Network Time Protocol | |
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Familie: | Internetprotokollfamilie |
Einsatzfeld: | Synchronisierung von Uhren in Computersystemen |
aufbauend auf | UDP/TCP (jeweils Port 123) |
aktuelle Version: | 4[1] (Juni 2010) |
Standard: | RFC 5905[1] |
Das Network Time Protocol (NTP) ist ein Standard, um Endgeräte über das Internet mit einer Uhrzeit zu versorgen. Die Synchronisierung von Echtzeituhren in Computersystemen wird mit paketbasierten Kommunikationsnetzen umgesetzt. NTP kann mit beiden Verbindungsprotokollen der vierten Schicht des OSI-Modells arbeiten. Es ist nötig, damit eine zuverlässige Zeitangabe über Netzwerke mit variabler Paketlaufzeit gesendet werden kann.
Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet NTP sowohl das Protokoll als auch die Software-Referenzimplementierung desselben. Das Simple Network Time Protocol (SNTP) ist eine vereinfachte Version des NTP.
NTP wurde von David L. Mills an der Universität von Delaware entwickelt und 1985 als RFC 958[3] veröffentlicht. Seit der Pensionierung von Mills wird die Referenzimplementierung derzeit als Open-Source-Projekt durch die im Jahr 2011 gegründete Network Time Foundation unter der Leitung von Harlan Stenn gepflegt.[4][5]
Bis zum Tod von Mills wurde das Protokoll und die UNIX-Implementierung unter seiner Leitung ständig weiterentwickelt. Gegenwärtig ist die Protokollversion 4[6] aktuell. Der UDP-Port 123 ist für NTP reserviert.
NTP ist in UNIX-artigen Betriebssystemen in Form des Hintergrundprozesses (daemon) ntpd implementiert, der sowohl das lokale System justieren als auch als Server die Zeit für andere Systeme bereitstellen kann. Windows-Systeme können ebenfalls ohne Zusatzsoftware die genaue Zeit mittels NTP aus dem Internet beziehen (Systemsteuerung „Datum und Uhrzeit“ / „Internetzeit“, oder Kommando w32tm.exe) und nach Bearbeitung eines Eintrags in der Registrierungsdatenbank auch über NTP bereitstellen.[7]
Der UNIX-ntpd synchronisiert die lokale Uhr mit Hilfe von externen Zeitsignalen, die er entweder direkt von einer lokalen Atomuhr (Caesium-Uhr, Rubidium-Oszillator usw.) oder einem lokalen Funkempfänger (zum Beispiel DCF77, GPS, LORAN), oder per NTP von einem NTP-Server erhält. Damit die lokale Uhrzeit nicht nur zu den zyklischen Synchronisationszeitpunkten präzise mit dem externen Signal übereinstimmt, korrigiert der ntpd-Prozess nicht nur die Phase, sondern auch die Frequenz des lokalen Zeitgebers mit Hilfe einer Software-PLL sowie einer Software-FLL. Um den internen Zeitgeber mit Hilfe eines hochpräzisen Sekundensignals noch enger an einen externen Normalzeitempfänger zu koppeln, haben einige UNIX-Varianten (unter anderem Linux und FreeBSD) die oben erwähnte Software-PLL im Kernel implementiert.
Die Zeitstempel im NTP (bis v3) sind 64 Bits lang. 32 Bits kodieren die Sekunden seit dem Beginn einer Ära, wobei Ära 0 am 1. Januar 1900, 00:00:00 Uhr begann, weitere 32 Bits den Sekundenbruchteil. Auf diese Weise lässt sich ein Zeitraum von 232 Sekunden (etwa 136 Jahre) mit einer Auflösung von 2−32 Sekunden (etwa 0,23 Nanosekunden) darstellen. Soweit das Betriebssystem mit einer Genauigkeit von etwa 68 Jahren die grobe Zeit vorgeben kann, genügt theoretisch ein NTP-Zeitstempel, um die exakte Zeit in der richtigen Ära zu erhalten, allerdings wird dies nicht von allen Betriebssystemen korrekt beachtet. Ab NTP v4 kann mit einem 128 Bits umfassenden Zeitstempel auch die Ära übermittelt werden.[1]
NTP nutzt ein hierarchisches System verschiedener Strata (Plural von Stratum). Als Stratum 0 bezeichnet man das Zeitnormal, beispielsweise eine Atomuhr oder eine Funkuhr (Zeitzeichenempfänger via GNSS oder DCF77). Die unmittelbar mit ihm gekoppelten NTP-Server heißen Stratum 1. Jede weitere abhängige Einheit erhält bei der Bezeichnung eine höhere Nummer (Stratum 2, Stratum 3 …).[8] Die NTP-Software auf Stratum 1, Stratum 2, Stratum 3 usw. ist zugleich Client des darüber liegenden Stratums als auch Server des darunter liegenden Stratums, sofern eines existiert.
