Projekt Prometheus

Die Raumsonde Jupiter Icy Moons Orbiter, bestückt mit Ionenantrieb und einem Nuklearreaktor, sollte im Rahmen des Projekts verwirklicht werden. Sie wurde jedoch nicht realisiert.

Das Projekt Prometheus war ein von der NASA zwischen 2002 und September 2005 durchgeführtes Programm zur Nutzung nuklearer Energie für die interplanetare Raumfahrt[1]. Ziel war die Weiterentwicklung bestehender Radioisotopengeneratoren (RTG) sowie die Entwicklung eines Kernreaktors für den Einsatz in interplanetaren Raumsonden. Damit einher ging die Erforschung verbesserter Technologien zur Energieumwandlung. Die Nutzung nuklear erzeugter Energie in elektrischen Antrieben bildete einen weiteren Schwerpunkt des Programms. Die NASA kooperierte hierbei bei den nuklearen Komponenten mit dem US-Energieministerium, insbesondere mit dem Bereich Kernreaktoren für die Marine (Office of Naval Reactors).[2]

Im Haushaltsjahr 2005 (beginnend jeweils zum 1. Oktober des Vorjahres) verfügte das Projekt Prometheus über ein Budget von 270,3 Mio. US-Dollar. Für das Haushaltsjahr 2006 wurden die finanziellen Mittel auf 75,7 Mio. US-Dollar reduziert, vor allem zugunsten der Entwicklung des Raumschiffs Orion. Ab 2007 bis 2011 waren jeweils jährliche Beträge zwischen 9,5 und 9,9 Mio. US-Dollar vorgesehen. Im Jahr 2006 wurde das nukleare Forschungsprogramm der NASA dahingehend überprüft, wie und wann neue Programme oder Projekte initiiert werden könnten.[3]

Im Rahmen des Programms sollten effizientere sowie besser an unterschiedliche Missionsanforderungen anpassbare Radionuklidbatterien (RTG) mit einer Leistung von ca. 120 W elektrischer Energie entwickelt werden. Die Komponenten zur thermoelektrischen Energieumwandlung wurden verbessert, und es wurden neue Technologien wie thermovoltaische oder dynamische (Stirling) Energieumwandlungsverfahren entwickelt. Bereits zu Beginn des Projekts im Jahr 2003 plante das US-Energieministerium den Erwerb von bis zu 30 kg Plutonium-238 aus Russland, wobei gleichzeitig die Möglichkeiten einer inländischen Produktion geprüft wurden. Diese neuen RTGs sollten nach den Planungen bis 2008 einsatzbereit sein – als erste Einsätze kamen dabei Missionen wie das Mars Science Laboratory, Mars Scout 2 oder Projekte des New Frontiers Programms in Betracht.

Für den geplanten Kernreaktor lagen Zielvorgaben zwischen einigen zehn kW bis zu mehreren hundert kW elektrischer Leistung. Als Energieumwandlungstechnologien wurden Brayton-Konverter, Rankine-Konverter und thermoelektrische Verfahren entwickelt. Teil des Projekts war zudem die Entwicklung elektrischer Antriebe, die eine Leistung von 20–50 kW bis zu 250 kW erreichen sollten.[2] Der erste Kernreaktor, der für die im Herbst 2005 gestrichene JIMO-Mission (Prometheus 1) vorgesehen war, sollte vom Bettis Atomic Power Laboratory entwickelt werden.

Mitte 2005 wurde bekannt, dass die Bush-Regierung die Herstellung von Plutonium-238 wiederaufnehmen will. „Der wahre Grund, weshalb wir die Produktion beginnen, ist die nationale Sicherheit“, wurde Timothy A. Frazier vom US-Department of Energy zitiert.[4] Plutonium-238 dient als Brennstoff in Batterien für Weltraumsysteme (vgl. Weltraumwaffe).

Erste Vorbereitungen zur Produktion von Plutonium-238 starteten im Jahr 2013 am Oak Ridge National Laboratory (ORNL).[5] 2015 meldete das ORNL die erfolgreiche Herstellung von 50 Gramm Plutonium-238.[6] Diese Probe diente der Demonstration und Erprobung des Herstellungsprozesses. Nach der Analyse dieser Probe am Los Alamos National Laboratory wurde das Material für Weltraummissionen freigegeben.[7] Zunächst konnten 300 bis 400 Gramm Plutonium-238 pro Jahr hergestellt werden. Durch Erweiterungs- und Automatisierungsprozesse sollte die Produktion auf 1,5 kg pro Jahr gesteigert werden.[8] Bis Februar 2025 hat das ORNL ein automatisiertes Messsystem für die Produktion von Plutonium-238-Pellets entwickelt, um Effizienz und Qualität zu verbessern. Zusätzlich arbeitet das Idaho National Laboratory daran, die Produktion von Plutonium-238 weiter zu steigern, um das Ziel von 1,5 kg pro Jahr bis 2026 zu erreichen.

