Eine reguläre, invertierbare oder nichtsinguläre Matrix ist in der Mathematik eine quadratische Matrix, die eine Inverse besitzt. Reguläre Matrizen können auf mehrere äquivalente Weisen charakterisiert werden. Zum Beispiel zeichnen sich reguläre Matrizen dadurch aus, dass die durch sie beschriebene lineare Abbildung bijektiv ist. Daher ist ein lineares Gleichungssystem mit einer regulären Koeffizientenmatrix stets eindeutig lösbar. Die Menge der regulären Matrizen fester Größe mit Einträgen aus einem Ring oder Körper bildet mit der Matrizenmultiplikation als Verknüpfung die allgemeine lineare Gruppe.
Nicht zu jeder quadratischen Matrix existiert eine Inverse. Eine quadratische Matrix, die keine Inverse besitzt, wird singuläre Matrix genannt.
Eine quadratische Matrix
mit Einträgen aus einem unitären Ring
(in der Praxis meist dem Körper der reellen Zahlen) heißt regulär, wenn eine weitere Matrix
existiert, sodass
![{\displaystyle A\cdot B=B\cdot A=I}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ffdfa08a6ace2405e6e62d8402d4d10f4d6faca4)
gilt, wobei
die Einheitsmatrix bezeichnet. Die Matrix
ist hierbei eindeutig bestimmt und heißt inverse Matrix zu
. Die Inverse einer Matrix
wird üblicherweise mit
bezeichnet. Bei einer singulären Matrix existiert keine solche Matrix
.
Ist
ein kommutativer Ring, Körper oder Schiefkörper, so sind die beiden Bedingungen
und
äquivalent, das heißt, eine linksinverse Matrix ist dann auch rechtsinvers und umgekehrt, sprich, die obige Bedingung lässt sich durch
beziehungsweise
abschwächen.
Die reelle Matrix
![{\displaystyle A={\begin{pmatrix}2&3\\1&2\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/63385caf1eb11ba34ea82096309814e66d34e5e8)
ist regulär, denn sie besitzt die Inverse
,
mit
.
Die reelle Matrix
![{\displaystyle A={\begin{pmatrix}2&3\\0&0\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/80f7341abe48db87f67cce10d5ce90187b64bcd9)
ist singulär, denn für eine beliebige Matrix
![{\displaystyle B={\begin{pmatrix}a&b\\c&d\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/46c7d165e73e86342ec598d91739e4ea5d634804)
gilt
.
Eine
-Matrix
mit Einträgen aus einem Körper
, zum Beispiel die reellen oder komplexen Zahlen, ist genau dann invertierbar, wenn eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist:
- Es gibt eine Matrix
mit
.
- Die Determinante von
ist ungleich null:
.
- Die Null ist kein Eigenwert von
.
- Das lineare Gleichungssystem
besitzt nur die triviale Lösung
.
- Für jedes
existiert mindestens eine Lösung
des linearen Gleichungssystems
.
- Für jedes
existiert höchstens eine Lösung
des linearen Gleichungssystems
.
- Die Zeilenvektoren sind linear unabhängig.
- Die Zeilenvektoren erzeugen
.
- Die Spaltenvektoren sind linear unabhängig.
- Die Spaltenvektoren erzeugen
.
- Die durch
beschriebene lineare Abbildung
,
, ist bijektiv.
- Die transponierte Matrix
ist invertierbar.
- Der Rang der Matrix
ist gleich
.
Bei einer singulären
-Matrix
mit Einträgen aus einem Körper
ist keine der obigen Bedingungen erfüllt.
Allgemeiner ist eine
-Matrix
mit Einträgen aus einem kommutativen Ring mit Eins
genau dann invertierbar, wenn eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist:
- Es gibt eine Matrix
mit
.
- Die Determinante von
ist eine Einheit in
(man spricht auch von einer unimodularen Matrix).
- Für alle
existiert genau eine Lösung
des linearen Gleichungssystems
.
- Für alle
existiert mindestens eine Lösung
des linearen Gleichungssystems
.
- Die Zeilenvektoren bilden eine Basis von
.
- Die Zeilenvektoren erzeugen
.
- Die Spaltenvektoren bilden eine Basis von
.
- Die Spaltenvektoren erzeugen
.
- Die durch
beschriebene lineare Abbildung
,
, ist surjektiv (oder gar bijektiv).
- Die transponierte Matrix
ist invertierbar.
Bei einer singulären
-Matrix
mit Einträgen aus einem kommutativen Ring mit Eins
ist keine der obigen Bedingungen erfüllt.
