Pinchas Ruthenberg

Pinchas Ruthenberg

Pinchas Ruthenberg (auch Pinhas Ruthenberg und Pinhas Rutenberg geschrieben, * 5. Februar 1879 in Romny, Gouvernement Poltawa; † 3. Januar 1942 in Jerusalem) war ein russischer Wasserbauingenieur, Unternehmer und zionistischer Pionier im Völkerbundsmandat für Palästina.

Pinchas Ruthenberg studierte am Staatlichen Polytechnischen Institut in Sankt Petersburg und arbeitete anschließend als Betriebsleiter in den Putilow-Werken. Er war aktives Mitglied der Sozial-revolutionären Partei Russlands und spielte eine führende Rolle am Blutigen Sonntag (9. Januarjul. / 22. Januar 1905greg.), an dem er dem Priester Georgi Apollonowitsch Gapon das Leben rettete.

1914 ging Ruthenberg in die USA. Er beteiligte sich an der dortigen jüdischen Kongressbewegung und gründete zusammen mit Chaim Schitlowsky den American Jewish Congress. Zu dieser Zeit trat er vorübergehend in die Poale-Zion-Partei ein.

Nach der Februarrevolution 1917 war Ruthenberg Leiter der nordrussischen Zivilverwaltung. In der Krise der Provisorischen Regierung in den Wochen vor der Oktoberrevolution wurde er zu einem der drei Generalbevollmächtigten des Notstandsrates der Provisorischen Regierung ernannt. Er kämpfte bis zum Schluss gegen die Bolschewiki. Nach der Machtübernahme durch die Sowjets wurde Ruthenberg in Petrograd vorübergehend inhaftiert, bis sie ihn im März 1918 gemeinsam mit anderen politischen Häftlingen freiließen. Nach seiner Freilassung ging er nach Moskau, dann nach Kiew und Odessa, schließlich nach Palästina.

Die Hauptverwaltung der Palestine Electric Company in den 1920er Jahren

In Palästina entwickelte Ruthenberg Planungen für die Elektrifizierung der Städte und der jüdischen Siedlungen und für den Bau von 13 Kraftwerken. Dabei wurde er von Edmond de Rothschild und von dessen Sohn James unterstützt. 1921 erteilte ihm die Behörde des Hochkommissars die Konzession zum Aufbau der Stromversorgung in Jaffa und Tel Aviv. Am 29. März 1923 wurde unter der Leitung Ruthenbergs und der Beteiligung britisch-jüdischen Kapitals mit regierungsamtlicher Konzession die Palestine Electric Corporation gegründet, die heutige Israel Electric Corporation.[1] Die Palestine Electric Corporation wurde nach ihrem Direktor allgemein als Rutenberg Konzern bezeichnet.[2] In Tel Aviv und in Haifa und an anderen Orten entstanden mit Diesel befeuerte Kraftwerke.[3] Das Werk in Tel Aviv nahe der heutigen Tel Aviv Central Bus Station[4] ging am 10. Juni 1923[4] unter großem Jubel der Bevölkerung in Betrieb.

Ein Großprojekt war die hydroelektrische Ausnutzung der Jarmukfälle von Naharajim (bei Gescher), unmittelbar vor der Mündung des Jarmuk in den Jordan. Seit 1920 arbeitete Ruthenberg an den Kraftwerksplänen. Die Palestine Electric Corporation erwarb zum Bau des Stausees und des Kraftwerks Grundstücke östlich des Jordan. 1927 begannen die Bauarbeiten, 1932 wurde das Kraftwerk Naharajim fertiggestellt und Tel-Or (Lichtberg) genannt. Die Kraftwerke der Palestine Electric Corporation erzeugten 1934 eine elektrische Arbeit von mehr als 34 Mill. kWh. Ebenfalls um die Mitte der 1930er Jahre gründete er die Palestine Airways,[5] die 1937 bis 1940 von British Imperial Airways betrieben und anschließend militärisch in die British Royal Air Force integriert wurde.

Die Palestine Electric Corporation und das Kraftwerk Naharajim beschäftigten Ruthenberg so sehr, dass er für eine politische Tätigkeit im Jischuv zunächst keine Zeit fand. Nachdem David Jellin aus Protest über die antijüdischen Massaker von Hebron zurückgetreten war, wählte die Repräsentantenversammlung des Jischuv Ruthenberg aus ihrer Mitte zum Präsidenten des Nationalausschusses (hebräisch הַוַּעַד הַלְּאֻמִּי HaWaʿad haLəʾummī, somit Exekutive der Körperschaft der jüdischen Palästinenser), der seit 1928 durch den Government of Palestine der britischen Mandatsmacht offiziell anerkannten Regierung des Jischuv. Damit wurde er auch kooptiertes Mitglied der Sochnut.

Ein Nachruf der in London erschienenen Exilzeitung Die Zeitung würdigte Pinchas Ruthenberg als einen „der großen Pioniere in der Aufbauarbeit Palästinas“.[6]

  • Renate Dieterich: Electrical current and nationalist trends in Transjordan: Pinhas Rutenberg and the electrification of Amman. In: Die Welt des Islams, ISSN 1570-0607, Jg. 43 (2003), Nr. 1, S. 88–101.
  • Rutenberg, Pinhas, in: Yaacov Shimoni: Biographical dictionary of the Middle East. New York: Facts on File, 1991, S. 196
Commons: Pinhas Rutenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Mordecai Naor: Eretz Israel. Das 20. Jahrhundert. Könemann, Köln 1998, ISBN 3-89508-594-4, S. 123.
  2. Dieter Mühl: „Ein Nichtjude über Palästina“. Ein ungewöhnlicher Reisebericht, abgerufen am 4. April 2019.
  3. Herbert Sonnenfeld: Die neue Ruthenberg-Kraftstation in der Haifa-Bai. In: Jüdische Gemeinde zu Berlin. Gemeindeblatt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Jg. 26, 17. Mai 1936, Nr. 20, S. 5.
  4. a b Yaacov Shavit: Tel Aviv : Naissance d’une ville (1909–1936) (= Mireille Hadas-Lebel [Hrsg.]: Collection Présences du judaïsme. Band 28). Éditions Albin Michel, Paris 2004, ISBN 2-226-15434-5, S. 92 f. (übersetzt von Esther Ifrah; dort zitiert nach Élie Saltiel: Pinhas Rutenberg, Band 1, Tel Aviv 1990, siehe Fußnote 2, S. 221).
  5. Nur Masalha: Palestine – A Four Thousand Year History. 2. Auflage. I. B. Tauris, London 2024, ISBN 978-0-7556-4942-6, S. 290.
  6. Pinhas Ruthenberg. In: Die Zeitung vom 9. Januar 1942, Nr. 253, S. 6.