Pierre und Jean ist ein naturalistischer Roman von Guy de Maupassant, der erstmals 1887/88 in La Nouvelle Revue[1] veröffentlicht wurde. Dies ist der vierte und kürzeste Roman des Autors, der zwischen Juni und September 1887 in Étretat entstand und zuerst in drei Fortsetzungen in der Nouvelle Revue erschien, bevor er 1888 in Buchform veröffentlicht wurde. Das Vorwort des Buches bildet die Abhandlung Le roman, in welcher Maupassant sich zwar der realistischen Darstellung verpflichtet zeigt, andererseits aber auch Abstand nimmt von der minutiösen naturalistischen Darstellung der Geschehnisse, die Émile Zola bevorzugte.
Die beiden Brüder Pierre und Jean Roland aus Le Havre sind ganz unterschiedliche Charaktere. Im Lauf der Geschichte stellt sich heraus, warum das so ist: sie haben unterschiedliche Väter. Der Vater, Gérôme Roland, ein pensionierter Juwelier und leidenschaftlicher Angler, bekommt von all den Problemen in seiner Familie nichts mit. Die Mutter, Louise Roland, gesteht ihrem Sohn Jean, was sein Bruder Pierre in intensiven Nachforschungen herausgefunden hat: sein Vater war Léon Maréchal, ein längst in Vergessenheit geratener Freund der Familie. Erst dessen Tod und der Umstand, dass er Jean ein beträchtliches Vermögen hinterlassen hat, bringen den viele Jahre zurückliegenden Ehebruch der Mutter zutage. Beide jungen Männer verehren die Kapitänswitwe Rosémilly. Als diese sich für Jean entscheidet, beschließt Pierre, für einige Jahre als Schiffsarzt anzuheuern. Vater Roland durchschaut die wahren Beweggründe seines Sohnes nicht und ist schlicht davon begeistert, dass dieser zur See gehen will.
Pierre und Jean ist der einzige von Maupassants Romanen, der nicht in der gehobenen Pariser Gesellschaft spielt, sondern in der Provinz. Die beiden Brüder sind konträre Charaktere:
Der Vater, Gérôme Roland, scheint von all dem nicht betroffen. Er liebt es zu angeln, ist begeistert von der Seefahrt, und denkt gar nicht weiter darüber nach, welche Beweggründe sein Sohn Pierre hat, sich als Schiffsarzt zu verdingen.