Das Massaker von Kfar Aza ereignete sich während des Terrorangriffs der Hamas auf Israel ab 7. Oktober 2023 im grenznahen KibbuzKfar Aza in IsraelsSüdbezirk. Terroristen der Hamas waren nach Durchbrechen der Sperranlagen um den Gazastreifen in die Siedlung eingedrungen und töteten mindestens 64 Menschen, darunter ganze Familien,[1][2][3] wobei es zu Gewaltexzessen mit Brandstiftungen, Folterungen, Verstümmelungen und Vergewaltigungen kam. Mindestens 19 weitere Menschen wurden in den Gazastreifen entführt.[4][5] Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) brauchten bis zum Abend des 9. Oktober, um den Kibbuz und die nähere Umgebung zurückzuerobern und zu sichern.[6][7] Zwei Geiseln wurden im Dezember 2023 irrtümlich von israelischen Soldaten in Gaza getötet.
Der 1951 gegründete Kibbuz Kfar Aza liegt weniger als zwei Kilometer von der Ostgrenze des Gazastreifens entfernt und hatte zum Zeitpunkt des Angriffs mehr als 750 Einwohner. Überregionale Bekanntheit haben das hier ansässige Kunststoffunternehmen Kafrit Industries und das in Israel führende Verstärker- und Beleuchtungsunternehmen Sincopa 2002.[8][9][10]
Die Bewohner und Bewohnerinnen von Kfar Aza waren am 7. Oktober gegen 06:30 Uhr Ortszeit durch die automatische Textnachricht Tzeva Adom per Mobiler App vor Raketenangriffen aus dem Gazastreifen gewarnt worden, weshalb sie sich teilweise in die zu diesem Zweck errichteten Schutzräume ihrer Häuser begaben. Schon kurz nach Angriffsbeginn drangen Hamas-Terroristen zu Fuß, mit Motorrädern und Motorschirmen aus allen vier Richtungen in den Kibbuz ein und überwältigten die bewaffnete Bereitschaftseinheit (hebräisch כִּתַּת כּוֹנְנוּת kittat kōnenūt, deutsch ‚Bereitschaftszug‘) von Kfar Aza, wobei mindestens sieben Mitglieder, darunter der Leiter Tal Eilon, getötet wurden. Mindestens fünf weitere der später in Kfar Aza getöteten Bewohner waren aktive Angehörige der Streitkräfte.[11][12]
Die Terroristen gingen von Haus zu Haus und ermordeten ganze Familien, während andere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Häuser, in denen sich Menschen in Schutzräumen verbarrikadiert hatten, wurden in Brand gesetzt oder mit Granaten angegriffen. Israelische Soldaten und Mitarbeiter der Organisation ZAKA berichteten, dass einige der später aufgefundenen Leichen gefesselt, verbrannt und enthauptet waren, sowie Spuren von Folter und Vergewaltigungen aufwiesen. Unter anderem sei die Leiche eines kleinen Kindes mit einem Messer im Kopf geborgen worden.[13][14][15][16][17]
Zu den Getöteten gehörte Ofir Libstein, Vorsitzender der Regionalverwaltung von Scha’ar HaNegev, dessen 19-jähriger Sohn und seine 81-jährige Schwiegermutter.[18][19][20] Zu den weiteren Todesopfern zählen der Filmproduzent und Schauspieler Yahav Winner[21], der Ynet-Pressefotograf Roee Idan, der die ersten Momente des Angriffs gefilmt hatte und zusammen mit seiner Frau ums Leben kam[22], eine philippinische Staatsbürgerin[23] und eine US-amerikanisch-israelische Doppelstaatsbürgerin, die gemeinsam mit ihrem Ehemann getötet worden war.[24]
