Psychobilly ist eine Musikrichtung, die zu Beginn der 1980er Jahre in England als Reaktion auf die Rockabilly-Welle entstand. Psychobilly vermischt dabei Rhythmik und Melodik des Rockabilly mit der Aggressivität und Energie der Punkmusik. Besonderen Einfluss auf diesen Musikstil hatten zu Beginn der 1980er Jahre neben den als Begründer des Genres angesehenen The Meteors auch Bands wie The Cramps, Polecats, Blue Cats, Stray Cats, The Deltas, Restless, The Ricochets.[1]
Das Wort Psychobilly wurde erstmals in dem von Wayne Kemp geschriebenem Johnny-Cash-Song One Piece at a Time genannt. In dem Lied wird ein Automobil aus im Laufe der Zeit in der Fabrik gestohlenen und ursprünglich nicht zusammengehörigen Einzelteilen zusammengebaut und „Psychobilly-Cadillac“ genannt.[2] Die Nutzung des Wortes Psycho zeigt auch, woher die meisten Psychobilly-Bands ihre Inspirationen erhalten: Horrorfilme, B-Movies, Geschichten über Psychopathen und Monster.
Psychobilly wird klassischerweise mit Gitarre, Kontrabass mit Slap-Technik oder E-Bass und Schlagzeug gespielt. Variationen mit Saxophon und/oder Klavier/Orgel sind durchaus üblich.
Als Begründer des Psychobilly, wie er sich dann im Laufe der nächsten Jahre durchsetzte, gilt die Band The Meteors, die weitere Bands inspirierten. Zu Beginn wurden die meisten Psychobilly-Bands auf dem englischen Musiklabel Nervous Records veröffentlicht.[3]
Weitere Bands der ersten Psychobilly-Welle:
Neben diesen Psychobilly-Bands (wobei viele davon sich nicht als Psychobilly-Band sahen, sondern eher als Neo-Rockabilly-Band, ein Begriff der sehr eng mit Psychobilly vernetzt ist und stellenweise sogar synonym genutzt wird) gab es auch eine ganze Menge anderer Bands, vor allem aus der damals in Großbritannien sehr aktiven Garage-Punk-Szene. Diese spielten immer wieder mit Psychobilly-Bands zusammen und erhielten vom damaligen Psychobilly-Publikum auch sehr viel Zuspruch. Einige davon waren:
Es gab auch schon erste Anzeichen einer Psychobilly-Subkultur auf dem Festland, überwiegend in Holland, Belgien, Frankreich, Deutschland und der Schweiz. Einige der ersten Bands, die hier in Erscheinung traten, waren z. B.:
Auch auf dem Festland gab es Bands aus angrenzenden Randbereichen, die aufgrund identischer musikalischer Wurzeln und ihres Auftretens zum Grenzbereich der damaligen Psychobilly-Szene gezählt wurden, wie beispielsweise:
Es entstand eine Jugend- oder Subkultur, die sich durch folgende Punkte identifizierte:
Anfang der 1990er Jahre verlagerte sich das Zentrum der Szene von Großbritannien auf das Festland. Die Zahl der Anhänger, Bands und Veranstaltungen auf der Insel nahmen rapide ab – gleichzeitig stieg deren Zahl auf dem Festland an. Als Zentrum bildeten sich Holland und Deutschland heraus. Mit dem Auftreten der Band Skitzo Ende der 1980er Jahre kam eine neue Stilrichtung in die Psychobilly-Musik. Einige Bands spielten sehr schnell und verzerrt und der Gesang wurde aggressiver. Bands dieser zweiten großen Welle waren beispielsweise:
In anderen Ländern, speziell in den USA, waren Psychobilly-Bands bis auf wenige Ausnahmen (Monsters (CH), Quakes (USA), Happy Drivers (F), Brioles (E)) eher eine Randerscheinung und eine Szene wie in Deutschland oder Holland gab es nicht.
Eine Ausnahme bildet Japan. Hier gab es schon Ende der 80er eine aktive Psychobilly-Szene, die jedoch bis auf wenige Ausnahmen (The Falcons) von den Europäern kaum wahrgenommen wurde.
Das alles änderte sich sehr schnell gegen Ende der 1990er Jahre. Psychobilly war plötzlich eine Subkultur mit Bands und aktiven Szenen in Australien (z. B. Fireballs), Brasilien (z. B. Os Catalepticos), Frankreich (z. B. Banane Metallik), der Ukraine (z. B. Mad Heads), Russland (z. B. Meantraitors) und anderen Ländern. Besonders in den USA entstand in den letzten Jahren ein wahrer Psychobilly-Boom (prominentes Beispiel ist Tiger Army).
Das geht so weit, dass die ganz großen Jahres-Top-Festivals, die ursprünglich in England und dann in Deutschland stattfanden, jetzt in den USA stattfinden. Wobei das größte Psychobilly-Festival der Welt, das Satanic Stomp, noch immer alljährlich in Deutschland Anfang April stattfindet.[7]
Sampler, die einen Überblick über Psychobilly geben, sind z. B.:
Die Filmemacher David Kornowski und Michael Meyerhaben 2006 unter dem Titel The Story of Psychobillies Part 1/3 Revolution begonnen, das Thema Psychobilly als Filmdokumentation aufzuarbeiten. Neben zahlreichen Interviews diente ein Bericht des NDR, der 1991 in der Sendung buten un binnen ausgestrahlt wurde, als Grundlage. Der erste Teil wurde im August 2006 auf DVD veröffentlicht. Eine Umsetzung der beiden geplanten Fortsetzungen steht bisher aus.[9]