Piracetam

Strukturformel
Strukturformel von Piracetam
Allgemeines
Freiname Piracetam
Andere Namen
Summenformel C6H10N2O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7491-74-9
EG-Nummer 231-312-7
ECHA-InfoCard 100.028.466
PubChem 4843
ChemSpider 4677
DrugBank DB09210
Wikidata Q410069
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N06BX03

Wirkstoffklasse

Antidementivum

Eigenschaften
Molare Masse 142,16 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

151,5–152,5 °C[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[3]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Piracetam ist ein cyclisches Derivat (γ-Lactam) der γ-Aminobuttersäure (GABA) und ein Arzneistoff aus der Gruppe der Antidementiva, welches auch als Nootropikum zum Einsatz kommt.

Es regt den zellulären Zuckerstoffwechsel und die Sauerstoffverwertung im Gehirn an und wird zur symptomatischen Behandlung chronisch hirnorganisch bedingter Leistungsstörungen (Demenz) eingesetzt.

Durch Piracetam kann es im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes zu einer Verbesserung der Symptome Gedächtnis-, Konzentrations- und Denkstörung, Antriebs- und Motivationsmangel sowie Ermüdbarkeit bei Demenzkranken kommen. So präsentierten auf einem Symposium der Herstellerfirma UCB Forscher fünf Jahre nach der Markteinführung zahlreiche Studien, die eine "generelle Verbesserung des zerebralen Alterungsprozesses" nahe legten bzw. "eine klinisch relevante Verbesserung der Gedächtnisfunktion" nachweisen sollten. Pflegebedürftige Senioren verbesserten sich demnach bei den Aktivitäten des täglichen Lebens und waren weniger hilfsbedürftig.[5]

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft stellte jedoch im Jahr 2004 fest, dass viele der älteren Studien mit Piracetam methodische Schwächen hätten. Dort wird auch auf eine Literaturanalyse der Cochrane Collaboration verwiesen, wonach Piracetam bei einer Demenz zwar den klinischen Gesamteindruck verbessert, nicht aber die Hirnleistung.[6]

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie listet Piracetam in ihrer 2016 veröffentlichten Leitlinie Demenz unter „andere Wirkstoffe“. Sie nennt die Beweislage bei der Alzheimer-Demenz "unzureichend", und urteilt: „Eine Behandlung wird nicht empfohlen.“[7]

Piracetam wird gelegentlich auch zur systemischen Behandlung bei Hörsturz zur Förderung der Durchblutung verschrieben. Seltener auch als unterstützende Therapie bei der Leserechtschreibschwäche.

Ähnlich den chemisch verwandten Piracetam-Analoga, wie Aniracetam, Oxiracetam oder Pramiracetam, findet der Wirkstoff auch in der Nootropicszene häufige Verwendung, zumal er vergleichsweise kostengünstig ist. In einigen Ländern (wie Tschechien), steht der Wirkstoff rezeptfrei zur Verfügung.

Die Synthese geht von 2-Pyrrolidon aus, welches nach einer Deprotonierung mittels Natriumhydrid mit Chloressigsäureethylester umgesetzt wird. Im Folgeschritt erhält man die Zielverbindung durch Umwandlung des Esters zum Amid mittels Ammoniak. Eine einstufige Synthese ist durch die Verwendung von Chloracetamid möglich.[4]

Während der Einnahme bzw. Anwendung von Piracetam können unter anderem folgende Nebenwirkungen gelegentlich auftreten:
Erregtheit, Antriebssteigerung, Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit, Aggressivität, Zittern, Depressionen, Angststörungen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit und Schläfrigkeit, Übelkeit, Brechreiz, Bauchschmerzen, Durchfall, Gewichtszunahme.[8]

Eher seltene Nebenwirkungen sind unter anderem:
Schwindel, Schwäche, Blutdrucksenkung, Blutdrucksteigerung, gesteigerte Lust (Libido).[8]

Sehr seltene und daher vereinzelt auftretende Nebenwirkungen können folgende sein:
Kopfschmerzen, Bewegungsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Verwirrtheitszustände, Wahnvorstellungen, allergische Reaktionen wie anaphylaktischer Schock, Nesselsucht, Hautrötungen, Hitzegefühl, Juckreiz, Schweißausbrüche.[8]

Monopräparate

Cerebryl (A), Cerepar (D), Nootrop (D), Nootropil (A, CH), Normabrain (D), Pirabene (A), diverse Generika (D)

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu PIRACETAM in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 6. Juli 2020.
  2. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1290, ISBN 978-0-911910-00-1.
  3. a b c Datenblatt Piracetam bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 16. Juni 2011 (PDF).
  4. a b c Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances, 4. Auflage (2000), 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 978-1-58890-031-9; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.
  5. Symposium Piracetam bei Hirnleistungsstörungen
  6. Arzneiverordnung in der Praxis: Demenz (Memento vom 18. März 2015 im Internet Archive)
  7. Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinie Demenzen
  8. a b c Onmeda: Piracetam: Nebenwirkungen