RS-28 (Rakete)

RS-28 (Rakete)
Video des russischen Verteidigungsministeriums, das den ersten erfolgreichen Test einer RS-28 „Sarmat“ im Kosmodrom Plessezk am 20. April 2022 zeigen soll.

Video des russischen Verteidigungsministeriums, das den ersten erfolgreichen Test einer RS-28 „Sarmat“ im Kosmodrom Plessezk am 20. April 2022 zeigen soll.
Allgemeine Angaben
Typ Interkontinentalrakete
Heimische Bezeichnung RS-28 Sarmat, 15A28
NATO-Bezeichnung SS-X-30 Satan 2
Herkunftsland Russland Russland
Hersteller Staatliches Raketenzentrum Makejew
Entwicklung 2009
Indienststellung in Entwicklung
Technische Daten
Länge 35,5 m
Durchmesser 3,00 m
Gefechtsgewicht 208,1 Tonnen
Antrieb
Erste Stufe
Zweite Stufe
Dritte Stufe

Flüssigkeitsraketentriebwerk
Flüssigkeitsraketentriebwerk
Flüssigkeitsraketentriebwerk
Reichweite 18.000 km
Ausstattung
Lenkung INS und GLONASS
Gefechtskopf 10–15 MIRV Nukleargefechtsköpfe
Waffenplattformen Raketensilo
Listen zum Thema

Die RS-28 „Sarmat“ (russisch РС-28 Сармат) ist eine Interkontinentalrakete aus russischer Produktion. Im GRAU-Index wird sie 15A28 bezeichnet und der NATO-Codename lautet SS-X-30 Satan 2.[1]

Der russische Name RS-28 „Sarmat“ ist eine Referenz an das Nomadenvolk der Sarmaten,[2] die NATO-Bezeichnung „Satan 2“ ergibt sich daraus, dass die RS-28 nicht nur als Nachfolgerin der R-36M mit dem NATO-Code „Satan“ gilt, sondern auch gleich aufgebaut ist.[3]

Die Entwicklungsarbeiten begannen 2009 im Staatlichen Raketenzentrum Makejew in Miass.[2] Die RS-28 „Sarmat“ soll bei den Strategischen Raketentruppen Russlands die aus der Sowjetzeit stammenden R-36M (NATO-Codename: SS-18 Satan) und UR-100N (NATO-Codename: SS-19 Stiletto) ersetzen.[4] Gemäß dem russische Verteidigungsministerium sei die Entwicklung unter anderem eine Reaktion auf das US-System Prompt Global Strike.[5] Im Jahr 2018 lag die RS-28-Produktion auf Basis eines 2011 unterzeichneten Produktionsvertrags etwa zwei Jahre hinter dem Zeitplan zurück,[6] im November 2019 sprach die Nuclear Threat Initiative (NTI) von vier Jahren Rückstand. Zu diesem Zeitpunkt war das System noch nicht als Ganzes getestet worden.[7] Der erste Prototyp der Rakete wurde 2015 fertiggestellt.[8]

Stand September 2024 wurde die RS-28 fünfmal getestet. Vier davon schlugen fehl.[9]

Ab Dezember 2017 wurden mindestens drei sogenannte „Auswurftests“ (englisch „Ejection-Test“) durchgeführt. Dabei wird das Kaltstartverfahren getestet, bei dem die Rakete aus dem Raketensilo ausgestoßen wird, ohne dass dabei das Raketentriebwerk der ersten Raketenstufe gezündet wird.[10][11][12]

Nachdem der erste Flugtest des Gesamtsystems für das Jahr 2017 angekündigt war, fand dieser fünf Jahre später am 20. April 2022 um 15:12 Moskauer Zeit statt.[13][14] Dabei wurde die Rakete aus einem Raketensilo im Kosmodrom Plessezk gestartet. Anschließend sollen die Sprengkopfattrappen laut russischen Angaben zielgenau auf dem Raketentestgelände Kura auf der Halbinsel Kamtschatka eingeschlagen sein.[15][9] Nach dem Test pries der russische Präsident Wladimir Putin die Rakete als technologisch überlegen.[10] Das US-amerikanische Verteidigungsministerium schätzte den Test nicht als Bedrohung ein, Sprecher John Kirby nannte ihn Routine, Russland hatte die USA vorab informiert.[16] Die technische Überlegenheit wurde ebenfalls angezweifelt; die neue Rakete könne nichts, was ihr Vorgänger nicht auch beherrscht hätte; selbst die Ausrüstung mit möglicherweise zwei Awangard-Gleitflugkörpern müsse nicht ein Vorteil gegenüber den 10 Sprengköpfen der Vorgängerraketen sein.[3]

NASA FIRMS Bilder des Brandes vom 20. und 21. September 2024 auf dem Kosmodrom Plessezk nach der fehlgeschlagene RS-28 Test.