Laut Untersuchungsbericht trafen erst gegen 10:00 Uhr Ortszeit erste Sicherheitskräfte bei Kfar Aza ein, welche sich aus Besorgnis vor Eigenbeschuss bis etwa 14:00 Uhr außerhalb des Kibbuz aufhielten. In diesem Zeitraum seien viele Bewohner und Bewohnerinnen verschleppt oder ermordet worden. Eines der Hauptprobleme habe darin bestanden, dass es nicht gelang, den Kibbuz abzuriegeln, was das Eindringen weiterer Terroristen verhindert hätte. So konnten bis gegen 02:00 Uhr Morgens am nächsten Tag schätzungsweise 270 bis 300 Terroristen die Siedlung infiltrieren. Laut Untersuchung hätten sich zwar Sicherheitskräfte aus über 20 Einheiten an der Rückeroberung von Kfar Aza beteiligt, deren Vorgehen sei jedoch langsam, sowie ohne einheitlicher Führung und Koordination erfolgt.[25]
An der folgenden Rückeroberung waren Truppen der Commando Brigade, der Fallschirmjäger-Brigade und der Nachal-Brigade, sowie die Spezialeinheiten Schajetet 13, Sajeret Matkal und Oketz beteiligt, unterstützt von Panzerfahrzeugen der 188. Panzerbrigade.[26][27][28][29] Kfar Aza gehörte zu den am schwersten umkämpften Siedlungen im Grenzbereich und konnte erst am Abend des 9. Oktober vollständig zurückerobert und gesichert werden, wobei laut IDF-Angaben auch die Mündung eines Tunnels in der Nähe des Kibbuz gefunden werden konnte.[30][31][32] Bei der Rückeroberung wurden mindestens 20 Terroristen und 13 israelische Soldaten getötet.[33]
Kfar Aza wurde zur militärischen Sperrzone erklärt und die meisten der verbliebenen Bewohner und Bewohnerinnen in eine Hotelanlage nördlich von Tel Aviv evakuiert.[34][35]
Im Januar 2024 wurde Kfar Aza von einer Delegation muslimischer sowie hinduistischer Journalisten und Social-Media-Influencer besichtigt. Die Besichtigung wurde von der Organisation Sharaka geleitet, einer Basisorganisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Bindung zwischen Israel und der arabischen bzw. muslimischen Welt zu stärken.[47]
Im April 2024 befand sich noch fast die Hälfte der Bewohner und Bewohnerinnen von Kfar Aza in einem Hotel und neu errichteten Wohnanlagen des Kibbuz Schefajim.[48] Das Tekuma-Direktorat, das mit der Sanierung des Grenzgebiets zu Gaza beauftragt ist, gab im Dezember 2024 bekannt, dass im Rahmen der Sanierung von Kfar Aza 360 Wohngebäude und 40 öffentliche Gebäude renoviert oder neu errichtet werden müssen. 97 Gebäude des Kibbuz würden abgerissen, für 48 weitere Gebäude im Viertel „Junge Generation“ ist noch keine Entscheidung gefallen. Für die Arbeiten werden von der Behörde umgerechnet fast 56 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt. Dazu gehören der Bau eines neuen Viertels für die junge Generation an einem anderen Ort im Kibbuz sowie eines neuen Wohnviertels.[49]
Am 26. November kam es im Zuge eines Waffenstillstandsabkommens und Gefangenenaustauschs zur Freilassung von 14 im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln, davon 12 aus Kfar Aza, ausschließlich Frauen und Kinder.[50][51] Am 30. November kam es zur Freilassung einer weiteren Geisel aus Kfar Aza, einer 40-jährigen Frau, deren Gefangennahme durch die Hamas erst am 29. Oktober bestätigt worden war.[52]
Am 15. Dezember gaben die IDF bekannt, dass die beiden aus Kfar Aza entführten Geiseln Yotam Haim und Alon Shamriz in einem schwer umkämpften Gebiet in Gaza-Stadt versehentlich von Soldaten der Bislamach-Brigade erschossen worden seien, als diese ein Gebäude verlassen und sich auf die IDF-Truppen zubewegt hatten. Bei dem Vorfall sei auch eine dritte Geisel aus Nir Am getötet worden.[53]
Aviva Siegel und ihr Eheman Keith Siegel wurden gemeinsam mit einer Nachbarin und deren Kindern entführt, Aviva Siegel kam nach 51 Tagen frei, während ihr Mann weiterhin in Geiselhaft blieb.[54]