Ein Potentiostat ist ein in der Elektrochemie eingesetztes elektrisches Messgerät. Im Prinzip stellt es eine spezielle Bauform eines Regelverstärkers dar, welcher für die Messung über drei Elektroden verfügt: Eine Arbeitselektrode, eine hochohmige Referenzelektrode (oder Bezugselektrode) und eine Gegenelektrode, welche alle drei im Betrieb mit einem zu untersuchenden galvanischen Element verbunden sind. Dabei hält der Potentiostat eine elektrische Spannung zwischen der Arbeitselektrode und der Referenzelektrode über einen elektrischen Strom zwischen der Gegenelektrode und der Arbeitselektrode konstant. Der Potentiostat misst die elektrische Spannung und den elektrischen Strom und gibt die entsprechenden Messwerte aus.[1]
Die Hauptanwendung für Potentiostaten sind Untersuchungen chemischer Reaktionen, welche in elektrochemischen Zellen ablaufen. Die bekannteste chemische Reaktion ist die Elektrolyse. Des Weiteren werden Potentiostaten auch bei der Charakterisierung von Batterien oder Brennstoffzellen eingesetzt. Im weiteren dienen sie der Charakterisierung von Elektroden und Elektrolyten (Festkörper und ionenleitende Flüssigkeiten) beispielsweise in der Analytik. Neben Messungen mit konstantem Potential können Potentiostaten in der Regel auch verschiedene Signalverläufe wie Potentialrampen oder Potentialpulse[2] ausführen oder mit externen Signalgeneratoren gekoppelt werden und so beispielsweise für die zyklische Voltammetrie eingesetzt werden. Unter Verwendung einer überlagerten Wechselspannung können auch Impedanzmessungen durchgeführt werden. Hier soll im Speziellen die elektrochemische Impedanz hervorgehoben werden.
Erste Arbeiten zu dem Aufbau eines Potentiostaten als Messgerät in der Elektrochemie gehen auf A. Hickling aus dem Jahr 1941 zurück.[3] Ein in der Funktion verwandtes Messgerät ist der Galvanostat, bei dem allerdings ein elektrischer Strom geregelt wird und durch die Einstellung einer elektrischen Spannung an der Gegenelektrode konstant gehalten wird.
Bei einem Potentiostat wird das Elektrodenpotential, d. h. die Spannung einer Elektrode bezüglich eines Referenzpunktes, auf einen gewünschten Wert reguliert. Hierzu wird der elektrische Strom zwischen der Arbeitselektrode und der Gegenelektrode, diese wird auch Hilfselektrode genannt, durch den Potentiostaten so eingestellt, dass das gewünschte Potential erreicht wird. Eine dritte Elektrode, die Referenzelektrode und deren Potential in der elektrochemischen Spannungsreihe definiert ist, stellt dabei den Referenzpunkt zur Arbeitselektrode dar.[4] Damit die Referenzelektrode ihr Potential unverändert beibehält, ist es erforderlich, dass durch sie selbst kein Strom fließt; dies wird durch einen sehr hochohmigen Eingang am Potentiostaten gewährleistet.
Eine weitere Besonderheit gegenüber anderen Regelverstärkern besteht darin, dass einerseits eine sehr hohe Verstärkung gebraucht wird, um die Regelabweichung gering zu halten: Gefordert sind Genauigkeiten bei der Spannungsmessung an der Referenzelektrode von 1 mV oder darunter. Andererseits soll die Regelung sehr schnell erfolgen, typische Regelzeitkonstanten sind 10 µs oder weniger. Die Regelstrecke zwischen Arbeitselektrode und Gegenelektrode stellt somit eine Impedanz dar, mit einem ohmschen Widerstand und einem kapazitiven Anteil, die sich zeitlich schnell ändern kann. Potentiostaten müssen solch unbekannte Lasten ausregeln können, ohne instabil zu werden, d. h. in Schwingung zu geraten.
Potentiostaten können auch als Spannungsmessgerät genutzt werden und weisen im Vergleich zu Digitalmultimetern einen wesentlich höheren Innenwiderstand auf. Die nominelle Eingangsimpedanz eines Digitalmultimeters beträgt typischerweise mit 10 MΩ, die eines typischen Potentiostaten 10 GΩ. Durch den Regelverstärker kann der Potentiostat weiters auch als Strommessgerät mit Innenwiderstand von 0 Ω verwendet werden, da dabei der Strom aktiv geregelt wird.
