Muramyl-Dipeptid (chemisch: N-Acetyl-muramyl-L-Alanyl-D-iso-Glutamin; kurz MDP) ist ein natürlich vorkommendes Fragment des Peptidoglycans, einem Zellwandbestandteil der meisten grampositiven und gramnegativen Bakterien.[1][2]
MDP wurde im Jahr 1974 als Minimalstruktur für die Effizienz des kompletten Freund-Adjuvans entdeckt, einem der wirkungsvollsten Adjuvanzien zur Auslösung einer Immunreaktion. MDP löst humorale und zelluläre Immunantworten aus, jedoch keine Antikörperproduktion.[3][4][5]
Durch Bindung von MDP an den zytosolischen Rezeptor NOD2 wird eine proinflammatorische Immunantwort ausgelöst. Dabei werden z. B. Entzündungsmediatoren (IL-8, IL-1β, TNF) sezerniert, Autophagie induziert[6] und antimikrobielle Peptide produziert. Die NOD2-Variante L1007fsinsC führt zu einer fehlerhaften Erkennung von MDP und einer veränderten Immunantwort.[1]
Aufgrund seiner adjuvanten Aktivität wurde MDP zur Verstärkung der Immunantwort diskutiert, z. B. bei Impfungen. Jedoch war MDP selbst zu pyrogen und hatte in Tierversuchen bei Kaninchen eine Uveitis verursacht.[7] Daher entwickelte man Derivate wie Threonyl-MDP. Dieses wurde es als Bestandteil eines ersten Adjuvans getestet, das auf einer Öl-in-Wasser-Emulsion basiert (als Alternative zu Wasser-in-Öl-Emulsionen).[8] Das hierbei entwickelte SAF-Adjuvans (Syntex adjuvant formulation) enthielt u. a. eine hydrogenierten Form von Squalen und Threonyl-MDP. Jedoch zeigten klinische Prüfungen eine zu starke Reaktogenität, und ohne MDP war das Adjuvans weitaus schwächer.[8][7]
Auch ein weiteres Derivat, Muramyl-Tripeptidphosphatidylethanolamin (MTP-ME, Mifamurtid), wurde als Bestandteil einer auf Squalen basierenden Öl-in-Wasser-Emulsion als Adjuvans getestet. Dieses war ebenfalls viel zu reaktogen.[7] Daher wurde die weitere Entwicklung und Forschung von Adjuvanzien mit MDP eingestellt, ohne diesen Immunstimulanten gipfelte die Entwicklung von auf Öl-in-Wasser basierenden Adjuvanzien in Form von MF59.[8]
in der Tumortherapie:
Das MDP-Derivat Mifamurtid wird zur Behandlung von Osteosarkomen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen angewendet.[9]
↑Stephen E. Girardin et al.: Nod2 Is a General Sensor of Peptidoglycan through Muramyl Dipeptide (MDP) Detection. In: Journal of Biological Chemistry. Band278, Nr.11, 14. März 2003, S.8869–8872, doi:10.1074/jbc.C200651200, PMID 12527755.
↑Claude Merser, Pierre Sinaÿ, Arlette Adam: Total synthesis and adjuvant activity of bacterial peptidoglycan derivatives. In: Biochemical and Biophysical Research Communications. Band66, Nr.4, 27. Oktober 1975, S.1316–1322, doi:10.1016/0006-291X(75)90503-3.
↑Joseph P. Boyle, Rhiannon Parkhouse, Tom P. Monie: Insights into the molecular basis of the NOD2 signalling pathway. In: Open Biology. Band4, Nr.12, 1. Dezember 2014, S.140178, doi:10.1098/rsob.140178, PMID 25520185.
↑ abcManmohan Singh: Vaccine Adjuvants and Delivery Systems. John Wiley & Sons, 2007, ISBN 978-0-470-13492-4, S.117.