Ein dritter Flugtest erfolgte laut US-amerikanischen Beamten Ende Februar 2023. Auch bei diesem Test sollen die USA vorab informiert worden sein. Der Flugtest soll mit einer Havarie geendet haben.[17][18] Ein im September 2024 erfolgter fünfter Test schlug offensichtlich ebenfalls fehl. Satellitenbildern zufolge scheint die Rakete beim Start oder unmittelbar nach dem Start explodiert zu sein. Bei der Explosion wurde das Raketensilo zerstört.[9]

Die RS-28 Sarmat ist eine dreistufige Interkontinentalrakete mit Flüssigkeitsraketentriebwerken. Ein Großteil Technik basiert auf der R-36M. Die RS-28 soll eine Gesamtmasse von rund 208 t haben, rund 35 m lang sein und eine Maximalreichweite von rund 18.000 km besitzen und aus Raketensilos gestartet werden.[12] Verglichen mit der US-amerikanischen LGM-30 Minuteman III wäre die Sarmat damit ungefähr sechsmal so schwer und doppelt so lang.[8][19]

Die Sarmat kann eine geschätzte Nutzlast von 10 t transportieren.[8] Laut Generaloberst Sergej Karakajew (Befehlshaber der strategischen Raketentruppen des russischen Militärs) soll die Rakete mehrere Awangard-Stratosphären-Gleitflugkörper transportieren können.[20] Die russische Angabe, sie könne über 15 MIRV-Nuklearsprengköpfe befördern, wird von Nuklearwaffen-Forschern der Federation of American Scientists als übertrieben angesehen, sie gehen von maximal 10 Sprengköpfen aus.[21] Die RS-28 soll über eine leistungsstarke erste Raketenstufe verfügen. Somit soll sie schneller als bisherige Interkontinentalraketen die unteren Atmosphärenschichten durchqueren. Dadurch wird eine Lokalisierung durch weltraumbasierte Sensoren erschwert.[22][23]

Indienststellung

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Die RS-28 sollen in ausgedienten R-36M-Raketensilos stationiert werden. Die Rakete soll laut einer Aussage im Jahr 2014 von einer ungenannten Quelle aus dem russischen Verteidigungsministerium bei den russischen Streitkräften in Uschur und Dombarowski in sieben Regimentern stationiert werden. Die Quelle sprach dabei von 46 Raketen.[14] Dmitri Rogosin, der damalige Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, äußerte sich der Agentur Interfax zufolge am 22. Mai 2022, Russland beabsichtige bis Ende Herbst 2022 rund 50 neue Interkontinentalraketen vom Typ RS-28 in den Dienst zu stellen. Die Raketen sollen im sibirischen Krasnojarsk produziert werden.[24] Die Serienproduktion soll laut russischen Quellen angeblich im November 2022 begonnen haben.[25] Unter Berufung auf Roskosmos-Direktor Juri Borissow berichteten russische Medien Anfang September 2023, die RS-28 sei nun in Dienst.[26] Im Widerspruch dazu ließ der Verteidigungsminister Sergei Schoigu am 7. Oktober 2023 anlässlich eines Besuchs der Rüstungsfabrik Kramasch in der sibirischen Stadt Krasnojarsk verlauten, die Sarmat-Raketen würden „in naher Zukunft in den Dienst gestellt“.[27]

