Pradhan Mantri Jan Dhan Yojana (PMJDY, Hindi प्रधानमंत्री जन धन योजना), „Plan des Premierministers zum Volksgeld“, ist ein am 28. August 2014 aufgelegtes, über mehrere Jahre laufendes Programm der Regierung Narendra Modi in Indien. Das Programm hat die Förderung der finanziellen Inklusion zum Ziel, oder anders gesagt, die Förderung der Teilhabe der Bevölkerung am bargeldlosen Zahlungsverkehr.
Zum Zeitpunkt der Einführung des Programms war die indische Wirtschaft verhältnismäßig stark durch Bargeldwirtschaft geprägt. Löhne wurden im Allgemeinen bar ausgezahlt und Rechnungen bar beglichen. Erhebliche Teile der Bevölkerung verfügten über kein Bankkonto und hatten noch nie im Leben eine einzige finanzielle Transaktion über eine Bank getätigt. Nach Regierungsdaten hatten etwa 40 Prozent aller Haushalte mit 60 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zum Bankwesen.[2]
Dieser Umstand gilt als erhebliches Wachstumshindernis in Indien. Zum einen ist eine effiziente und moderne Wirtschaft ohne bargeldlosen Geldtransfer nicht denkbar, zum anderen muss ein Großteil staatlichen Leistungen in Bargeld an die Empfänger übermittelt werden, was erhebliche Kosten mit sich bringt. Drittens entgehen große Teile der Wirtschaft der staatlichen Kontrolle, da die geflossenen Gelder im Einzelnen für staatliche Kontrollinstanzen nicht nachvollziehbar sind, was Raum für die Schwarz- und Schattenwirtschaft bietet. Personen ohne Bankzugang sind auf das „informelle Kreditwesen“ angewiesen, das Kredite häufiger zu schlechteren Bedingungen bietet.
Erklärtes Ziel des Programms war es, der Bevölkerung einen allgemeinen Zugang zu Banken zu verschaffen. Jeder Haushalt sollte demnach über mindestens ein Bankkonto verfügen. Mit der Einrichtung von Bankkonten sollten auch die Voraussetzungen geschaffen werden, der Bevölkerung Kleinkredite anbieten zu können und sie in das staatliche Sozialversicherungswesen einzubinden.
Das PMJDY-Programm wurde offiziell am 28. August 2014, zwei Monate nach Vereidigung der neuen Regierung Modi nach der Parlamentswahl 2014 begonnen. Hauptverantwortliche Person war neben Premierminister Modi der Finanzminister Arun Jaitley. Im ganzen Land und in allen Bundesstaaten fanden Informationsveranstaltungen hierzu statt.
Zur Eröffnung eines Kontos war ein offizielles Personaldokument vorzulegen (Pass, Führerschein, offizielle Karte mit der Steuernummer, offizielle Karte des Eintrags in das Wählerverzeichnis, o. a.). Eine Einzahlung war nicht notwendig. Kontoinhaber, die auch Barschecks erhalten wollten, mussten jedoch gewisse Mindesteinlagen vorweisen. Kontoinhaber hatten die Möglichkeit, eine einfache RuPay-Kreditkarte zu erwerben.[3] Das RuPay-Kreditkartensystem war 2012 auf Betreiben der Reserve Bank of India eingeführt worden, um das bis dahin dominierende, für Indien sehr teure Duopol der beiden Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard zu durchbrechen.[4]
Die Konditionen des PMJDY-Programms waren die folgenden:[3]
Personen ohne die o. g. gültigen Identitätsdokumenten erhielten die Möglichkeit, sogenannte „kleine Konten“ (small accounts) mit reduziertem Funktionsumfang zu eröffnen.[3]
Das PMJDY-Programm war bei Einführung in zwei Phasen und eine Gesamtdauer von 4 Jahren ausgelegt.[5]
Nach dem Auslaufen des Programms erklärte Finanzminister Arun Jaitley am 5. September 2018, dass PMJDY auf unbestimmte Zeit weiter fortgesetzt werde, bis die Ziele erreicht worden seien.[6] Ab 2018 hatte nicht mehr nur jeder Haushalt, sondern jeder Erwachsene ohne Bankkonto die Möglichkeit ein Bankkonto unter dem PMJDY-Programm zu eröffnen. Für PMJDY-Konten, die nach dem 28. August 2018 eröffnet wurden, wurde die Unfallversicherung auf 200.000 Rupien (1 Lakh) erhöht, u. a. m.[7] Voraussetzung für die Versicherungsleistungen war, dass die Kontoinhaber ihr Konto mindestens einmal in 45 Tagen genutzt hatten.[8]
Auf der Internetseite des PMJDY-Programms waren jeweils die Zahlen zu verschiedenen Zeitpunkten abzurufen. Die Zahlen beruhten auf den Selbstangaben der Banken. Unterschieden wurde dabei zwischen staatlichen Banken, Gramin-Banken (regional rural banks, kleinen staatlichen Banken, die in den 1970er Jahren zur erleichterten ländlichen Kreditvergabe eingerichtet wurden), und Privatbanken.