Bereits der 1965 gestartete US-Satellit Snapshot (SNAP-10A) war mit einem experimentellen Kernreaktor ausgerüstet, ebenso wie die sowjetischen RORSAT-Militärsatelliten der 1970er und 1980er Jahre. Ende der 1980er Jahre wurden zwei russische Satelliten (Kosmos 1818 und 1867) mit Reaktoren des Typs TOPAZ ausgerüstet, die bei einer Masse von 320 kg 5–10 kW elektrische Leistung abgaben und 12 kg Uran-235 enthielten. Der amerikanische Reaktor vom Typ SP-100 (Space Power 100) hätte bei adäquater Abschirmung eine elektrische Leistung von bis zu 100 kW bei einem Gewicht von 5422 kg erreichen können (zum Vergleich: die drei Radioisotopengeneratoren der Raumsonde Cassini lieferten 888 W bei 168 kg, das Startgewicht der Sonde betrug 5712 kg, und eine Delta IV Heavy kann bis zu 8 t Nutzlast auf eine interplanetare Mission befördern).[9]

Seit den 1960er Jahren gab es immer wieder Vorhaben, die sich mit nuklearer Energie im Weltraum und nuklear-thermischen Triebwerken befassten. In den USA waren dies beispielsweise das NERVA-Projekt (1972 abgebrochen), der Clinch River Reaktor (Projekt 1982 eingestellt), sowie das im Rahmen der SDI 1985 initiierte Multi-Megawatt-Programm mit dem daraus hervorgegangenen Projekt Timberwind und Pläne im Rahmen der Space Exploration Initiative Anfang der 1990er Jahre.[10][11] In der UdSSR wurden seit den 1950er Jahren Nuklearreaktoren wie BOUK oder TOPAZ sowie nuklear-thermische Antriebe entwickelt.[12]

(siehe auch: Gaskernreaktor)

Trotz der relativ geringen Budgetierung des Projekts Prometheus bis 2011 bleibt die Entwicklung nuklearer Systeme für zukünftige Raumfahrtmissionen ein wichtiger Bestandteil der strategischen Planungen der NASA:

- Nuclear thermal propulsion systems offer a promising technological approach for providing a high-thrust, high-efficiency departure stage to transport astronauts to future destinations while reducing spacecraft mass.

„Thermonukleare Antriebssysteme bieten einen vielversprechenden technologischen Ansatz zur Bereitstellung einer hoch beschleunigenden, hoch wirksamen Startstufe für den Transport von Astronauten zu künftigen Zielen, während gleichzeitig Raumschiffmasse verringert wird.“

- Nuclear systems likely will play an important role in power systems capabilities beyond 2016. Deployment and utilization of nuclear systems on the Moon could directly enable scientific and human exploration of the Moon and operational understanding of the requirements of these systems for eventual exploration on Mars.[13]

Im November 2005 erklärte NASA-Direktor Griffin zur Zukunft des Prometheus-Programms: (...) surface nuclear power systems to support potential long-duration stays on the Moon will not be required until after 2018. Nuclear propulsion will not be required until planning for Mars missions begins in earnest. (...) NASA will continue a low level of funding for key, high-priority, nuclear system R&T issues, with longer-term plans to increase funding in the future, as the need for long duration lunar and Mars applications approaches.[14]

Ab dem Haushaltsjahr 2007 wurde das Projekt Prometheus Nuclear Systems & Technology in das Exploration Systems Research and Technology-Programm des Exploration Systems Mission Directorate (ESMD) integriert.

  • NASA-Abschlussbericht: Randall Taylor: PROMETHEUS PROJECT - Final Report. Hrsg.: NASA - Jet Propulsion Laboratory California Institute of Technology. Pasadena, California 1. Oktober 2005 (everyspec.com [PDF; 7,7 MB] englisch: PROMETHEUS PROJECT - Final Report.).

Einzelnachweise

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  1. Randall Taylor: PROMETHEUS PROJECT - Final Report. Hrsg.: NASA - Jet Propulsion Laboratory California Institute of Technology. Pasadena, California 1. Oktober 2005 (everyspec.com [PDF] englisch: PROMETHEUS PROJECT - Final Report.).
  2. a b Newhouse, Alan: Project Prometheus, The Nuclear Systems Program. Revolutionizing Solar System Exploration. Presentation to Structure and Evolution of the Universe & Origins Subcommittees October 24, 2003. (Memento des Originals vom 6. Oktober 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/science.hq.nasa.gov 21. Aug. 2006.
  3. National Aeronautics and Space Administration: President’s FY 2007 Budget Request. Exploration Systems Research & Technology, SAE ESMD 3-4 (S. 236). (Memento des Originals vom 28. Februar 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nasa.gov (PDF; 5,3 MB) 22. Aug. 2006.
  4. U.S. plans to resume plutonium production (NYT, 27. Juni 2005) (Memento des Originals vom 20. Februar 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.findarticles.com
  5. US Once Again Producing Fuel for Deep-Space Missions. In: Space.com. (space.com [abgerufen am 21. Juni 2017]).
  6. ORNL achieves milestone with plutonium-238 sample | ORNL. Abgerufen am 21. Juni 2017 (englisch).
  7. djysrv: NASA Re-starts PU-238 Production at Two Sites. In: Neutron Bytes. 5. März 2017, abgerufen am 21. Juni 2017.
  8. ORNL achieves milestone with plutonium-238 sample | ORNL. Abgerufen am 21. Juni 2017 (englisch).
  9. Bernd Leitenberger: Die Radioisotopenelemente an Bord von Raumsonden. 21. Aug. 2006.
  10. Butler, Amy: DOD'S 'FLIRTATION' WITH NUCLEAR-POWERED SATELLITES ENDS, ANALYST SAYS. 23. Aug. 2006.
  11. Pike, John: Strategic Defense Initiative. 26. Aug. 2006.
  12. Institute of Physics and Power Engineering (IPPE): High-Temperature Nuclear Reactors for Space Applications. (Memento vom 30. August 2006 im Internet Archive) 27. Aug. 2006.
  13. National Aeronautics and Space Administration: 2006 NASA Strategic Plan, S. 38 (PDF; 1,5 MB) 25. Aug. 2006.
  14. Griffin, Michael D.: Statement of Michael D. Griffin, Administrator National Aeronautics and Space Administration, before the Committee on Science House of Representatives. (S. 4) (Memento vom 30. September 2006 im Internet Archive) 26. Aug. 2006.