Die National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD) war eine Blockpartei in der DDR. Sie wurde 1948 in der Sowjetischen Besatzungszone gegründet und unterstützte die Politik der SED. Nach der Wende ging sie 1990 zunächst im Bund Freier Demokraten und kurz darauf mit diesem in der gesamtdeutschen FDP auf.
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) ließ im Sommer 1945 vier Parteien zu: die KPD, die SPD, die CDU und die LDP. Die SPD wurde im April 1946 mit der KPD zur SEDzwangsvereinigt. Auf Grund des guten Abschneidens von CDU und LDP bei den Landtagswahlen in der SBZ 1946 bemühte sich die SED, diesen Parteien künstliche Konkurrenz zu bereiten. Dazu gründete sie im April 1948 auf Weisung und in Abstimmung mit der SMAD eine Bauernpartei (DBD) und am 25. Mai 1948 die National-Demokratische Partei Deutschlands. An diesem Tag trafen sich die Vorsitzenden der Gründungsausschüsse; das wurde später als Gründungsdatum festgelegt.[2]
Stalin äußerte im März 1948, es sei an der Zeit, „die Trennlinie zwischen ehemaligen Nazis und Nichtnazis aufzuheben“.[3] Bereits am 26. Februar 1948 hatte der SMAD-Befehl Nr. 35 die Entnazifizierung in der Sowjetzone beendet; dadurch war es fortan „nichtbelasteten“ NSDAP-Mitgliedern möglich, „an der Sicherung der Einheit und der demokratischen Entwicklung Deutschlands ehrlich mitzuarbeiten“.[2] Am 22. März 1948 erschien erstmals die neue National-Zeitung, das spätere Zentralorgan der NDPD.
Neben alten NSDAP-Mitgliedern sollten auch ehemalige Offiziere und Vertriebene von der neuen Partei aufgefangen werden. Der SED-Vorstand erläuterte auf seiner Tagung im Mai 1948, „diese politisch unklaren Menschen“ sollten bei der nächsten Wahl nicht „das Stimmvieh“ für die bürgerlichen Parteien CDU und LDP abgeben.[4]
In ihrem Parteiprogramm forderte die NDPD unter anderem die Förderung des Mittelstands, die Eingliederung der einstigen Berufsbeamten, ein Ende der Diskriminierung der einfachen NSDAP-Mitglieder und der Offiziere der Wehrmacht, eine vollständige Bodenreform und die Enteignung der Konzerne. Die nationalkonservativen Angehörigen des Mittelstands und Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft[6] stellten den überwiegenden Anteil der Mitglieder. Die NDPD war nach dem Muster der SED und dem Prinzip des Demokratischen Zentralismus organisiert. Höchstes Gremium war der im fünfjährigen Rhythmus zusammentretende Parteitag, der einen Hauptausschuss wählte. Ein Sekretariat erledigte die laufenden Geschäfte. Neben der werktäglich erscheinenden National-Zeitung gab der Parteivorstand die Zweimonatszeitschrift Die Nation („Zeitschrift für Theorie und Praxis nationaler Politik“) heraus. Der parteieigene Verlag der Nation spezialisierte sich „auf sogenannte ‚Wandlungsliteratur‘“[7] für die Parteiklientel ehemaliger Nazis, Offiziere und Berufssoldaten.
Am 7. Dezember 1989 trat die Partei aus dem „Demokratischen Block“ aus. Die Partei war mit drei Vertretern am Runden Tisch beteiligt.
Auf dem 14. Parteitag am 20./21. Januar 1990 wurde Wolfgang Glaeser mit 32 Prozent Gegenstimmen zum Vorsitzenden gewählt; er vertrat in seinem Schlusswort einen stark reformorientierten Standpunkt. Führungskräfte und Teile der Mitgliederschaft distanzierten sich davon, und Glaeser trat zwei Tage später zurück.[14] Auf dem Parteitag am 11. Februar 1990 wurde Wolfgang Rauls zum neuen Vorsitzenden der Partei gewählt.
Ein von der NDPD vorgeschlagener Wahlverbund der nationalen und liberalen Parteien in der DDR wurde von den im Bund Freier Demokraten zusammengeschlossenen Parteien abgelehnt. Die NDPD erhielt bei der freien Volkskammerwahl vom 18. März 1990 nur 0,39 % der Stimmen und zwei Mandate.[15] Sie trat im Wahlkampf für eine soziale Marktwirtschaft, einen Stufenplan zur deutschen Einheit über eine Wirtschafts- und Währungsunion und den Beitritt der DDR zur Europäischen Gemeinschaft ein.
Die beiden NDPD-Abgeordneten schlossen sich in der Volkskammer mit den für den BFD gewählten Volksvertretern zur Fraktion Die Liberalen zusammen. Ende März 1990 fusionierte die NDPD mit der LDP zur Partei Bund Freier Demokraten. Diese ging am 12. August 1990 gemeinsam mit der Deutschen Forumpartei und F.D.P. der DDR in der Freien Demokratischen Partei (FDP) auf.
Jürgen Frölich: Transmissionsriemen, Interessenvertretung des Handwerks oder Nischenpartei? Zu Rolle, Bedeutung und Wirkungsmöglichkeiten der NDPD. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Materialien der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“. Band II/4. Nomos, Baden-Baden, ISBN 3-7890-4034-7, S. 1542–1578.
Bernd Gottberg: Die Gründung und die ersten Jahre der NDPD 1948–1954. In: Jürgen Frölich (Hrsg.): „Bürgerliche“ Parteien in der SBZ/DDR. Zur Geschichte von CDU, LDP(D), DBD und NDPD 1945 bis 1953. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1995, ISBN 3-8046-8813-6, S. 73–87.
Josef Haas: Die National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD). Geschichte, Struktur und Funktion einer DDR-Blockpartei. Dissertation, Bamberg 1988, DNB881230421.
Andreas Herbst (Hrsg.), Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 2: Lexikon der Organisationen und Institutionen (M–Z) (= rororo-Handbuch. Band 6349). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-499-16349-7 (Art. National-Demokratische Partei Deutschlands).
Roland Höhne: Von der Wende zum Ende. Die NDPD während des Demokratisierungsprozesses. In: Oskar Niedermayer, Richard Stöss (Hrsg.): Parteien und Wähler im Umbruch. Parteiensystem und Wählerverhalten in der ehemaligen DDR und den neuen Bundesländern. Westdeutscher Verlag, Opladen 1994, ISBN 3-531-12648-2, S. 113–142.
Roland Höhne: Aufstieg und Niedergang einer nationalen Blockpartei 1948–1990. In: Heiner Timmermann (Hrsg.): Die DDR in Deutschland. Ein Rückblick auf 50 Jahre. Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-10418-8, S. 269–311.
Harald Krieg: LDP und NDP in der „DDR“ 1949–1958. Ein Beitrag zur Geschichte der „nichtsozialistischen“ Parteien und ihrer Gleichschaltung mit der SED. Westdeutscher Verlag, Köln 1965, DNB452589614.
Roderich Kulbach, Helmut Weber: Parteien im Blocksystem der DDR. Aufbau und Funktion der LDPD und der NDPD (= Schriftenreihe des Studienkollegs für zeitgeschichtliche Fragen. Bd. 3). Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1969, DNB457317418.
Peter Joachim Lapp: Die „befreundeten Parteien“ der SED. DDR-Blockparteien heute. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988, ISBN 3-8046-8699-0.
Peter Joachim Lapp: Ausverkauf. Das Ende der Blockparteien. Edition Ost, Berlin 1998, ISBN 3-932180-58-5.
Christoph Schreiber: „Deutsche, auf die wir stolz sind.“ Untersuchungen zur NDPD (= Studien zur Zeitgeschichte. Band 108). Dr. Kovač, Hamburg 2018, ISBN 3-339-10360-7.
Dietrich Staritz: Die National-Demokratische Partei Deutschlands 1948–1953. Ein Beitrag zur Untersuchung des Parteiensystems der DDR. Dissertation, FU Berlin 1968, DNB482641355.
Dietrich Staritz: National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD). In: Martin Broszat, Hermann Weber: SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945–1949. Oldenbourg, München 1990, ISBN 3-486-55261-9, S. 574–583.
Michael Walter: National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD). In: Gerd-Rüdiger Stephan, Andreas Herbst, Christine Krauss, Daniel Küchenmeister, Detlef Nakath (Hrsg.): Die Parteien und Organisationen der DDR. Ein Handbuch. Dietz, Berlin 2002, ISBN 3-320-01988-0, S. 366–401.
Christoph Wunnicke: Die Blockparteien der DDR. Kontinuitäten und Transformation 1945–1990 (= Schriftenreihe des Berliner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Band 34). LStU Berlin, Berlin 2014, S. 112–133 (berlin.de; PDF; 434 KB (Memento vom 9. September 2014 im Internet Archive)).
↑ abAndreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 2. Rowohlt, Hamburg 1994, s. v. „National-Demokratische Partei Deutschlands“, S. 714.
↑Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949–1990, 2. Auflage, Propyläen: München 2000 (1998), S. 42.
↑Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949–1990. 2. Auflage, Propyläen, München 2000 (1998), S. 41/42.
↑Klaus Schroeder: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949–1990. 2. Auflage, Propyläen, München 2000 (1998), S. 42/43.
↑Simone Barck, Martina Langermann, Siegfried Lokatis: „Jedes Buch ein Abenteuer“. Zensur-System und literarische Öffentlichkeit in der DDR bis Ende der sechziger Jahre. Akademie Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-05-003118-2, S.108.
↑Günter Hartmann, Gert Walter (Hrsg.): NDPD – Auskünfte zur Zeit von Mitgliedern der NDPD aus vier Jahrzehnten. Verlag der Nation, Berlin 1988.
↑Peter Joachim Lapp: Die Staatsparteien der DDR. In: Andreas Kost, Werner Rellecke, Reinhold Weber (Hrsg.): Parteien in den deutschen Ländern. Geschichte und Gegenwart. Verlag C.H.Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60650-2, S. 49–70 (hier: S. 54).
↑Andreas Malycha: Der Schein der Normalität (1971 bis 1982). In: Informationen zur politischen Bildung. Nr. 312: Geschichte der DDR. Ausgabe 3/2011, Bundeszentrale für politische Bildung, ISSN0046-9408, S. 49–65 (hier: S. 59).
↑Walter Völkel: Nationale Front, Blockparteien, Gesellschaftliche Organisationen. In: Günter Erbe, Gert-Joachim Glaeßner (Hrsg.): Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR – Studientexte für die politische Bildung. 2. Auflage, Westdeutscher Verlag, Opladen 1980, ISBN 3-531-11486-7, S. 112–120, hier: S. 118.
↑Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 2. Rowohlt, Hamburg 1994, s. v. „National-Demokratische Partei Deutschlands“, S. 715.
↑Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 2. Rowohlt, Hamburg 1994, s. v. „National-Demokratische Partei Deutschlands“, S. 717.
↑Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler: So funktionierte die DDR. Band 2. Rowohlt, Hamburg 1994, s. v. „National-Demokratische Partei Deutschlands“, S. 717 f.