Piritramid

Strukturformel
Struktur von Piritamid
Allgemeines
Freiname Piritramid
Andere Namen

1-(3-Cyan-3,3-diphenylpropyl)-4-(piperidin-1-yl)piperidin-4-carboxamid (IUPAC)

Summenformel C27H34N4O
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 302-41-0
EG-Nummer 206-124-3
ECHA-InfoCard 100.005.569
PubChem 9331
ChemSpider 8967
DrugBank DB12492
Wikidata Q416439
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N02AC03

Wirkstoffklasse

Opioid-Analgetikum

Wirkmechanismus

μ1-Rezeptor-Agonist

Eigenschaften
Molare Masse 430,59 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

225–227 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​336​‐​411
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Piritramid ist ein synthetisches Opioid, das als Arzneistoff (Analgetikum) Verwendung findet. Es unterliegt trotz einer geringen Morphinäquivalenz dem Betäubungsmittelgesetz und ist somit das schwächste Opioid dieser Klassifizierung.

Piritramid wurde 1960 von Paul Janssen synthetisiert und war das erste klinisch eingesetzte potente 4-Aminopiperidinderivat.[3] Piritramid wird vorwiegend in Kontinentaleuropa eingesetzt und ist im anglo-amerikanischen Sprachraum wenig bekannt. Es ist in Deutschland das meist verwendete Opioid in der postoperativen Phase.[4] Zunehmend wird Piritramid auch präklinisch im Bereich der Notfallmedizin eingesetzt.[5][6]

Piritramid ist ein µ-Rezeptor-Agonist und wird in der postoperativen und palliativen Schmerztherapie für die Behandlung mäßiger bis starker Schmerzen eingesetzt. Die analgetische Potenz beträgt ca. 0,7, d. h. 15–20 mg Piritramid entsprechen ca. 10–15 mg Morphin. Piritramid hatte in einer Untersuchung aus dem Jahre 1971 im Vergleich zur wirkungsäquivalenten Menge Morphin eine größere hypnotische Wirkung und weniger Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Hypotonie.[7] Diese Ergebnisse konnten später in unabhängigen Studien nicht mehr nachgewiesen werden.[8][9] Die atemdepressive Wirkung ist mit der wirkungsäquivalenten Dosis Morphin vergleichbar und durch Naloxon vollständig reversibel. Die Plasmahalbwertszeit beträgt 4–10 Stunden. Piritramid wird fast vollständig über die Leber metabolisiert, die renale Ausscheidung ist gering.

Piritramid eignet sich als Analgetikum in der postoperativen Phase.[4] Hierfür kann eine patientengesteuerte Analgesie (PCA) verwendet werden.[10] Außerdem kann es zur Behandlung eines Durchbruchschmerzes eingesetzt werden.[10]

Kontraindikationen

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Unter anderem bei folgenden Krankheiten bzw. Symptomen und Komedikationen ist Piritramid kontraindiziert:

  • schwere obstruktive Lungenerkrankung[11]
  • Komedikation mit MAO-Hemmer[11]
  • bereits vorliegende Atemdepression[11]
  • Überempfindlichkeit
  • komatöse Zustände

Die Nebenwirkungen von Piritramid sind mit denen von Morphin vergleichbar. Piritramid wirkt jedoch stärker sedierend als Morphin.[11] Die atemdepressive Wirkung ist mit der wirkungsäquivalenten Dosis Morphin vergleichbar und durch Naloxon vollständig antagonisierbar.

Piritramid kann intravenös (i.v.), subkutan (s.c.) und intramuskulär (i. m.) angewendet werden. Die therapeutische Einzeldosis hat eine Wirkdauer von 5–8 Stunden.[12]

Piritramid wird auch für die patientengesteuerte Analgesie (PCA) verwendet.[13][10]

Es ist teurer als Morphin, ist diesem in der patientengesteuerten Analgesie jedoch nicht überlegen.[14] Ein Nachteil, vor allem in der Palliativmedizin, ist die Nichtmischbarkeit mit Metamizol (Novaminsulfon, Handelsname: Novalgin).[15] Bei gleichzeitiger Applikation aus demselben System kann es zu Ausfallreaktionen im Infusionssystem kommen; Wechselwirkungen zwischen Piritramid und Metamizol sind jedoch nicht bekannt. Dies betrifft möglicherweise auch andere Pharmaka.[16]

Piritramid war früher in Deutschland und Österreich unter dem Namen Dipidolor im Handel.

Commons: Piritramid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1293, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von Piritramide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 10. Juli 2020.
  3. Rolf Rossaint, Christian Werner, Bernhard Zwißler: Die Anästhesiologie. Springer, 2004, S. 261–262.
  4. a b F. J. Kretz, J. Schäffer: Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie. Springer, 2006, S. 44.
  5. Schmerztherapie in der Notfall-Akut-Medizin, auf aekktn.at
  6. Analgesia, sedation and anaesthesia in emergency care, auf ai-online.info, abgerufen am 15. Februar 2021
  7. B. Kay: A clinical investigation of Piritramide in the treatment of postoperative pain. In: British Journal of Anaesthesia. Bd. 43, Nr. 12, 1971, S. 1167–1171.
  8. Döpfmer UR, Schenk MR, Kuscic S, Beck DH, Döpfmer S, Kox WJ.: A randomized controlled double-blind trial comparing piritramide and morphine for analgesia after hysterectomy. Eur J Anesthesiol 2001; 18: 389–393.
  9. C. Breitfeld, J. Peters, T. Vockel, C. Lorenz, M. Eikermann: Emetic effects of morphine and piritramide. In: British Journal of Anaesthesia. Band 91, Nr. 2, 2003, S. 218–223.
  10. a b c Enno Freye: Opioide in der Medizin. 8., aktualisierte Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-88797-3.
  11. a b c d DocCheck Medical Services GmbH: Piritramid. Abgerufen am 7. April 2020.
  12. Bausewein, Rémi, Twycross, Wilcock: Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin. Elsevier, 2005, S. 200–201.
  13. F. Musshoff, S. A. Padosch, B. Madea: Death during patient-controlled analgesia: piritramide overdose and tissue distribution of the drug. In: Forensic Sci. Int. Band, 154, Nr. 2–3, S. 247–251, PMID 16182973.
  14. Rolf Rossaint, Christian Werner, Bernhard Zwißler: Die Anästhesiologie. Springer, 2004, S. 261–262.
  15. Constanze Rémi: Mischinfusionen in der Palliativmedizin. Kompatibilität und Stabilität palliativmedizinisch-relevanter Arzneimittelmischungen. Dissertation München 2017.
  16. Eberhard Klaschik: Schmerztherapie und Symptomkontrolle in der Palliativmedizin. 2009, S. 464.