Pseudoephedrin

Strukturformel
(+)-Pseudoephedrin
Allgemeines
Freiname Pseudoephedrin
Andere Namen

(+)-(1S,2S)-2-Methylamino-1-phenyl-propan-1-ol

Summenformel C10H15NO
Kurzbeschreibung

farblose Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 7028
DrugBank DB00852
Wikidata Q263958
Arzneistoffangaben
ATC-Code

R01BA02

Wirkstoffklasse

Sympathomimetikum

Wirkmechanismus

indirektes Sympathomimetikum

Eigenschaften
Molare Masse
  • 165,232 g·mol−1
  • 201,7 g·mol−1 (Hydrochlorid)
  • 428,5 g·mol−1 (Sulfat)
Schmelzpunkt
pKS-Wert

10,252[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​312​‐​315​‐​319​‐​332​‐​335
P: 261​‐​280​‐​305+351+338[1]
Toxikologische Daten

500 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Pseudoephedrin ist ein Phenylethylamin-Alkaloid mit stimulierender und gefäßverengender Wirkung. Es ist das Diastereomer von Ephedrin und gehört wie dieses zu den indirekten Sympathomimetika und findet häufig als Erkältungsmittel Verwendung.

Vorkommen und Gewinnung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es kann aus einigen Pflanzenarten der Gattung Ephedra (Ephedra L.[4] und Ephedra sinica[5]) gewonnen werden und kommt auch in der Indischen Malve (Sida cordifolia) und im Asiatischen Tüpfelmohn (Roemeria refracta) vor.

Pseudoephedrin bewirkt vorwiegend in der Körperperipherie eine Ausschüttung von Katecholaminen und verhindert deren Wiederaufnahme in die Präsynapse.[6] Dadurch wirkt es gefäßverengend und lässt bei Erkältungskrankheiten und Allergien die Nasenschleimhaut abschwellen. Es ist allerdings einem lokal anzuwendenden direkten Sympathomimetikum (Agonist an Alpha-1-Adrenozeptoren) wie Xylometazolin unterlegen.[7] Die Plasmahalbwertszeit beträgt ca. 9–16 Stunden.[8]

Zu bekannten Nebenwirkungen bei der Einnahme zählen Herzrasen, Blutdruckanstieg, Unruhe, Schlaflosigkeit und Angst bis hin zu Halluzinationen.

Risikobewertung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel stehen mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre ischämische Ereignisse, einschließlich Schlaganfall und Herzinfarkt, in Verbindung, was mit der Pharmakologie selbst zu tun hat. Pseudoephedrin wirkt, indem es Nervenendigungen zur Freisetzung des Botenstoffs Noradrenalin anregt, der eine Verengung der Blutgefäße bewirkt. Dadurch wird weniger Flüssigkeit aus den Gefäßen freigesetzt, was zu einer geringeren Schwellung und einer geringeren Schleimproduktion in der Nase führt. Durch Verengung von Blutgefäßen erhöht es aber auch den Blutdruck: eine Erklärung für unerwünschte Nebenwirkungen.

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat daher im Februar 2023 damit begonnen, Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel zu bewerten.[9] Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel sind in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten allein oder in Kombination mit Pharmaka zur Behandlung von Erkältungs- und Grippesymptomen wie Kopfschmerzen, Fieber und Schmerzen oder allergischer Rhinitis bei verstopfter Nase zugelassen (s. a. Handelsnamen).

Pseudoephedrin hat eine leistungssteigernde Wirkung, ist allerdings häufig in Erkältungsmitteln enthalten.

Seit dem 1. Januar 2010 steht es wieder auf der Verbotsliste der WADA, sofern eine Blutkonzentration von mehr als 150 µg/ml vorhanden ist.[10][11]

Zuvor war jegliche Einnahme verboten, bis es 2002 von der Dopingliste des IOC gestrichen wurde. Der bekannteste Fall von Doping mit Pseudoephedrin betraf die rumänische Turnerin Andreea Răducan, die bei den Olympischen Spielen 2000 ihre Goldmedaille zurückgeben musste, weil sie vor einem Wettkampf ein Medikament eingenommen hatte, das Pseudoephedrin enthielt. Bei einer Dopingkontrolle führt die Einnahme von Pseudoephedrin, ähnlich wie beim Ephedrin, zu positivem Testergebnis.

Monopräparate
Rinoral, ehemals Otrinol (CH)

Kombinationspräparate
Aerinaze (A), Aspirin complex (D, A, CH), Benical (CH), BoxaGrippal (D, A), Cirrus (PL), Clarinase (A), Disofrol (CH), Fluimucil Grippe (CH), Olytabs (D), Panadol Antigrippine (CH), Pretuval (CH), ratioGrippal (D), Reactine duo (D), Rhinopront (D), RhinAdvil (F), SpaltGrippal (D), TylolHot (TR), Wick DayNait (D), Wick DuoGrippal (D), Gelocatil gripe (ES)

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Datenblatt (+)-Pseudoephedrine bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 3. November 2016 (PDF).
  2. a b c Eintrag zu Pseudoephedrine in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  3. a b Royal Pharmaceutical Society (Hrsg.): Clarke’s Analysis of Drugs and Poisons FOURTH EDITION. Pharmaceutical Press, London / Chicago 2011, ISBN 978-0-85369-711-4.
  4. Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen, Ephedra spp. (Meerträubel-Arten). (PDF; 1,7 MB) Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin 2012, ISBN 978-3-938163-76-4, S. 223–239.
  5. (+)-PSEUDOEPHEDRINE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 5. Juli 2024.
  6. E. Beubler: Kompendium der Pharmakologie. Springer, Wien 2006, S. 37.
  7. J. C. Selner u. a.: Assessment of nasal patency by rhinoscopic measurement of cross sectional nasal airway area: correlation with subjective nasal symptoms. In: Ann. Allergy, Band 66, 1991, S. 43–47. PMID 1702944.
  8. Eintrag zu Pseudoephedrine in der DrugBank der University of Alberta
  9. Meeting highlights from the Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) 6 - 9 February 2023, PM der EMA vom 10. Februar 2023, abgerufen am 10. Februar 2023
  10. Verbotsliste für 2010. (Memento vom 22. November 2009 im Internet Archive; PDF; 93 kB) WADA.
  11. Pseudoephedrine – can you take it? 27. März 2019, abgerufen am 22. Juli 2022 (englisch).