Die lokale Systemzeit einer Prozessorumgebung variiert mit verschiedenen typischen Fehlerquellen. Dadurch treten mindestens zwei typische Fehler auf:
Beide Zeitfehler werden mit verschiedenen Methoden kompensiert.
Die lokalen Abweichungen infolge der Latenzzeit der stochastisch bestimmten Übertragungswege werden durch Messverfahren der Paketumlaufzeit vom Server (Berkeley-Algorithmus) oder vom Client (Algorithmus von Cristian) kompensiert.
Die kurzzeitigen pseudo-stochastischen Abweichungen der lokalen Systemuhr können nur durch eine bessere weitere Systemuhr (Frequenznormal) und direkten Empfang von Satellitensignalen (GPS) oder von anderen Zeitnormalen (DCF77) kompensiert werden.
NTP benutzt für die interne Fehlerkompensation der Prozessorumgebung den Marzullo-Algorithmus (entwickelt von Keith Marzullo von der Universität San Diego in seiner Dissertation) und auch einen Algorithmus, um Byzantinische Fehler zu behandeln. NTP wird meist mit einer UTC-Zeitskala eingesetzt.
NTP unterstützt Schaltsekunden. Durch die Betrachtung der Schaltsekunden im Protokoll kommt es dazu, dass mit jeder Schaltsekunde (welche jedoch selten vorkommen) eine neue Sekundenskala benutzt wird. Für die Skala der Systemzeit wird jedoch für gewöhnlich die tatsächlich vergangene Zeit seit einem bestimmten Zeitpunkt benutzt, und Schaltsekunden kommen erst bei der Darstellung der Zeit ins Spiel.
NTPv4 kann die lokale Zeit eines Systems über das öffentliche Internet mit einer Genauigkeit von 10 Millisekunden halten, in lokalen Netzwerken sind unter idealen Bedingungen sogar Genauigkeiten von 200 Mikrosekunden und besser möglich. Bei einem hinreichend stabilen lokalen Frequenznormal als Taktgeber (thermostatgesteuerter Quarzoszillator, Rubidium-Oszillator etc.) lässt sich unter Verwendung der Kernel-PLL (siehe oben) der Fehler zwischen Referenzzeitgeber und lokaler Uhr bis in die Größenordnung weniger Mikrosekunden reduzieren.
Das Simple Network Time Protocol (SNTP) ist eine vereinfachte Version des NTP. Ursprünglich als eigenständiger Standard beginnend mit RFC 1361[9] bis RFC 4330,[10] ist es seit Juni 2010 in der NTP Version 4 integriert als kleines Unterkapitel im RFC 5905.[1]
Der Aufbau des Protokolls ist mit dem von NTP identisch. SNTP-Clients können damit die Zeit auch von NTP-Servern beziehen. Der wesentliche Unterschied liegt in den verwendeten Algorithmen zur Zeitsynchronisation. Während bei NTP die Zeitsynchronisation in der Regel mit mehreren Zeitservern erfolgt, wird bei SNTP nur ein Zeitserver verwendet. SNTP verzichtet auch auf die Beeinflussung von Phase und Frequenz des lokalen Zeitgebers.[11] SNTP kann daher nicht dieselbe Genauigkeit wie NTP liefern. Aufgrund der einfacheren Algorithmen benötigt SNTP weniger Rechenressourcen.[12]
Ältere Windows-Versionen wie Windows 2000 verwenden SNTP, um die Uhrzeit auf dem lokalen Computer aktuell zu halten. Dies wird durch den Windows-Service W32Time übernommen. In Windows XP und Windows Server 2003 wurde die Dynamic-Link-Library W32Time.dll überarbeitet, so dass nun NTP zur Zeitsynchronisation verwendet wird.
Da Microsoft das Verfahren zur Zeitsynchronisation erst mit Windows 2000 einführte, haben einige Softwarehersteller eigenständige Programme zur Zeitsynchronisation unter Windows entwickelt. Moderne Authentifizierungssysteme (wie Kerberos), die in Windows 2000 und neueren Versionen verwendet werden, benötigen zur Erhöhung der Sicherheit Zeitstempel, daher ergibt sich auch hier ein Anwendungsfall für NTP.
Neben der Referenz-NTP-Software (ntpd), die auf der NTP-Website für diverse Betriebssysteme erhältlich ist, bieten eine Reihe von Herstellern fertige Standalone-Lösungen an, die als NTP-Zeitquelle in Computernetzwerken jeder Größe Verwendung finden können.
Einige tausend NTP-Server haben einen NTP-Pool gebildet.