Der wesentliche Unterschied zum Fall eines Körpers ist hier also, dass im Allgemeinen aus der Injektivität einer linearen Abbildung nicht mehr ihre Surjektivität (und damit ihre Bijektivität) folgt, wie bereits das einfache Beispiel
,
zeigt.
Die Matrix
![{\displaystyle A={\begin{pmatrix}3x^{3}&x^{2}-1\\3x^{2}+3&x\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/fd72061bcea7be35c3c6591f518216b1b7e0b267)
mit Einträgen aus dem Polynomring
hat die Determinante
und
ist invertierbar in
. Somit ist
regulär in
. Die inverse Matrix ist
.
Die Matrix
![{\displaystyle A={\begin{pmatrix}[2]_{17}&[1]_{17}\\{}[6]_{17}&[4]_{17}\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/bad0d4c1621954b6d5b3d0fa10da71eb30629689)
mit Einträgen aus dem Restklassenkörper
hat die Determinante
und
ist invertierbar in
. Somit ist
regulär in
. Die inverse Matrix ist
.
Die Matrix
![{\displaystyle A={\begin{pmatrix}[3]_{12}&[7]_{12}\\{}[1]_{12}&[9]_{12}\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/572e98ca40f66a507b7775bd64cd9cd4cdcf0737)
mit Einträgen aus dem Restklassenring
hat die Determinante
. Da
und
nicht teilerfremd sind, ist
in
nicht invertierbar. Daher ist
nicht regulär.
Ist die Matrix
regulär, so ist auch
regulär mit der Inversen
.
Sind die beiden Matrizen
und
regulär, so ist auch ihr Produkt
regulär mit der Inversen
.
Die Menge der regulären Matrizen fester Größe bildet demnach mit der Matrizenmultiplikation als Verknüpfung eine (im Allgemeinen nichtkommutative) Gruppe, die allgemeine lineare Gruppe
. In dieser Gruppe ist die Einheitsmatrix das neutrale Element und die inverse Matrix das inverse Element. Für eine reguläre Matrix
gelten damit auch die Kürzungsregeln
![{\displaystyle A\cdot B=A\cdot C\Rightarrow B=C}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/76ccb6a3d602e8854e0d836eeef9634251c80072)
und
,
wobei
und
beliebige Matrizen passender Größe sind.
Eine singuläre Matrix besitzt den Eigenwert null, d. h., es gibt einen vom Nullvektor verschiedenen Vektor, der von der Matrix auf ersteren abgebildet wird. Alle Vektoren, die von der Matrix auf den Nullvektor abgebildet werden, erzeugen den Eigenraum zum Eigenwert null. Die Dimension dieses Eigenraumes ist die geometrische Vielfachheit des Eigenwerts null, siehe Jänich (2008), S. 197 ff.
Ist eine quadratische Blockmatrix
gegeben, wobei
und das Schur-Komplement
von
in
eine reguläre Matrix ist, dann ist auch
eine reguläre Matrix und es gilt
![{\displaystyle M=\left({\begin{matrix}I&0\\CA^{-1}&I\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}A&0\\0&M/A\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}I&A^{-1}B\\0&I\end{matrix}}\right)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0a42ea68a5425fb05c8e6acc6f10b92f6a74765e)
Daraus folgt für die inverse Matrix
![{\displaystyle {\begin{aligned}M^{-1}&=\left({\begin{matrix}I&A^{-1}B\\0&I\end{matrix}}\right)^{-1}\left({\begin{matrix}A&0\\0&M/A\end{matrix}}\right)^{-1}\left({\begin{matrix}I&0\\CA^{-1}&I\end{matrix}}\right)^{-1}\\&=\left({\begin{matrix}I&-A^{-1}B\\0&I\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}A^{-1}&0\\0&(M/A)^{-1}\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}I&0\\-CA^{-1}&I\end{matrix}}\right)\\&=\left({\begin{matrix}A^{-1}+A^{-1}B(M/A)^{-1}CA^{-1}&-A^{-1}B(M/A)^{-1}\\-(M/A)^{-1}CA^{-1}&(M/A)^{-1}\end{matrix}}\right)\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/41899c1ba769596197f055a5914984082d818093)
Wenn
und das Schur-Komplement
von
in
eine reguläre Matrix ist, gilt entsprechend
![{\displaystyle M=\left({\begin{matrix}I&BD^{-1}\\0&I\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}M/D&0\\0&D\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}I&0\\D^{-1}C&I\end{matrix}}\right)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/469a8afa6b8342225d14d269bae73801af9f31f8)
und für die inverse Matrix[1]
![{\displaystyle {\begin{aligned}M^{-1}&=\left({\begin{matrix}I&0\\D^{-1}C&I\end{matrix}}\right)^{-1}\left({\begin{matrix}M/D&0\\0&D\end{matrix}}\right)^{-1}\left({\begin{matrix}I&BD^{-1}\\0&I\end{matrix}}\right)^{-1}\\&=\left({\begin{matrix}I&0\\-D^{-1}C&I\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}(M/D)^{-1}&0\\0&D^{-1}\end{matrix}}\right)\left({\begin{matrix}I&-BD^{-1}\\0&I\end{matrix}}\right)\\&=\left({\begin{matrix}(M/D)^{-1}&-(M/D)^{-1}BD^{-1}\\-D^{-1}C(M/D)^{-1}&D^{-1}+D^{-1}C(M/D)^{-1}BD^{-1}\end{matrix}}\right)\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8a211e97abbe9fc987100d103299a6ba40040c61)
Mithilfe dieser Formel kann die inverse Matrix einer quadratischen (
)-Blockmatrix
mit Blöcken der Dimension
effizient berechnet werden. Es ist also
. Die Laufzeit für die Inversion beträgt
. Im Vergleich dazu beträgt die Laufzeit für den Gauß-Jordan-Algorithmus
.[2]
Eine Matrix mit Einträgen aus einem Restklassenkörper
mit einer Primzahl
ist genau dann regulär, wenn die Zeilenvektoren linear unabhängig sind.
Für den Restklassenkörper
kann die Anzahl der regulären
-Matrixen wie folgt berechnet werden:
- Jedes der
Elemente der 1. Zeile kann unabhängig voneinander 2 Werte annehmen. Der Nullvektor ist ausgeschlossen. Für die 1. Zeile gibt es also
Möglichkeiten.
- Für die 2. Zeile sind alle Vektoren ausgeschlossen, die eine Linearkombination der 1. Zeile sind, also
Vektoren. Für die 2. Zeile gibt es also
Möglichkeiten.
- Für die 3. Zeile sind alle Vektoren ausgeschlossen, die eine Linearkombination der 1. Zeile und 2. Zeile sind, also
Vektoren. Für die 3. Zeile gibt es also
Möglichkeiten.
- Allgemein gibt es für die Zeile mit dem Index
also
mögliche Werte. Für alle Zeilen der Matrix ergeben sich daher insgesamt
Möglichkeiten.
Daraus lässt sich der Anteil der regulären
-Matrixen an allen
-Matrixen bestimmen. Es gibt
verschiedene
-Matrixen, weil jedes der
Elemente unabhängig voneinander 2 Werte annehmen kann. Der Anteil der regulären
-Matrixen beträgt daher
![{\displaystyle {\begin{aligned}&(2^{n}-2^{0})\cdot (2^{n}-2^{1})\cdot (2^{n}-2^{2})\cdot \ldots \cdot (2^{n}-2^{n-1})/2^{n\cdot n}\\&={\frac {2^{n}-2^{0}}{2^{n}}}\cdot {\frac {2^{n}-2^{1}}{2^{n}}}\cdot {\frac {2^{n}-2^{2}}{2^{n}}}\cdot \ldots \cdot {\frac {2^{n}-2^{n-1}}{2^{n}}}\\&=\left(1-{\frac {1}{2^{n}}}\right)\cdot \left(1-{\frac {1}{2^{n-1}}}\right)\cdot \left(1-{\frac {1}{2^{n-2}}}\right)\cdot \ldots \cdot \left(1-{\frac {1}{2^{1}}}\right)\\&=\prod _{k=1}^{n}\left(1-\left({\frac {1}{2}}\right)^{k}\right)\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/2e34b8b13ae6396fbf601a9509aa5965d0fceb81)
Für
gegen unendlich konvergiert dieses Produkt nach dem Pentagonalzahlensatz wegen
gegen einen endlichen Grenzwert. Dieser beträgt etwa 0,289.
Dieses Ergebnis lässt sich für beliebige Primzahlen
auf den Restklassenkörper
verallgemeinern. Es gibt
verschiedene
-Matrixen, von denen
reguläre
-Matrixen sind. Der Anteil der regulären
-Matrixen beträgt
.[3]
- ↑ Stephen M. Watt, University of Western Ontario: Pivot-Free Block Matrix Inversion
- ↑ Iria C. S. Cosme, Isaac F. Fernandes, Joao L. de Carvalho, Samuel Xavier-de-Souza: Memory-Usage Advantageous Block Recursive Matrix Inverse
- ↑ StackExchange: Number of non singular matrices over a finite field of order 2