiligenlexikon. Abgerufen am 7. April 2020.
  7. http://www.americancatholic.org/Features/Saints/saint.aspx?id=1091 Amerik. Beschreibung der Schutzheiligen
  8. So in dem Gedicht The Sons of Martha von Rudyard Kipling.
  9. Dekret über die Feier der heiligen Marta, Maria und Lazarus im Römischen Generalkalender. In: press.vatican.va. Congregatio de Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, 2. Februar 2021, abgerufen am 2. Februar 2021.
  10. Papst ordnet Heiligenkalender neu. Abgerufen am 2. Februar 2021.