Bank (Typ) | Kontoeröffnungen | Einlagen (Mrd. Rupien) (1 Mrd. ₹ = 12–15 Mio. €) |
RuPay- Kreditkarten (in Mio.) | ||
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insgesamt | im ländlichen Raum |
im städtischen/ Großstadtraum | |||
Ende 2014 (Stichtag 31. Dez. 2014) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 83.091.063 | 45.119.636 | 37.971.427 | 65,8 | 73,1 |
Gramin-Banken | 18.509.871 | 15.717.860 | 2.792.011 | 12,8 | 9,3 |
Privater Bankensektor | 2.881.535 | 1.511.376 | 1.370.159 | 5,0 | 2,2 |
Insgesamt | 104.482.469 | 62.348.872 | 42.133.597 | 83,5 | 84,6 |
Ende 2015 (Stichtag 30. Dez. 2015) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 155.374.164 | 86.052.376 | 69.321.788 | 230,3 | 136,1 |
Gramin-Banken | 35.654.295 | 30.585.647 | 5.068.648 | 50,3 | 25,7 |
Privater Bankensektor | 7.356.074 | 4.401.890 | 2.954.184 | 11,7 | 6,6 |
Insgesamt | 198.384.533 | 121.039.913 | 77.344.620 | 292,3 | 168,5 |
Ende 2016 (Stichtag 28. Dez. 2016) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 209.055.345 | 116.090.272 | 92.965.073 | 552,5 | 165,8 |
Gramin-Banken | 44.433.417 | 38.332.809 | 6.100.608 | 131,7 | 33,0 |
Privater Bankensektor | 8.530.696 | 5.186.801 | 3.343.895 | 26,2 | 8,2 |
Insgesamt | 262.019.458 | 159.609.882 | 102.409.576 | 710,4 | 207,0 |
Ende 2017 (Stichtag 27. Dez. 2017) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 248.502.508 | 133.261.941 | 115.240.567 | 570,9 | 186,6 |
Gramin-Banken | 49.573.287 | 41.908.385 | 7.664.902 | 122,7 | 36,4 |
Privater Bankensektor | 9.875.467 | 5.986.433 | 3.889.034 | 21,4 | 9,2 |
Insgesamt | 307.951.262 | 181.156.759 | 126.794.503 | 715,0 | 232,3 |
Ende 2018 (Stichtag 26. Dez. 2018) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 270.543.940 | 146.229.322 | 124.314.618 | 690,8 | 221,0 |
Gramin-Banken | 55.534.160 | 46.723.565 | 8.810.595 | 148,4 | 37,9 |
Privater Bankensektor | 10.490.227 | 6.213.441 | 4.276.786 | 24,0 | 9,8 |
Insgesamt | 336.568.327 | 199.166.328 | 137.401.999 | 863,2 | 268,7 |
Ende 2019 (Stichtag 25. Dez. 2019) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 300.797.849 | 162.492.321 | 138.305.528 | 864,5 | 247,7 |
Gramin-Banken | 64.326.580 | 52.363.634 | 11.962.946 | 197,2 | 38,0 |
Privater Bankensektor | 12.526.240 | 6.962.371 | 5.563.869 | 30,8 | 11,5 |
Insgesamt | 377.650.669 | 221.818.326 | 155.832.343 | 1092,6 | 297,3 |
Ende 2020 (Stichtag 30. Dez. 2020) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 329.058.897 | 201.559.894 | 127.499.003 | 1049,2 | 261,0 |
Gramin-Banken | 74.037.744 | 64.854.882 | 9.182.862 | 260,1 | 33,7 |
Privater Bankensektor | 12.730.335 | 7.016.935 | 5.713.400 | 41,6 | 11,5 |
Insgesamt | 415.826.976 | 273.431.711 | 142.395.265 | 1350,8 | 306,2 |
Ende 2021 (Stichtag 29. Dez. 2021) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 349.024.108 | 218.035.249 | 130.988.859 | 1176,8 | 267,5 |
Gramin-Banken | 80.468.989 | 70.362.700 | 10.106.289 | 287,1 | 34,2 |
Privater Bankensektor | 12.841.970 | 7.002.103 | 5.839.867 | 45,6 | 11,0 |
