OMIKE (ungarisch für Országos Magyar Izraelita Közművelődési Egyesület „Nationaler ungarisch-israelitischer Bildungsverein“) war ein von 1910 bis 1944 bestehender ungarischerVerein zur Aufrechterhaltung und Förderung jüdischer Kultur in Ungarn.
OMIKE wurde 1910 vom BudapesterOberrabbiner, Simon Hevesi, mit dem Ziel gegründet, die traditionellen Werte des Judentums an säkularisierte Juden zu vermitteln. OMIKE unterhielt in ungarischen Städten verschiedene kulturelle und soziale Angebote, wie z. B. Mensen für auswärtige Studenten, Bibliotheken und Wohnheime für Lehrlinge und Studenten, und veranstaltete Sommerlager und Vortragsabende. Ab 1939 wurden Schauspieler, Sänger und andere Künstler, die ihren Beruf aufgrund der Juden diskriminierenden Gesetze der deutschlandnahen ungarischen Regierung nicht mehr ausüben konnten, unterstützt.[1]
Mit den Judengesetzen seit 1938 wurde das jüdische kulturelle Leben gewaltsam isoliert[2] und war nur noch in den Synagogen, im Goldmark-Saal, im Jüdischen Museum und in den kleineren kulturellen Einrichtungen gestattet. Jüdische Autoren durften nur noch in jüdischen Verlagen verlegt werden, sie durften nur noch in jüdischen Zeitungen schreiben. In der ungarischen Gesellschaft regte sich kein Widerstand, weil die Maßnahmen dem grassierenden Antisemitismus entsprachen. Die intellektuelle Ghettoisierung war bereits vollzogen, bevor später die räumliche Ghettoisierung angeordnet wurde.
Ergänzend zu den Judengesetzen wurde vom Innenminister Ferenc Keresztes-Fischer am 12. September 1938 dem OMIKE gestattet, seine Aktivitäten auszudehnen. In der Goldmark-Halle fanden zunächst Theater-Aufführungen und Lesungen, im OMIKE-Kammertheater Musikaufführungen und im Kulturhaus am Bethlen-Platz Varieté und Dichterlesungen statt, anfänglich dreimal wöchentlich, Samstag, Sonntag und Dienstag, ab 1942 auch am Donnerstag. Für die Veranstaltungen wurde ein Abonnenten-System eingerichtet, für einige Veranstaltungen konnten Sponsoren gewonnen werden.
Auch der später in Auschwitz umgebrachte ClownZoltán Hirsch hatte hier noch Auftritte.
Der Herausgeber des Nyugat-Nachfolgers „Magyar Csillag“ Gyula Illyés druckte trotz des Verbots Gedichte von Szilárd Darvas (1909–1961) und Zoltán Zelk (1906–1981).
Als die jüdischen Schauspieler nicht mehr im Theater auftreten durften, kam aus Kreisen der Ungarischen Staatsoper der Gedanke, eigene Vorstellungen im Goldmarksaal der Jüdischen Gemeinde zu geben. Der Präsident der Gemeinde, Dr. Ribári, holte dafür die Genehmigungen ein, an den Vorstellungen sollten nur jüdische Künstler mitwirken.
Die letzte Inszenierung, eine Komödie Molières, wurde nicht mehr gegeben, weil deutsche Soldaten während der Hauptprobe eindrangen und das Theater in Szeged schlossen.[4] Das war das Ende der vierjährigen Theaterarbeit von OMIKE.[5]
László Bánóczi war Direktor des Theaters von OMIKE
Oszkár Beregi (1876, Budapest – 1965 Hollywood) Schauspieler, Direktor. Während der Jahre 1940–1944 war er Hauptdirektor des OMIKE-Theaters. In 1944 konnte er sich mit Hilfe seines Schwagers, des bedeutenden Sängers Koloman von Pataky, verbergen.
László Weiner (1916 Szombathely – 1944 Lukov) Komponist, Pianist, Dirigent. Studierte bei Kodály an der Akademie. In 1942 heirateten er und Vera Rózsa. Er wurde 1943 deportiert. Auch Kodály konnte ihn nicht retten.[6]
Vera Rózsa (1917, Budapest – 2010). Studierte an der Akademie als Dirigentin und später als Sängerin. Das erste Mal ist sie 1943 bei OMIKE aufgetreten. Sie sang in Händels Judas Maccabaeus und den Cherubino in MozartsLe nozze di Figaro. Sie hat Rettung gefunden in der Schwedischen Botschaft mit Hilfe von Raoul Wallenberg, hat aber hat ihren Mann verloren. Nach der Befreiung sang sie an der Ungarischen Staatsoper und der Wiener Staatsoper
Gabriella Relle (1902, Budapest – 1975) 1924–29 Solistin der Ungarischen Staatsoper, sie war in den dreißiger Jahren an der Berlin Staatsoper aufgetreten. Sie sang über 40 Rollen.
