Ostrau (Jahnatal)

Ostrau
Gemeinde Jahnatal
Wappen von Ostrau
Koordinaten: 51° 12′ N, 13° 10′ OKoordinaten: 51° 12′ 0″ N, 13° 10′ 0″ O
Höhe: 171 m
Fläche: 52,7 km²
Einwohner: 3500 (31. Dez. 2021)
Bevölkerungsdichte: 66 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2023
Eingemeindet nach: Jahnatal
Postleitzahl: 04749
Vorwahl: 034324, 034362
Karte
Lage der ehemaligen Gemeinde Ostrau im Landkreis Mittelsachsen

Ostrau ist seit dem 1. Januar 2023 ein Ortsteil der Gemeinde Jahnatal im Norden des Landkreises Mittelsachsen. Davor war es eine selbstständige Gemeinde mit 25 Ortsteilen.

Der Ort liegt ca. 10 km nordöstlich der Stadt Döbeln und ca. 15 km südwestlich von Riesa, im Tal des kleinen Flusses Jahna und den umliegenden Höhenrücken im Nordwesten der Lommatzscher Pflege.

Kirche im Ortsteil Zschochau
Trinitatiskirche Ostrau

Ostrau wird als Ostrowa (aus dem sorbischen Ort in der Aue oder der Ort am Werder oder der Ort zwischen den zwei Flüssen, vgl. tschechisch ostrov, „Insel“) erstmals in einer Schenkungsurkunde des Klosters Altzella erwähnt.

Um 1190 erhielt „Ostrowa“ ein Vorwerk, woraus das Klostergut und spätere Brauschenkengut hervorging. Später entwickelte sich daraus die Gaststätte „Wilder Mann“. Nach der Säkularisation des Klosters Altzella kamen Ostrau, Gohris (anteilig), Münchhof, Trebanitz und Niederlützschera als Exklaven zum Nossener, später zum Mügelner Amt.[1]

In Ostrau wurde 1689 eine Hexenverfolgung durchgeführt. Anna Maria, Witwe vom Drescher Nicol Braune, geriet in einen Hexenprozess und wurde verbrannt. Dies war das letzte bekannte vollstreckte Todesurteil mit Feuer für Zauberei in Kursachsen.[2] Im nahen Sömnitz kamen 1644 Hans Roßberg und seine Frau in einen Hexenprozess.[3]

Durch die Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie Großbauchlitz–Riesa 1847 erhielt Ostrau einen Bahnhof.

Im Jahr 1939 erhielt Ostrau ein Wappen, das in der gleichen Form noch heute existiert. Es enthält einen Kalkofen, der von Weizenähren eingerahmt wird. Es weist auf den Dolomitabbau, den einzigen Industriezweig hin, den Ostrau hat. Hier gibt es eine anhaltende Tradition der Graukalkerzeugung.

Die örtliche Apotheke entstand 1867.

Eingemeindungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu umfangreichen Eingemeindungen:

Ehemalige Gemeinde Datum Anmerkung
Auerschütz[4] 1. Januar 1993
Beutig[5] vor 1880 Eingemeindung nach Trebanitz
Binnewitz[6][7] 1. Juli 1950 Eingemeindung nach Jahna
Clanzschwitz[5] 1. Oktober 1937 Eingemeindung nach Pulsitz
Däbritz[5] vor 1880 Eingemeindung nach Schrebitz
Delmschütz[5] vor 1880 Eingemeindung nach Auerschütz
Döhlen[5] vor 1880 Eingemeindung nach Görlitz
Gaschütz[5][6][7] vor 1880
1. Juli 1950
Eingemeindung nach Sömnitz,
Umgliederung nach Auerschütz
Görlitz[5] 1. April 1936 Eingemeindung nach Schrebitz
Gohris[5] vor 1880
Goldhausen[5] vor 1880 Eingemeindung nach Jahna
Jahna[6] 15. September 1961 Zusammenschluss mit Pulsitz zu Jahna-Pulsitz
Jahna-Pulsitz[4] 1. Januar 1994
Kattnitz[6][7] 1. Juli 1950 Eingemeindung nach Noschkowitz
Kiebitz[4] 1. Januar 1999
Lützschera[5] 1. April 1938 Eingemeindung nach Auerschütz
Merschütz[5] vor 1880 Eingemeindung nach Oberwutzschwitz
Münchhof[5] vor 1880 Eingemeindung nach Trebanitz
Niederlützschera[5] vor 1880 Zusammenschluss mit Oberlützschera zu Lützschera
Niedersteina[5] vor 1880 Eingemeindung nach Oberwutzschwitz
Niederwutzschwitz[5] vor 1880 Eingemeindung nach Oberwutzschwitz
Noschkowitz[4] 1. Januar 1999
Oberlützschera[5] vor 1880 Zusammenschluss mit Niederlützschera zu Lützschera
Obersteina[6][7] 1. Juli 1950 Eingemeindung nach Kiebitz
Oberwutzschwitz[5] 19. September 1919 Umbenennung in Wutzschwitz
Pulsitz[6] 15. September 1961 Zusammenschluss mit Jahna zu Jahna-Pulsitz
Rittmitz[6] 1. Januar 1973 Eingemeindung nach Noschkowitz
Schlagwitz[5] vor 1880 Eingemeindung nach Rittmitz
Schmorren[5] 1. Oktober 1937 Eingemeindung nach Pulsitz
Schrebitz[4] 1. Januar 1999
Sömnitz[6][7] 1. Juli 1950 Eingemeindung nach Schrebitz
Töllschütz[5] 1. April 1938 Eingemeindung nach Kiebitz
Trebanitz[6][7] 1. Juli 1950
Wutzschwitz[6][7] 1. Juli 1950
Zschochau[6] 1. April 1968