Einzelnachweise

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  1. Новую тяжелую ракету „Сармат“ будут делать в Красноярске — Российская газета: Новую тяжелую ракету „Сармат“ будут делать в Красноярске — Российская газета, abgerufen am 31. Juli 2018
  2. a b Key facts about Russia’s advanced Sarmat ICBM system. TASS, 1. März 2018, abgerufen am 14. Mai 2022 (englisch).
  3. a b Хоть чучелом, хоть пушкой. Nowaja gaseta. Europa, 20. August 2022.
  4. Hans M. Kristensen, Matt Korda, Eliana Johns and Mackenzie Knight: Russian nuclear weapons, 2024. In: thebulletin.org. Bullentin of the Atomic Scientists, abgerufen am 10. September 2024 (englisch).
  5. "Минобороны рассказало о тяжелой баллистической ракете - неуязвимом для ПРО ответе США". Das Russische Verteidigungsministerium spricht über eine schwere ballistische Rakete – als Antwort auf die US -Raketen Verteidigung. In: newsru.com. 31. Mai 2014, abgerufen am 22. April 2022.
  6. Michael Kofman: Emerging Russian Weapons: Welcome to the 2020s (Part 1 – Kinzhal, Sarmat, 4202). In: russianmilitaryanalysis.wordpress.com. Russia Military Analysis, 4. März 2018, abgerufen am 31. Januar 2019 (englisch).
  7. Russia's New Nuclear Weapon Delivery Systems – An Open-Source Technical Review, Nuclear Threat Initiative, 13. November 2019
  8. a b c RS-28 Sarmat. In: Missile Threat. Center for Strategic and International Studies, 31. Juli 2021, abgerufen am 21. April 2022 (amerikanisches Englisch).
  9. a b c Marc Hasse, Christoph Seidler: (S+) Russland und die RS-28 Sarmat: Fachleute spotten über Putins »Wunderwaffe«. In: Der Spiegel. 23. September 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. September 2024]).
  10. a b Mathias Brüggmann: Sarmat-Raketen: Putin droht dem Westen mit neuer Atomwaffe – doch die USA winken ab. In: Handelsblatt.com. Handelsblatt, 20. April 2022, abgerufen am 22. April 2022.
  11. Mike Wall: Russia conducts 1st full flight test of new 'Sarmat' intercontinental ballistic missile. In: Space.com. Space.com, 22. April 2022, abgerufen am 22. April 2022 (englisch).
  12. a b Miko Vranic: Russia's Sarmat super-heavy ICBM undergoes first full flight test. In: Janes.com. Janes, 21. April 2022, abgerufen am 22. April 2022 (englisch).
  13. Russianforces.org: Sarmat deployment plans
  14. a b Источник: МБР „Сармат“ будут вооружены семь ракетных полков РВСН. In: ria.ru. RIA Novosti, 26. Dezember 2014, abgerufen am 30. April 2022 (russisch).
  15. David E. Sanger: Russia’s Missile Test Fuels U.S. Fears of an Isolated Putin. In: The New York Times. 20. April 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 21. April 2022]).
  16. Machtdemonstration: Russland testet Interkontinentalrakete. In: sueddeutsche.de. dpa, 20. April 2022, abgerufen am 22. April 2022.
  17. Russianforces.org: Failed flight test of Sarmat
  18. Oren Liebermann, Natasha Bertrand: US believes Russia had failed intercontinental ballistic missile test around when Biden was in Ukraine. In: cnn.com. 22. Februar 2023, abgerufen am 17. August 2023 (amerikanisches Englisch).
  19. Jörg Römer: (S+) Russland – Test von neuer Interkontinentalwaffe: Wie gefährlich ist die Sarmat-Rakete? In: Der Spiegel. 21. April 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 22. April 2022]).
  20. Ukraine-News am Sonntag: Sarmat-Rakete soll mehrere Hyperschallwaffen tragen können. In: Der Spiegel. 24. April 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 24. April 2022]).
  21. Bulletin of the Atomic Scientists: Hans M. Kristensen & Matt Korda: Russian nuclear forces, 2019
  22. Frank Herold: USA modernisieren Raketenabwehr. In: Der Tagesspiegel. Verlag Der Tagesspiegel GmbH, 18. Januar 2019, abgerufen am 2. Februar 2019: „Mit aufwändigen Computer-Simulationen präsentierte Putin damals die Interkontinentalrakete „RS 28 Sarmat“. Ihre Triebwerke hätten eine so kurze Brenndauer, erklärte der russische Präsident damals, dass sie kaum abzufangen sei“
  23. Alexandra Leistner: Video: Russland testet neue „Satan“-Interkontinentalrakete. In: euronews.com. 13. März 2018, abgerufen am 2. Februar 2019: „Der RS-28 Sarmat soll bis zu 10 oder 15 Atomsprengköpfe tragen und mit Überschallgeschwindigkeit fliegen können.“
  24. Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage. In: sueddeutsche.de. dpa, 22. Mai 2022, abgerufen am 22. Mai 2022.
  25. Russlands Hightech-Waffe: Interkontinentalrakete "Sarmat" geht in Serie. In: rtde.live. "TV-Novosti", 25. November 2022, abgerufen am 27. November 2022.
  26. https://english.pravda.ru/news/russia/157558-russa_sarmat/
  27. Moskau: Neue Interkontinentalrakete bald einsatzbereit orf.at, 7. Oktober 2023, abgerufen am 7. Oktober 2023.