Unter Nikodemismus versteht man die bloß vorgespielte Zugehörigkeit zum Katholizismus oder einer anderen Amtskirche zu Zeiten der Reformation.[1]
Der Begriff geht auf die biblische Person des pharisäischen Juden und Mitglied der Sanhedrin namens Nikodemus zurück, der Jesus Christus in der Nacht besucht haben soll, um mit ihm zu reden und seine Lehre hören zu können, ohne von seinen eigenen Leuten erkannt zu werden.[2]
Der Genfer Reformator Johannes Calvin richtete sich in einem seiner Traktate 1543 gegen diejenigen evangelischen Christen, die ihren Glauben im Verborgenen ausüben und gleichzeitig zur katholischen Messe gehen würden, so als könnte man äußerlichen Kult von innerer Überzeugung trennen. Diese Art Christen bezeichnete er ablehnend und abschätzig als „Nikodemiten“, weil sie aus Angst, Feigheit, Gleichgültigkeit, Gewinnsucht oder Geltungsdrang heuchlerisch handeln würden. Aus Glaubensgründen und aus Solidarität mit den Verfolgten anerkannte er als aufrichtige Lösungen nur das Martyrium oder das Exil.[3][4][5]
Im Dorf Arth, das im katholischen Kanton Schwyz in der Schweiz liegt, gab es seit 1520 dank dem evangelisch gesinnten Pfarrer Balthasar Trachsel Anhänger der Reformation, namentlich ist die Familie von Hospenthal bekannt. Sie konnten bis 1655 als Nikodemiten oder Kryptoprotestanten existieren und wurden auch Hummeln genannt. Nachts fanden in Privathäusern heimliche evangelische Wortgottesdienste mit Abendmahl statt. Wegen politischen Unsicherheiten und nach Bauernaufständen wurde danach nur noch die katholische Religion akzeptiert. Nun waren sie gezwungen, zu fliehen oder abzuschwören. 37 Evangelische flohen nach Zürich, etwa 25 wurden verhaftet, vier Personen blieben standhaft und wurden hingerichtet. Das provozierte das reformierte Zürich und führte 1656 zum ersten Villmergerkrieg.[6][7]