In den deutschsprachigen Ländern gibt es folgende hauptsächlich verwendete öffentliche NTP-Server:
Land | Pool-Server | amtliche Metrologie |
---|---|---|
Deutschland | de.pool.ntp.org | ptbtime1.ptb.de |
Österreich | at.pool.ntp.org | time.metrologie.at |
Schweiz | ch.pool.ntp.org | ntp.metas.ch |
Liechtenstein | li.pool.ntp.org | ntp.metas.ch |
Das Precision Time Protocol (PTP) ist ein Netzwerkprotokoll, das die Synchronität der Uhrzeiteinstellungen mehrerer Geräte in einem Rechnernetzwerk bewirkt. Anders als beim Network Time Protocol (NTP) strebt PTP höchste Genauigkeit (Nano- bzw. Pikosekunden)[13] in lokal begrenzten Netzen an. Damit ist in Hardware-Ausführung eine Genauigkeit von Nanosekunden und als Software unter einer Mikrosekunde möglich. PTP ist definiert in der IEEE 1588 und in IEC 61588 übernommen worden.
Network Time Security (NTS) ist ein Netzwerkprotokoll zur kryptographischen Absicherung von NTP. NTS wurde von der Internet Engineering Task Force (IETF) unter Mitarbeit von Akamai, Netnod und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) entwickelt und am 1. Oktober 2020 im RFC 8915[14] veröffentlicht. Es orientiert sich an den im RFC 7384[15] genannten Sicherheitsanforderungen. Insbesondere gewährleistet NTS Authentifizierbarkeit der Zeitserver, Integrität und Authentizität von NTP-Paketen sowie Skalierbarkeit. Die Genauigkeit der Uhrensynchronisation soll trotz des zusätzlichen Overheads von NTS nicht nachteilig beeinflusst werden. Der Schlüsselaustausch basiert auf TLS 1.3 (RFC 8446[16]) und erfolgt standardmäßig über den TCP-Port 4460.[17][18][19]
Beispiele für öffentlich erreichbare NTP-Server, die NTS unterstützen, sind:[20]
Im Jahre 2004 präsentierte Henning Brauer die NTP Implementierung OpenNTPD, welche einen Fokus auf Sicherheit legt. Das Protokoll ist kompatibel zu bestehenden NTP-Servern. Ursprünglich ist es für OpenBSD geschrieben worden, ist jedoch mittlerweile auch als portable Version und als Paket in der Linux-Paketverwaltung verfügbar. OpenNTPD steht in der Kritik, nicht dieselbe Genauigkeit zu bieten wie NTP. Die Abweichungen können hierbei 50–200 ms betragen, OpenBSD bestätigt dies, da es nicht zu den Designzielen gehörte hoch präzise zu sein.[25]
Das NTPD-Programm dient als Zeitserver, Zeitclient und deckt viele weitere Funktionen ab. Da der Quelltext der NTP-Referenzimplementierung mit über 300.000 Zeilen sehr umfangreich ist, fördert die Linux Foundation mit dem Projekt Ntimed von FreeBSD-Entwickler Poul-Henning Kamp eine Modularisierung. Der Client-Quelltext umfasst ca. 3700 Zeilen. Slave-Server, Refclocks und Protokolle wie PTP werden bei Interesse am Projekt ergänzt.[26]
NTPsec ist ein Fork des originalen NTPD-Projekts mit dem Ziel, das Programm durch verschiedene Maßnahmen sicherer zu machen. So wurde die Codebasis aktuellen Standards angepasst und konnte u. a. dadurch von 253k auf 62k Zeilen Quellcode reduziert werden.[27][28] Die erste stabile 1.0 Version wurde am 10. Oktober 2017 veröffentlicht.[29]
Mit gefälschten NTP-Antworten kann der Schutz des HTTP-Strict-Transport-Security-Protokolls (HSTS) von HTTPS umgangen werden. Zudem werden NTP-Server mitunter für Reflection-Angriffe missbraucht, da NTP das verbindungslose UDP verwendet. Wenn Angreifer Pakete mit gefälschter Absenderadresse an einen NTP-Server leiten, landet die Antwort beim Opfer. Ist die Antwort größer als die Anfrage, kann man damit Denial-of-Service-Angriffe verstärken. Diese und weitere Probleme umgeht das später entstandene TLS-Protokoll, da es ebenfalls Zeitangaben überträgt. Mit dem von Jacob Appelbaum entwickelten Programm tlsdate übernimmt das TLS-Protokoll auch die Funktion des NTP-Protokolls.[30] Ein Nachteil von tlsdate ist seine recht große Ungenauigkeit von maximal ±1 Sekunde, zuzüglich der Netzwerklatenz. Primär resultiert die relativ große Ungenauigkeit aus der bei TLS 1.2 bestehenden Zeitstempelauflösung von einer Sekunde.[31] Ab der TLS-Version 1.3 fällt die bisher über TLS übertragene Zeit weg. tlsdate ist somit in der vorliegenden Version keine dauerhafte Problemlösung.[31]
Chrony ist eine eigenständige Implementierung von NTP und NTS und wird unter GPLv2 veröffentlicht.[32]
NTP ist als Request for Comments (RFC) standardisiert:
Ergänzungen:
Spezifische Anwendung-RFC: