Ramadi

Ramadi
Lage
Ramadi (Irak)
Ramadi (Irak)
Ramadi
Koordinaten 33° 26′ N, 43° 18′ OKoordinaten: 33° 26′ N, 43° 18′ O
Staat Irak Irak
Gouvernement al-Anbar
Basisdaten
Einwohner 274.539 (2012)[1]
Bürgermeister Ahmed Al-Dulaimi

Ramadi (arabisch الرمادي ar-Ramādī) ist eine Stadt im Irak, am Euphrat, ungefähr 110 Kilometer westlich von Bagdad, nordwestlich des Al-Habbaniyya-Sees (Buhairat al-Habbāniyya), mit 274.539 Einwohnern (letzte Änderung 28. Februar 2012).[1] Ramadi ist die Hauptstadt der Provinz al-Anbar.

Schon 1836 berichtete der britische Entdecker Francis Rawdon Chesney von einer „hübschen kleinen Stadt“ im fruchtbaren Schwemmland. Das heutige Ramadi wurde 1870 von Midhat Pascha, einem der lokalen Herrscher des Osmanischen Reichs entlang der Straße zwischen der Levante und Bagdad gegründet; Ziel war die Ansiedlung und Sesshaftmachung nomadischer Beduinenstämme.[2]

Erster Weltkrieg

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ramadi war im Rahmen der Mesopotamienfront heftig umkämpft. Die Briten kämpften in zwei Schlachten gegen das Osmanische Reich im Juli und September 1917, wobei sie die erste Schlacht verloren und die zweite gewannen.

Bei der ersten Schlacht unterlag Lieutenant General Frederick Stanley Maude wegen extremer Hitze, Disorganisation, türkischem Artilleriefeuer und einem Sandsturm.[3]

Im September 1917 versuchte Maude wieder die Eroberung der Stadt. Die Angriffswelle wurde von Major General H.T. Brookings geführt.

Zweiter Weltkrieg

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Militärputsch im Irak 1941 begann der Anführer des Coups eine Belagerung des nahe Ramadi gelegenen britischen Luftwaffenstützpunktes RAF Habbaniya. Der britische Gegenangriff führte zum anglo-irakischen Krieg.

Zwischen 1952 und 1956 wurde das Ramadi-Stauwehr über den Euphrat nach den Plänen eines britischen Ingenieurbüros von dem französischen Unternehmen Hersent gebaut,[4] mit dem sein Wasser über einen Kanal in den Al-Habbaniyya-See geleitet werden kann.

Ab Golf- und Irakkriegen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1995 war Ramadi Schauplatz von Massendemonstrationen gegen Saddam Hussein, obwohl das restliche „sunnitische Dreieck“ als eine Hochburg der Unterstützung für Saddam Hussein galt.[5] Auslöser war die Hinrichtung von Mitgliedern örtlicher Stämme aus Ramadi.[6]

Nach dem Irakkrieg entfernte die Übergangsverwaltung der Koalition im Irak Mitglieder der Baath-Partei aus dem politischen Apparat des Irak und löste die irakische Armee auf. In Ramadi waren besonders viele Amtsträger bzw. Militärs von diesen „Säuberungen“ betroffen und machten Ramadi in der Folge zu einem Hort des Widerstands gegen die Besatzer.[7]

Am 31. August 2013 wurden durch die Explosion einer Autobombe nahe einem Checkpoint im Stadtzentrum 12 Menschen getötet und mindestens 20 weitere verletzt.[8]

Besetzung durch den IS

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Dezember 2013 begannen Kämpfer der dschihadistisch-salafistischen Organisation Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIS) die Städte Falludscha und Ramadi unter ihre Kontrolle zu bringen. Die irakische Regierung entsandte Soldaten der Iraqi Special Operations Forces (ISOF) zur Terrorismusbekämpfung in beide Städte.[9][10] Am 15. Mai 2015 meldeten Medien die Eroberung Ramadis durch die mittlerweile in „Islamischer Staat“ umbenannte Terrororganisation.[11][12] In einem Fernsehinterview warf US-Verteidigungsminister Ashton Carter den irakischen Truppen daraufhin vor, keinen Kampfeswillen gezeigt zu haben.[13][14]

Im Herbst 2015 wurde der Belagerungsring um die Stadt immer enger gezogen. Am 23. November 2015 waren angeblich 14 von 39 Stadtbezirken Ramadis von regierungstreuen Einheiten eingenommen,[15] am 28. November 2015 die Brücke über den Euphrat.[16] Nach Angaben der Irakischen Armee hat sie die Stadt bis zum 28. Dezember 2015 vollständig vom IS zurückerobert.[17]

Commons: Ramadi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Geonames.org cities15000.zip (ZIP-Datei, 1,8 MB)
  2. Aref Abu-Rabia: A Bedouin Century. Berghahn Books, 2001, ISBN 978-1-57181-832-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Christopher J. Richman & Priscilla Mary Roberts: Encyclopedia Of World War I: A Political, Social, And Military History. Hrsg.: Tucker, Spencer C. ABC-CLIO, 2005, ISBN 978-1-85109-420-2, S. 966–67 (google.com).
  4. Tabular Summary of Civil Engineering Contract 1953 – Irrigation. (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gracesguide.co.uk In: The Engineer. 29. Januar 1954, S. 27 (digital S. 24 von 58) (PDF, 21 MB)
  5. Amatzia Baram: Auf die Leibwächter kommt es an. Warum ist Saddam Hussein immer noch an der Macht? In: Der Überblick. Jg. 31 (1995), Heft 4, S. 64–66.
  6. Ahmed Hashim: Insurgency and Counter-insurgency in Iraq. Cornell University Press, 2006, ISBN 978-0-8014-4452-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Michael Fitzsimmons: Governance, identity, and counterinsurgency. Evidence from Ramadi and Tal Afar. U.S. Army War College Press, Carlisle Barracks 2013, ISBN 978-1-58487-567-3, S. 23.
  8. Kamal Namaa, Raheem Salman, Sylvia Westall und Alison Williams: Car bomb in Iraqi city of Ramadi kills 12. Reuters, 31. August 2013, abgerufen am 1. Oktober 2013.
  9. Daniel Glaus: Islamisten verkünden im Irak Gottesstaat. In: tagesanzeiger.ch. 2. Januar 2014, abgerufen am 16. Februar 2015.
  10. AFP: Islamistische Rebellen auf dem Vormarsch. In: FAZ.net. 2. Januar 2014, abgerufen am 16. Februar 2015.
  11. IS Ramadi: IS erobert Provinzhauptstadt im Irak. In: fr-online.de. 15. Mai 2015 (fr.de [abgerufen am 15. Mai 2015]).
  12. dpa/AFP: IS erobert Ramadi – Schiitische Milizen rüsten sich zum Kampf. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 18. Mai 2015, abgerufen am 24. Mai 2015.
  13. Diese Äußerung verbreitete das US-Verteidigungsministerium sogar noch in einer eigenen Pressemitteilung: Carter: Iraqi Forces Failed to Fight for Ramadi.
  14. Birger Menke vermutet: "Dass Carter nun mit derart deutlichen Worten vorprescht, mag auch daran liegen, dass die Truppen in Ramadi viele Fahrzeuge zurückließen, die sie von den USA erhalten hatten, darunter auch Panzer. Sie sind nun aller Wahrscheinlichkeit nach in der Hand der Islamisten." – US-Verteidigungsminister kritisiert Iraks Truppen: "Keinen Willen zum Kampf gezeigt"
  15. iraqinews.com
  16. Iraqi forces cut last IS supply line to Ramadi by retaking bridge. In: Reuters. 26. November 2016 (reuters.com [abgerufen am 1. Februar 2017]).
  17. Kampf gegen IS: Irakische Truppen melden vollständige Rückeroberung Ramadis. Spiegel Online, 28. Dezember 2015, abgerufen am gleichen Tage