Ein Pareto-Optimum (auch Pareto-effizienter Zustand) ist ein (bestmöglicher) Zustand, in dem es nicht möglich ist, eine (Ziel-)Eigenschaft zu verbessern, ohne zugleich eine andere verschlechtern zu müssen, siehe Zielkonflikt.
Das Pareto-Optimum ist nach dem Ökonomen und Soziologen Vilfredo Pareto benannt.
Die Menge aller Pareto-Optima heißt auch Pareto-Menge (auch Pareto-Front). Das Pareto-Kriterium ist die Beurteilung, ob ein Zustand sich durch die Veränderung eines Zielwerts verbessert (Pareto-Superiorität), ohne auch nur einen anderen Zielwert verschlechtern zu müssen. Vilfredo Pareto bezog sich ursprünglich nicht auf Zielwerte/Eigenschaften/Kriterien (mitunter auch „Merkmale“ genannt), sondern auf Individuen. In Bezug auf Individuen kennzeichnet ein Pareto-optimaler (Pareto-effizienter) Zustand einen Zustand, bei dem es keine Möglichkeit gibt, ein Individuum besser zu stellen, ohne gleichzeitig ein anderes schlechter zu stellen.
Das Lösen des Problems, Pareto-Optima zu finden, heißt Pareto-Optimierung. Pareto-optimale Strategien maximieren in kooperativen Spielen den Allgemeinnutzen.
Liegen mehrere Teilziele (mit ) vor, welche zu einer vektorwertigen Zielfunktion zusammengefasst werden, so ist es im Allgemeinen nicht mehr möglich genau ein Optimum zu finden. Dies liegt daran, dass für keine totale Ordnungsrelation existiert, welche bei der Mehrzieloptimierung keines der Ziele bevorzugt[1]. Daher können verschiedene Lösungen unvergleichbar sein.[2]: Sprich es gibt keine totale Ordnungsrelation, welche den Vergleich leisten könnte. Lediglich die Pareto-Ordnung kann betrachtet werden: Betrachtet man ein vektorwertiges Minimierungsproblem, dann ist das -Tupel ein Pareto-Optimum (hier: Minimum) einer Menge von -Tupeln, wenn es in kein anderes -Tupel gibt, das in allen Parametern mindestens so gut ist und in einem echt besser. Das heißt es gelte für alle -Tupel in und für alle :
Anders ausgedrückt: paretodominiert genau dann, wenn[3]:
Man schreibt dann , wobei die Pareto-Ordnung ist. Dies bedeutet dass in keinem Ziel schlechter als ist, aber in mindestens einem Ziel besser (da kleiner) ist. Die Pareto-Ordnung ist eine partielle Ordnung.
Sei[3] , dann definiert das eine Präordnung im Suchraum und wir sagen paretodomniert die Alternative und wir schreiben .
Gegeben seien beliebige Mengen und die dazugehörige Indexmenge, wobei gelte. Ferner sei nun eine Menge von -Tupeln. Für die einzelnen Elemente zweier beliebiger -Tupel sei eine Totalordnung durch die Relation gegeben. Mit dem Index und den jeweils -ten Tupelelementen und bedeute dies formal, dass eine wahre Aussage sei. Zudem existieren mindestens zwei solcher Tupelelemente in ganz , sodass diese einer strengen Totalordnung durch die Relation unterliegen. Das heißt, sie genügen der obigen Totalordnung, dürfen jedoch nicht gleich sein. Sind all diese Forderungen erfüllt und alle Elemente wie oben beschrieben gewählt, so lässt sich nun mittels der Prädikatenlogik erster Stufe folgende Definition machen:
ist Pareto-Optimum .
Dabei ist zu beachten, dass in obiger Definition lediglich die Existenz der natürlichen Zahlen und die Definition von Gleichheit ohne weitere Erläuterungen als gegeben angenommen wurden. Diese Formulierung ist lediglich als Ergänzung zu der obigen Beschreibung in der Einleitung zu betrachten, da sie gegenüber dieser weniger Annahmen als implizit wahr voraussetzt. Die Betonung der Beliebigkeit der Mengen Eingangs verdeutlicht zudem, dass sich dieses Konzept nicht notwendigerweise auf den Gebrauch von Zahlen beschränken muss. Sollen beispielsweise in einem Experiment der Sozialwissenschaften die Empfindungen einzelner Probanden als Faktoren mit berücksichtigt werden, diese lassen sich jedoch quantitativ nicht genau beziffern, so kann es dennoch dazu kommen, dass sich ein Pareto-Optimum finden lässt. Einzige Bedingung wäre hierbei, dass sich diese Empfindungen untereinander vergleichend einordnen lassen.
