Masolino da Panicale (* 1383 in Panicale im Valdarno;[1] † nach 1447 in Florenz; eigentlich Tommaso di Cristoforo Fini) war ein italienischer Maler in der Übergangszeit zwischen Spätgotik und Renaissance.
Tommaso (mit dem Rufnamen Masolino) kam aus derselben Gegend in der Toskana wie sein jüngerer Zeitgenosse Masaccio, der laut Vasari sein Schüler war, wurde wahrscheinlich bei Gherardo Starnina ausgebildet und war von 1403 bis 1407 Gehilfe von Lorenzo Ghiberti. Er wurde im September 1422[2] erstmals in Florenz dokumentiert und 1423 in die Malergilde zu Florenz aufgenommen. 1425/26 arbeitete er am ungarischen Hof für den aus Florenz stammenden königlichen Heerführer Pippo Spano (Filippo Scolari), anschließend war er wieder in Italien tätig, wo er die Fresken in San Clemente in Rom restaurierte, die sein Freund Masaccio begonnen hatte. 1447 stirbt er in Florenz.
Masolino wird als Lehrer von Masaccio genannt, bald jedoch beeinflusste dieser den 20 Jahre älteren ganz entscheidend. Zu Masolinos frühesten Werken zählt eine auf Holz gemalte Anna selbdritt von ca. 1420 (1425?) (Florenz, Uffizien); es lässt den grundlegenden Unterschied zwischen dem internationalen Stil der Spätgotik und dem der frühen Renaissance deutlich erkennen und wird als Gemeinschaftsarbeit von Masolino und Masaccio angesehen. Ebenfalls frühere Werke sind die Madonna in München (Alte Pinakothek) und die Madonna mit Kind in Bremen (beide etwa 1423/24).
Vasari erörtert die Frage, in welchem Maße Masolino zusammen mit Masaccio in der Brancacci-Kapelle der Kirche Santa Maria del Carmine in Florenz (vor 1425) gemalt habe; dieser schreibt ihm darin (neben nicht mehr erhaltenen Fresken) Szenen zu, die Stilunterschiede in der Raumauffassung erkennen lassen, und zwar:
den Sündenfall
die Szenen mit der Predigt Petri
der Doppeldarstellung der Erweckung der Tabea und der Heilung des Lahmen.
Die Mehrzahl der Forscher stimmt heute Vasari zu. Der Einfluss seines Freundes Masaccio, dessen Mitwirkung an den Brancacci-Fresken belegt ist, machte sich in den wesentlich wuchtigeren Figuren ebenso bemerkbar wie in der Perspektive. Diese Entwicklung zu einer realistischen Darstellung ist auch noch in einem Freskenzyklus aus der Legende der heiligen Katharina in einer Kapelle der Basilika San Clemente in Rom (von 1427) sichtbar.
Nach dem Tod Masaccios wandte sich Masolino wieder mehr der Heimat zu; aber auch künstlerisch kehrte er – wenn auch langsam – zu den Wurzeln zurück. Das einzig beglaubigte Werk sind zwei Freskenzyklen aus dem Marienleben (um 1430) in der Kollegiatkirche und im Baptisterium von Castiglione Olona (Lombardei) zu; sie sind signiert mit Masolinus de Florentia pinsit. Sie zeigen wieder einen ziemlich altertümlichen Charakter, weiche Gewandung, wenig individuelle Köpfe. 1432 hielt er sich in Todi auf, um in der Kirche des Stadtpatrons San Fortunato das Fresko Madonna col Bambino in trono e due angeli zu malen.[3] Masolino soll auch die von 1435 datierten Fresken aus der Legende der Heiligen Stephans und Laurentius im Chor und die Fresken aus dem Leben Johannes des Täufers im Baptisterium derselben Kirche gemalt haben.
Pietro Toesca: Masolino da Panicale (= Collezione di monografie illustrate – pittori scultori architetti. Band4). Istituto italiano d’arti grafiche, Bergamo 1908 (italienisch, archive.org – Biografie mit Werkverzeichnis und Abbildungen der Werke).
William Michael Rossetti: Masolino Da Panicale. In: Encyclopædia Britannica. 11. Auflage. Band17: Lord Chamberlain – Mecklenburg. London 1911, S.838 (englisch, Volltext [Wikisource]).
Louis Gillet: Masolino da Panicale. In: Catholic Encyclopedia. Band9: Victor de Laprade–Liturgy of the Mass. The Encyclopedia Press, New York 1913 (Volltext [Wikisource]).
Bernard Berenson: Masolino. In: The Florentine Painters of the Renaissance. With An Index To Their Works. S. 158–159 (gutenberg.org).
Giorgio Vasari: Vita di Masolino, pittore. In: Vasari: Le vite dei più eccellenti pittori, scultori e architetti. Newton Compton Editori, Rom 2010, ISBN 978-88-541-1425-8, S. 312 ff. (online)
Giorgio Vasari: Das Leben des Masolino, des Masaccio, des Gentile da Fabriano und des Pisanello, herausgegeben von Alessandro Nova, bearbeitet von Christina Posselt, übersetzt von Victoria Lorini, Wagenbach-Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-8031-5052-3.
↑Corrado Ricci: Geschichte der Kunst in Nord-Italien. J. Hoffmann, Stuttgart 1911, XII. Die lombardische Malerei im 15. Jahrhundert und die Schule Leonardos, S.179–180, Abbildung, 333 und 334 (Textarchiv – Internet Archive).