Patrik Schumacher (* 30. August 1961 in Bonn[1]) ist ein deutscher Architekt und Hochschullehrer, er gilt als theoretischer Vordenker in Architektur und Stadtplanung (Parametrismus). Schumacher arbeitete ab 1988 mit der 2016 verstorbenen Architektin Zaha Hadid zusammen, seit 2002 ist er Partner (Teilhaber) des Büros Zaha Hadid Architects, seit 2016 Vorsitzender ("Prinzipal"). 2006 war er Gründungsdirektor des AA Design Research Lab (AADRL).
Patrik Schumacher studierte ab 1980 Philosophie und Mathematik an der Universität Bonn und an der London South Bank University, später Architektur an der Technischen Universität Stuttgart, wo er 1990 mit dem akademischen Grad Diplom-Ingenieur abschloss. 1999 wurde er am Institut für Kulturwissenschaften an der Universität Klagenfurt in Philosophie promoviert.[2]
Während seines Studiums in London machte er 1983 ein Praktikum bei Zaha Hadid, nachdem er von ihrem spektakulären Entwurf eines Freizeit- und Erholungsparks The Peak Leisure Club an einem Berghang in Hongkong erfahren hatte. Von 1988 an arbeitete er dann regulär in ihrem Architekturbüro und wurde zu ihrem wichtigsten Mitarbeiter. In einem Hadid-Porträt der BBC meinte sie zu Schumacher, dass er für sie eine „enorme Unterstützung“ und eine „unglaubliche Bereicherung“ sei.[3]
Schumacher hatte ab 1992 mehrere Lehraufträge und Gastprofessuren an Architekturfakultäten in Großbritannien, Kontinentaleuropa und den USA. Gemeinsam mit Brett Steele gründete er 1996 das Design Research Laboratory an der Architectural Association School of Architecture in London und ist bis heute einer ihrer Ko-Direktoren.[4] Seit 2004 ist er Professor auf dem Lehrstuhl für Experimentelle Architektur am Institut für experimentelle architektur.hochbau an der Universität Innsbruck.[2]
Er war an der Planung von vielen Gebäuden bei Zaha Hadid Architects beteiligt, genannt werden unter anderem MAXXI – Museum für Gegenwartskunst in Rom, das Zentralgebäude des BMW-Werks in Leipzig, das Opernhaus Guangzhou [5] und das südkoreanische Designmuseum Dongdaemun Design Plaza (DDP).[6] Neben seinen architektonischen Tätigkeiten leitet er gegenwärtig die Planung[7] zweier Stadtteile in Istanbul (Kartal Pendik)[8] und Singapur (Singapore One North).[9]
Schumacher wurde 1996 Mitglied im Royal Institute of British Architects (RIBA) und 2011 Mitglied der Akademie der Künste Berlin, Sektion Baukunst.[1]
Patrik Schumacher ist seit 2016 mit der koreanischen Architektin Eunsil Yang verheiratet.[10]
Schumacher schreibt zahlreiche Veröffentlichungen und hält weltweit öffentliche Vorträge zum Thema Parametrismus. Dieses Konzept stellte er erstmals 2009 der Öffentlichkeit in einem Aufsatz vor.[11] Der Begriff Parametrismus wurde von ihm geprägt und meint die Anwendung von natürlichen Konstruktionsprinzipien in Architektur und Stadtplanung. Wie bei der Organischen Architektur sind natürliche Formen der Anfang oder das Ziel der Gestaltung – allerdings mit dem Unterschied, dass Computer heute eine viel komplexere und feiner aufeinander abgestimmte Formenschöpfung ermöglichen. Zwischen 2010 und 2012 veröffentlichte er sein zweibändiges Opus magnum über The Autopoiesis of Architecture. In seiner zentralen These führt er aus, dass Architektur ein autonomes Netzwerk von Kommunikationen ist und damit ein autopoietisches System.[12] In einem Vortrag über Parametrismus[13] unterschied er zur besseren Orientierung sechs Prinzipien der Gestaltung.
Parametrische Prinzipien:
Negative Prinzipien (Tabus) | Positive Prinzipien (Dogmen) |
- Keine strengen Formen (keine platonischen Körper, Zylinder) | - Alle Formen sind weich (formbar) |
- Keine bloße Wiederholung | - Alle Systeme sind differenziert |
- Keine Collage von isolierten, unverbundenen Elementen (Kakophonie) | - Alle Systeme korrelieren miteinander |
Das maßgebliche Vorbild ist für ihn die Formgestaltung in der Natur. Aber erst mit Hilfe von Grafikprogrammen („tools“) könne man heute die Herausforderung dieser Komplexität bewältigen. Alles Gestaltbare, von den Gebrauchs- und Einrichtungsgegenständen über die Hausgestaltung bis zur Stadtplanung, könne nun differenziert und integral zugleich aufeinander bezogen werden. Daher habe der Parametrismus auch das Potential zu einer Universaltheorie der Architektur.[14]
Auf einem Podium mit den widersprechenden Julian Nida-Rümelin und Jörn Walter forderte Schumacher 2017 „mehr Markt und weniger Demokratie, Abstimmung mit Ressourcen und durch Investitionen“.[15] Ein Interview mit der Zeit, in dem Schumacher marktwirtschaftlich-libertäre Positionen wiederholte ("Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden"), stieß auf erhebliche Kritik. Schumacher forderte die Abschaffung von Arbeitsrechten, sozialem Wohnungsbau und Mietbeihilfe. Stattdessen sollten Straßen und Plätze privatisiert werden.[16][17] In der Branchenzeitschrift Arch+ erschien daraufhin eine Entgegnung zur "Verteidigung der Demokratie".[18]
Vorlesungen mit Bildbeispielen
Interviews
Personendaten | |
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NAME | Schumacher, Patrik |
ALTERNATIVNAMEN | Schumacher, Patrik S. |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt, Hochschullehrer und Architekturtheoretiker |
GEBURTSDATUM | 30. August 1961 |
GEBURTSORT | Bonn |