Da keine eindeutig beste Lösung definiert ist, bestimmt man eine Menge von Lösungen des Optimierungsproblems, bei der eine Verbesserung eines Zielfunktionswertes nur noch durch Verschlechterung eines anderen erreicht werden kann, also die Menge optimaler Kompromisse. Diese Lösungsmenge bezeichnet man als Pareto-Menge oder Pareto-Optimum des zugrunde liegenden Paretooptimierungsproblems. Die Elemente der Pareto-Menge sind „pareto-optimal“. Es ist zu beachten, dass die Pareto-Menge im Allgemeinen nicht vollständig durch die Variation von Gewichtungsfaktoren in der skalarisierten Zielfunktion bestimmt werden kann (vergleiche Animation).
Ist die Pareto-Menge des gegebenen Optimierungsproblems erst einmal gefunden, so können subjektive Einschätzungen über die Wichtigkeit der einzelnen Teilziele (verschiedene Gewichtungsfaktoren) angegeben werden. Die Pareto-Menge enthält dann für beliebige relative Teilzielgewichtungen jeweils mindestens eine Lösung, die bei dieser Gewichtung optimal ist. Die subjektive Gewichtung der Teilziele erfolgt in der Wirtschaft beispielsweise durch Indifferenzkurven.
Bei einem Optimierungsproblem mit n Zielen wird die Pareto-Menge eine (n − 1)-dimensionale Hyper-Grenzfläche darstellen (bei einem linearen Optimierungsproblem ist diese Grenzfläche ein Ausschnitt einer Hyperebene). Das Pareto-Optimum eines zwei-kriteriellen Problems (z. B. Leistung versus Drehmoment einer Kraftmaschine) ist eine streng monoton fallende, nicht notwendigerweise stetige Grenzlinie in einem Leistungs-Wirkungsgrad-Diagramm.
Ab vier Dimensionen ist keine direkte Visualisierung der Pareto-Menge mehr möglich. Stattdessen kann der Lösungsraum durch Hilfsmittel wie etwa das Sterndiagramm interaktiv erfasst werden.
Bei gleicher Masse ist dasjenige Bauteil besser, das fester ist. Bei gleicher Festigkeit ist dasjenige Bauteil besser, das leichter ist. Trifft die Verbesserung des einen Wertes auf die Verschlechterung des anderen, so sind die Bauteile nicht Pareto-vergleichbar.
Bezogen auf die Grafik sind weiter rechts und weiter oben stehende Werte Pareto-superior gegenüber den links und unten stehenden Werten. Alle Bauteile auf der roten Kurve sind „die besten“. Sie sind Pareto-optimal und damit die Menge aller optimalen Kompromisse. Eine Erhöhung eines Wertes ist dann nur noch möglich, wenn der andere abnimmt. (Auf der roten Linie gilt: „Weiter nach rechts“ zwingt zu „weiter nach unten“; umgekehrt zwingt „weiter nach oben“ dazu, auch „weiter nach links“ gehen zu müssen.)
Eine zusätzliche Bedingung oder Anforderung kann die Pareto-Front auf ein einziges „(aller-)bestes“ Bauteil (bzgl. aller drei Anforderungen) reduzieren. Dies kann auch eine Norm sein, die Festigkeit und Masse in eine Größe überführt, und dadurch die Punkte auf der roten Linie vergleichbar macht, was zu einer eindeutig optimalen Lösung (bzgl. der Norm) führt. Je nachdem ob die Größen vergleichbar sind, ist mitunter keine Norm zu finden.
Skizze der möglichen Orte für den Brunnen: (b1) (b2) (b3) (b4) (b5) =====|A|=====|B|=====|C|========Straße =====
Menge A = { b1, b2, b3, b4, b5 }
Parameter sind die 3 Tupel-Elemente „Entfernung zu A“, „Entfernung zu B“ und „Entfernung zu C“:
Für den ersten Tupeleintrag (= „Entfernung zu A“) ist b4 optimal, für das zweite Tupelelement ist ebenfalls b4 optimal, für das dritte Tupelelement ist b5 optimal.
Das Pareto-Optimum ist somit { b4, b5 }.
Das Kriterium der Pareto-Optimalität verdrängte in der ökonomischen Theorie das bis dahin vorherrschende utilitaristische Kriterium der „Summe der individuellen Nutzen“.
Unter dem Einfluss der positivistischen Wissenschaftstheorie wurde die Vorstellung von Nutzen als einer zahlenmäßig (kardinal) messbaren und für verschiedene Personen (interpersonal) vergleichbaren Größe nicht akzeptiert.
An die Stelle addierbarer, kardinaler Nutzengrößen treten nun ordinale Bewertungen in Form von Präferenzen ( ist besser / gleich gut / schlechter als / nicht entscheidbar). Daraus lassen sich in der Regel Rangordnungen (Präferenzordnungen) bilden (1. Rang , 2. Rang , 3. Rang usw. oder kurz ). Es wird dabei kein interpersonal anwendbarer Nutzenmaßstab benötigt, da es sich um individuelle Präferenzordnungen handelt. Die Gewichtung der Individuen mit ihren Interessen erfolgt beim Pareto-Kriterium implizit. Die Individuen mit ihren Interessen werden insofern gleich gewichtet, als es egal ist, welches der Individuen jeweils besser oder schlechter gestellt ist.