Insgesamt | 442.335.067 | 295.400.052 | 146.935.015 | 1509,4 | 312,8 |
Ende 2022 (Stichtag 28. Dez. 2022) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 376.874.834 | 236.151.408 | 140.723.426 | 1403,1 | 279,8 |
Gramin-Banken | 88.183.836 | 76.025.205 | 12.158.631 | 354,3 | 34,3 |
Privater Bankensektor | 13.337.962 | 6.990.426 | 6.347.536 | 51,2 | 11,2 |
Insgesamt | 478.396.632 | 319.167.039 | 159.229.593 | 1808,6 | 325,3 |
Ende 2023 (Stichtag 27. Dez. 2023) | |||||
Öffentlicher Bankensektor | 400.640.380 | 251.359.209 | 149.281.171 | 1644,2 | 302,1 |
Gramin-Banken† | 97.780.358 | 84.249.943 | 13.530.415 | 407,5 | 34,7 |
Privater Bankensektor | 14.828.613 | 7.267.437 | 7.561.176 | 61,1 | 11,7 |
Insgesamt | 513.249.351 | 342.876.589 | 170.372.762 | 2112,9 | 348,6 |
† einschließlich ländlicher Kooperativ-Banken
Die Sinnhaftigkeit einer Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und einer größeren Partizipation der Bevölkerung am Bankwesen wurde von kaum jemanden bestritten. Kritiker charakterisierten das Programm zum Teil aber als ineffizient und teuer. Mit der millionenfachen Schaffung neuer Bankkonten seien den Banken erhebliche zusätzliche Kosten aufgebürdet worden. Auch seien wohl in erheblichem Maße Bankkonten durch Personen eröffnet worden, die bereits ein Konto besaßen und nur in den Genuss der Vergünstigungen des PMJDY-Programms kommen wollten.[2]
Regierungsunabhängige Analysen zeigten übereinstimmend mit den offiziellen Statistiken, dass der Anteil der Personen mit Bankkonto in Indien erheblich zugenommen hatte (von etwa 53 % 2014 auf etwa 80 % 2018). Allerdings blieben viele der neu eingerichteten Bankkonten völlig ungenutzt. Bei etwa der Hälfte der Konten hatte im Jahr 2018 keine einzige Einzahlung oder Auszahlung stattgefunden.[10] Auch werde die Möglichkeit des Zahlungsverkehrs über Mobiltelefon in Indien bisher im Vergleich zu anderen Ländern (insbesondere Subsahara-Afrika, vor allem Kenia) noch wenig genutzt. Bis zu einer echten finanziellen Inklusion des Großteils der Bevölkerung sei es daher noch ein weiter Weg.[11]
Insgesamt beurteilten Experten das Programm als einen der wesentlichen Erfolge in der gemischt ausfallenden wirtschaftspolitischen Bilanz der Modi-Regierungjahre. Nach fünf Jahren Laufdauer hatte das Programm dazu beigetragen, dass die Mehrheit der Inder nun ein Bankkonto besaß. Dutzende Millionen Menschen waren in die formelle Wirtschaft eingetreten.[12] Nach neun Jahren Laufdauer waren nahezu 500 Millionen Bankkonten eröffnet worden, von denen nur 8 Prozent unbenutzt blieben. 55,5 % der neuen Kontoinhaber waren Frauen. Die gesamtem Kontoeinlagen beliefen sich auf über 2 Billionen Rupien (etwa 22 Milliarden €). 62,5 Millionen Personen bezogen diverse staatliche Unterstützungsleistungen direkt über ihr PMJDY-Bankkonto. Früher waren diese Sozialleistungen vielfach nur über ein System von Mittelsmännern, die entsprechende Provisionen kassierten, an die Bedürftigen gelangt.[13][7]