Manci Herendi (1930 Budapest – ) Schauspielerin. Nach dem Krieg hat sie Hauptrollen gespielt in verschiedenen Städten in Ungarn.
Dezső Ernster, Bassist. Hatte in Deutschland großen Erfolg gehabt. Als die Nazis die Macht ergriffen, ist er nach Ungarn zurückgekehrt. Hat beim OMIKE oft gesungen. 1944 wurde er verhaftet und in ein Lager gebracht, er war aber unter den 1.684 Juden, die durch Initiative von Rudolf Kasztner in die Schweiz gerettet wurden. Nach dem Krieg sang Ernster in Budapest und in verschiedenen Theatern des Auslands.
Moshe Schwimmer (1918, Ukraine – 2003), Kantor. Schwimmer studierte in Brünn und sang dort im Chor des Konservatoriums und flüchtete vor den Nazis nach Budapest. Er gab Konzerte, bis er in ein Lager gebracht wurde. Nach der Befreiung trat er in Europa auf und wanderte später aus nach Chicago, wo er als Kantor im Ezra Tempel für 30 Jahre wirkte.
Béla Lénárd (1892, Wien – 1960, Budapest), Schauspieler. In den zwanziger Jahren hat er in verschiedenen Komödien gespielt und ein Kabarett gegründet. Zwischen 1940 und 1944 ist er bei OMIKE aufgetreten. Nach dem Krieg hat er seine Theaterkarriere fortgesetzt.
Imre Ámos Ungár (1907, Nagykálló – 1943 Ohrdruf) Grafiker. In dem Arbeitslager hat viele Zeichnungen vorbereitet die in dem OMIKE ausgestellt wurden. Später war er wieder verhaftet und nach Ukraine geschickt. Auch dort hat er weiter gezeichnet und auch Poesie geschrieben. Im Jahre 1943, haben ihn die Deutschen gezwungen, nach Westen zu marschieren. Während des Marsches ist er in einem nicht bekannten Ort gestorben. <die Märsche waren 1944/45>
Ilka Gedő (1921, Budapest – 1985, Budapest) Malerin und Graphikerin. Sie nahm 1940 an der zweiten und 1943 an der fünften OMIKE-Ausstellung teil.[7] 1944 zeichnete sie in dem Budapester Ghetto eine große Reihe von Zeichnungen.
Kinga Frojimovics, Géza Komoróczy u. a.: Jewish Budapest : monuments, rites, history. (= Atlantic studies on society in change, 101). Central Europ. Univ. Press, Budapest 1999, ISBN 963-9116-38-6.
Magda Horák (Hrsg.): "Ősi hittel, becsülettel a hazáért!" : OMIKE ; Országos Magyar Izraelita Közművelődési Egyesület 1909–1944. Háttér, Budapest 1998, ISBN 963-8128-46-1.
Judit Hasznos, Erika Garics: Száz éves az OMIKE 1998. Remény Folyóírság 2009 tavaszi számja. (remeny.org)
R. Füzesi: Színház az árnyékban. 1991. (mek.niif.hu)
Yehuda Don: The Economic Effect of Antisemitic Discrimination: Hungarian Anti-Jewish Legislation. 1938–1944. In: Michael R. Marrus: The Nazi Holocaust : historical articles of the destruction of European Jews, Band 4: The "Final Solution" outside Germany. Vol. 2, Meckler, Westport 1989, ISBN 3-598-21556-8, S. 504–523.
Katalin S. Nagy: Emlékkavicsok-- A holocaust a magyar képzőművészetben (1938–1945). Glória Kiadó, Budapest 2006, ISBN 963-9283-99-1. (Gedenksteine, der Holocaust in der ungarischen bildenden Kunst)
Frederick Bondy: The Writers, Artists, Singers, and Musicians of the National Hungarian Jewish Cultural Association (OMIKE), 1939–1944. Purdue University Press, West Lafayette, Indiana 2017, ISBN 978-1-55753-764-5.