Für sich genommen ist das Pareto-Kriterium ein plausibles und unproblematisches Kriterium für gesellschaftliche Entscheidungen. Es befürwortet alle Veränderungen, die irgendjemandem nützen und niemandem schaden.
Ethisch problematisch wird es jedoch, wenn die so definierte Optimalität bzw. Effizienz der einzige Gesichtspunkt bleibt.
Wie gezeigt wurde, existieren u. U. eine Vielzahl von Pareto-Optima, die untereinander wertmäßig nicht vergleichbar sind. In der wirtschaftlichen Realität findet jedoch eine Auswahl statt, denn – wie bei Rechtsordnungen üblich – es bleibt beim bestehenden Zustand, dem Status quo, wenn es zu keinen Entscheidungen kommt. Es kommt folglich solange nicht zu einer Veränderung des Bestehenden, wie nur irgendeinem Eigentümer dadurch ein Nachteil entsteht. Durch die Verbindung des Kriteriums der Pareto-Optimalität mit einer Status-quo-Klausel wirkt das Pareto-Kriterium zugunsten der bestehenden Verhältnisse.
Eine gesellschaftliche Situation wird dann als ökonomisch effizient oder Pareto-optimal bezeichnet, wenn es nicht möglich ist, die Wohlfahrt eines Individuums durch eine Re-Allokation der Ressourcen zu erhöhen, ohne gleichzeitig die eines anderen Individuums zu verringern. In anderen Worten: Ein Zustand, bei dem es keine Möglichkeit gibt, ein Individuum besser zu stellen, ohne gleichzeitig ein anderes schlechter zu stellen. Da ein Pareto-Optimum ein soziales Optimum darstellt, ist so ein Zustand stets erstrebenswert. Im Gegensatz dazu wird ein Zustand als Pareto-ineffizient bezeichnet, wenn es eine andere Allokation gibt, die ein Individuum besser stellt, ohne ein anderes Individuum schlechter zu stellen.
Pareto-Optimalität einer Volkswirtschaft bedeutet, dass die Produktionsfaktoren einer optimalen Verwendung zugeführt werden. Das ist der Fall, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
In modernen Volkswirtschaften treten regelmäßig Abweichungen von mehreren Bedingungen der Pareto-Optimalität auf. So können zugleich Monopole, Externalitäten, Informationsasymmetrien und das Vorliegen öffentlicher Güter das Funktionieren des Marktmechanismus beeinträchtigen. In diesem Fall ist nach der Theorie des Zweitbesten unklar, ob sich eine isolierte Maßnahme zur Herstellung der Bedingungen effizienzsteigernd auswirkt.[4]
Das Pareto-Kriterium ist in der Ökonomik, insbesondere im Kontext der Sozialwahltheorie, umstritten.
In einem 1970 veröffentlichten Artikel behauptete Amartya Sen die „Unmöglichkeit eines Pareto-Liberalen“. Unter Annahmen, die denen ähneln, die Arrow für sein berühmtes Unmöglichkeitstheorem getroffen hatte, aber weniger streng sind, wies er nach, dass es Situationen gibt, in denen eine „liberale Gesinnung“ (formalisiert als soziale Präferenz, die in bestimmten Situationen streng den Präferenzen des betreffenden Individuums folgt) mit dem Pareto-Kriterium in Konflikt stehen. Er verdeutlichte dies an einem Beispiel, in dem ein prüder Mensch sich wünschte, dass sein Nachbar nicht Lawrence’ Lady Chatterley’s Lover liest, und das Buch lieber selbst lesen würde, auch wenn es ihm zuwider ist. Der Nachbar würde das Buch gern selbst lesen, noch lieber wäre es ihm aber, wenn der Prüde es liest. Sen zeigte, dass es liberal optimal wäre, bei der Wahl zwischen dem Prüden oder niemandem, der das Buch liest, sich für zweiteres zu entscheiden, und bei der Wahl zwischen dem Libertin und niemandem, sich für den Libertin zu entscheiden, während es Pareto-optimal wäre, wenn der Prüde es liest. Er zog daraus den Schluss, dass das Pareto-Kriterium hinterfragt werden sollte.[5][6]
In der Praxis wird es nur selten die Möglichkeit zum Regierungshandeln oder einer Gesetzesänderung geben, die tatsächlich niemanden schlechter stellt.[7] Guido Calabresi argumentierte sogar, das Kriterium der Pareto-Optimalität könne für den Staat bereits deshalb keine Leitlinie sein, weil rationale Individuen unter den Annahmen des Coase-Theorems schon immer untereinander in privaten Verhandlungen Pareto-optimale Lösungen gefunden haben werden. Staatliche Entscheidungen hätten also notwendig immer auch eine distributive Wirkung, einige der betroffenen Bürger würden immer schlechter gestellt.[7][8]