Der Obersächsische Reichskreis umfasste Territorien in Mittel- und Nordostdeutschland. Er bestand vom Anfang des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1806. Er diente zur Koordination gemeinsamer Angelegenheiten der beteiligten Reichsstände und hatte zum Beispiel Kompetenzen im Münzwesen. Er hatte die Abführung der Reichshilfen zu besorgen und die Stellung von Truppen für den Kaiser gemäß den Beschlüssen des Reichstages zu organisieren.
Kreisausschreibender Fürst des obersächsischen Reichskreises war der Kurfürst von Sachsen. Das heißt, er hatte die Tagungen der Mitglieder oder ihrer Gesandten zu organisieren, die über die Regelung von Angelegenheiten gemeinsamen Interesses berieten. Veranstaltungsort der Kreistage war in der Regel Leipzig, aber auch Frankfurt (Oder) und Jüterbog. Nach dem Westfälischen Frieden verschoben sich die Gewichte immer stärker zugunsten der großen obersächsischen Stände Kursachsen und Kurbrandenburg. Aufgrund einer ausgeprägten Rivalität zwischen Sachsen und Brandenburg wurde das innere Gefüge des Kreises nachhaltig gestört, so dass – 120 Jahre vor dem offiziellen Ende des Heiligen Römischen Reiches und der Reichskreise – bereits 1683 der letzte obersächsische Kreistag stattfand.
Herrschaften der Grafen von Schönburg (Schönburgische Rezessherrschaften): die vormals angeblich reichsfreien (reichsunmittelbaren) Herrschaften und später – aber vor 1543 – böhmischen Reichsafterlehen Waldenburg/Sachsen, Glauchau und Lichtenstein/Sachsen, wobei Hartenstein und Stein nach Stellungnahmen der Grafen Schönburg an die Reichskanzlei von 1724 und 1734 darauf aufmerksam machten, dass es sich bei Hartenstein um ein markgräflich sächsisches Lehen handele und dieses demnach irrtümlich im Grafendiplom von 1700 aufgeführt worden sei. Als Mitglieder des obersächsischen Reichskreises und des Wetterauer Grafenvereins 1656 hätten die drei erstgenannten Herrschaften fast souveräne Reichsstände sein müssen. Sie haben aber im 17. Jh. schon verschiedentlich die sächsische Territorialhoheit anerkannt und deshalb ist diese Souveränität stets auch angezweifelt worden; mit dem „Rezess“ (Vergleich) mit dem sächsischen Kurfürsten von 1740 haben sie indessen seine Oberhoheit anerkannt und somit ihre Teil-Souveränität auch deshalb formell eingebüßt. Daher kann auch die 1790 in Frankfurt erfolgte Fürstung von Schönburg-Waldenburg und Schönburg-Hartenstein nur ein Titularfürstentum ohne Reichstandschaft bedeuten. Im 19. Jahrhundert wurden sie dennoch als Standesherren anerkannt.
Herrschaft Ruppin gehörte gemäß der Reichsmatrikel von 1521 ebenfalls zum Obersächsischen Reichskreis, stand zu diesem Zeitpunkt aber wahrscheinlich bereits unter der Oberlehnshoheit der Markgrafen von Brandenburg, die die Herrschaft 1524 schließlich einzogen.
Hernach volgend die zehen Krayß. Augsburg [1532], S. 14 (Volltext [Wikisource] – Digitalisierung eines Verzeichnisses der Reichskreise und der zugehörigen Territorien mit Angabe der für die Türkenhilfe zu entsendenden Truppen).
Karlheinz Blaschke: Der Obersächsische Reichskreis. In: Peter Claus Hartmann (Hrsg.): Regionen in der frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit. Ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung (= Zeitschrift für Historische Forschung. Beiheft 17) Berlin 1994.
Winfried Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des alten Reiches und ihr Eigenleben. 1500–1806. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1989, ISBN 3-534-04139-9.
Winfried Dotzauer: Die deutschen Reichskreise (1383–1806). Geschichte und Aktenedition. Steiner, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-07146-6 (books.google.de Leseprobe).
Thomas Nicklas: Macht oder Recht. Frühneuzeitliche Politik im obersächsischen Reichskreis. Stuttgart, 2002 (Zugl. Erlangen-Nürnberg, Univ., Habil.-Schrift, 2001)