Damit bestand die Großgemeinde Ostrau ab 1999 mit einer Fläche von 52,7 km² aus folgenden 25 Ortsteilen:

  • Auerschütz
  • Beutig
  • Binnewitz
  • Clanzschwitz
  • Delmschütz
  • Döhlen
  • Jahna
  • Kattnitz
  • Kiebitz
  • Merschütz
  • Münchhof
  • Niederlützschera
  • Noschkowitz
  • Oberlützschera
  • Obersteina
  • Ostrau
  • Pulsitz
  • Rittmitz
  • Schlagwitz
  • Schmorren

Sie war Sitz der Verwaltungsgemeinschaft Ostrau. Zum 1. Januar 2023 schlossen sich Ostrau und Zschaitz-Ottewig zur neuen Gemeinde Jahnatal zusammen. Ostrau wurde damit zu einem von 37 Ortsteilen, die Verwaltungsgemeinschaft wurde aufgelöst.

Entwicklung der Einwohnerzahl

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Stichtag: 31. Dezember):

Jahr Einwohner
1998 4771
2000 4636
2002 4477
Jahr Einwohner
2004 4409
2006 4273
2008 4166
Jahr Einwohner
2010 4010
2012 3840
2014 3698
Jahr Einwohner
2016 3608
2018 3580
2021 3500

Politik der Gemeinde Ostrau

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gemeinderatswahl 2019[8]
Wahlbeteiligung: 59,1 % (2014: 48,5 %)
 %
60
50
40
30
20
10
0
54,3 %
(+14,1 %p)
20,7 %
(−8,4 %p)
19,4 %
(−4,8 %p)
3,0 %
(n. k. %p)
2,6 %
(−0,7 %p)
2014

2019

Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
a Freie n.m.org.Wählervereinigung

Seit der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 verteilten sich die 18 Sitze im Gemeinderat folgendermaßen auf die einzelnen Gruppierungen:[9]

Bei der Wahl am 10. Februar 2019 wurde Dirk Schilling (CDU) mit 97 % der abgegebenen Stimmen für eine zweite siebenjährige Amtszeit als Bürgermeister bestätigt, die letzte Amtszeit in der Gemeinde Ostrau. Seine Vorgängerin Gisela Reibig (parteilos) amtierte bis 2012.

letzte Bürgermeisterwahlen
Wahl Bürgermeister Vorschlag Wahlergebnis (in %)
Auflösung (siehe Jahnatal)
2019 Dirk Schilling CDU 97,8
2012 59,4
2005 Gisela Reibig Reibig 63,1

Kultur und Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Trinitatiskirche Ostrau, erbaut 1903
  • Kalköfen am Kalkgrund und am Ostrauer Bahnhof
  • Plattendolomitwand

Wirtschaft und Infrastruktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kiebitz (Ostrau): Rittergut, links das Herrenhaus

Die Wirtschaft des Ortes ist jahrhundertelang durch den Abbau von Kalk geprägt worden, dessen Tagebaurestlöcher und einzelne historische Produktionsanlagen noch erkennbar sind. Von einem Betrieb wird dieses Gestein gegenwärtig gewonnen.[10]

Vorkommende Lössböden in der Lommatzscher Pflege boten der Landwirtschaft gute Bedingungen, in der bis zur politischen Wende 1990 viele Einwohner beschäftigt waren. Zu DDR-Zeiten wurde in Ostrau eine überregional bedeutende Milchviehanlage errichtet. Diese gehört heute zur Ostrauer Agrar AG.

Im Oktober 1990 erfolgte der erste Spatenstich für das neue Gewerbegebiet in Ostrau, im Jahr 1991 erfolgten die ersten Ansiedlungen, mittlerweile sind 59 Firmen dort vertreten.

Bahnhof Ostrau, Empfangsgebäude (2022)

Durch das Ortsgebiet führt die Bundesstraße 169. Ostrau ist auch über die Bundesautobahn 14, Anschluss Döbeln-Nord (etwa fünf Kilometer), zu erreichen. Der Ort besitzt einen Bahnhof an der Bahnstrecke Riesa–Chemnitz, der von Elsterwerda und Chemnitz aus mit stündlich verkehrenden Regionalbahnen bedient wird.

Persönlichkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Clemens Fleischer: Geschichtliche Nachrichten von Rittmitz. Eine Festschrift zur 400jährigen Jubelfeier der Begründung kirchlicher Verhältnisse in Rittmitz am 19. September 1880. Dresden 1880 (Digitalisat)
  • Gisela Reibig, Elvira Sprößig: Ostrau im Jahna-Tal. Geiger Verlag, Horb am Neckar 1996, ISBN 3-89570-129-7.
Commons: Ostrau – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen
  2. Manfred Wilde: Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen, Köln, Weimar, Wien 2003, S. 482
  3. Manfred Wilde: Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen, Köln, Weimar, Wien 2003, S. 550.
  4. a b c d e Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen: Gebietsänderungen
  5. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Das Sachsenbuch, Kommunal-Verlag Sachsen KG, Dresden, 1943
  6. a b c d e f g h i j k Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder).
  7. a b c d e f g Verzeichnisse der seit Mai 1945 eingemeindeten Gemeinden und Nachweis über die Aufgliederung der selbständigen Gutsbezirke und Staatsforstreviere, 1952, Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Sachsen
  8. Gemeinderatswahl 2019, Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen
  9. Gemeindevertretungen. Gemeinde Ostrau, abgerufen am 18. September 2016.
  10. Ostrauer Kalkwerke GmbH. auf www.ostrauer-kalkwerke.de