Im Prinzip werden Potentiostaten mit einem Operationsverstärker (CA) realisiert, wie in nebenstehender Abbildung dargestellt. Im nicht-invertierenden Eingang des Operationsverstärkers wird das gewünschte Potential als elektrische Spannung bezüglich Masse eingespeist. In den invertierenden Eingang wird das Potential der Referenzelektrode (Ref) eingespeist. Die Arbeitselektrode (WE) wird dann mit Masse verbunden, die Gegenelektrode (CE) mit dem Ausgang des Operationsverstärkers. Der Operationsverstärker vergleicht die Potentiale aus dem invertierenden und nicht-invertierenden Eingang. Sind diese Potentiale nicht identisch, wird der Ausgangsstrom so geregelt, dass der invertierende und nicht-invertierende Eingang immer auf demselben Spannungsniveau liegen, damit ist das gewünschte Potential eingeregelt. Der sich dabei ergebene Strom am Ausgang des Operationsverstärkers kann dann gemessen und neben dem Referenzpotential auf einer Anzeige angezeigt oder mittels Telemetrie zur weiteren Datenverarbeitung zur Verfügung gestellt werden.
Der Operationsverstärker kann durch einen Regler ersetzt werden, welcher die Spannung zwischen der Referenzelektrode und der Arbeitselektrode stabilisiert.[5] Dieser Algorithmus basiert auf einer Verhältnisgleichung:
Da es sich bei der Gleichung 1 dem Prinzip nach um einen P-Regler handelt, sollte das Messintervall konstant bleiben. Der Algorithmus errechnet dann so, dass so nah wie möglich am Sollwert liegt. Der Algorithmus erfordert den Einsatz von folgenden rechnergesteuerten Geräten: digitales Spannungsmessgerät, Netzteil und ein Relais, um die Polarität der Zellspannung nötigenfalls umzuschalten.
Potentiostaten sind in einer Vielzahl von Ausstattungen kommerziell erhältlich. Mit Rodeostat[6] und PassStat[7] existieren vollständig als Open-Source-Hardware lizenzierte und nachahmbare Varianten. Die meisten Geräte können mittlerweile mit einem PC gesteuert werden, einige Potentiostaten werden sogar als Einsteckkarten in den Messrechner eingesetzt. Viele Potentiostaten haben Analogausgänge, die es gestatten, Strom und Spannung mit einem Schreiber oder Speicheroszilloskop aufzuzeichnen. Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen den Modellen sind im Wesentlichen die verfügbaren Strom- und Spannungsbereiche. Typische Stromstärken bei nicht-industriellen Anwendungen liegen im Bereich von einigen nA bis einigen A. Die Potentialregelung liegt meist im Bereich ± 10 V, einige wenige Geräte können Potentiale bis etwa 50 V regeln. Die Gegenelektrodenspannung liegt bei üblichen Geräten zwischen ± 10 und ± 50 V, für schlecht leitende Elektrolyte werden Geräte mit Steuerspannungen oberhalb 100 V angeboten.
Technische Unterschiede gibt es sowohl im eigentlichen potentiostatischen Regelkreis als auch in der Art der Strommessung. So kann z. B. entweder die Arbeitselektrode oder die Referenzelektrode auf Masse bezogen sein. Ist die Arbeitselektrode auf Masse bezogen, ergeben sich Vorteile durch einfachen Aufbau und hohe Stabilität gegen Schwingungen. Ist die Referenzelektrode auf Masse bezogen, kann man mehrere Arbeitselektroden in einem gemeinsamen Gefäß unabhängig voneinander betreiben (Bi-Potentiostat).
Die Messung des Stroms erfolgt im einfachsten Fall im Gegenelektrodenkreis. Misst man den Strom über einem Widerstand im Arbeitselektrodenkreis, so muss eine weitere Baugruppe (Differenzbildner) den durch diese Strommessung hervorgerufenen Potentialfehler korrigieren. Diese Art der Strommessung wird vorzugsweise für Geräte verwendet, die hohe Ströme liefern sollen. Eine Variante der Strommessung besteht im Einsatz eines Null-Ohm-Amperemeters im Arbeitselektrodenkreis. Diese Variante ist zwar technisch aufwendig, kann dafür aber Ströme bis in den Bereich pA und darunter messen.