Rokin | |
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Straße in Amsterdam | |
Rokin, während des Koningsdag, 2020 | |
Basisdaten | |
Ort | Amsterdam |
Stadtbezirk | Amsterdam-Centrum |
Angelegt | 1559 |
Neugestaltet | 1933–1936 |
Hist. Namen | Ruck-in, Rocke inne, ’t Rockin |
Plätze | Dam |
Bauwerke | Allard Pierson Museum |
Metrolijn 52 | Rokin |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 550 m |
Der Rokin ist ein Gewässer und eine Straße in Amsterdam-Centrum, gelegen zwischen dem Dam und dem Muntplein und war früher ein Teil des Laufs der Amstel.
Die frühesten Erwähnungen des Namens Rokin stammen aus den Jahren 1559 (als „Ruck-in“), 1563 („Rock Inne“) und 1564 („’t Rockin“). Der Name bezeichnete den Kai, der kurz zuvor an der Westseite der damaligen Amstel, südlich des Dams, angelegt worden war. Dadurch mussten die Gebäude, die bis dahin direkt am Wasser der Amstel standen, „einrücken“.
Es gibt keine historische Herleitung für die Legende, wonach „Rokin“ eine Verballhornung von „Rak-in“ sei. „Rak“ ist im Niederländischen die Bezeichnung für einen geraden schiffbaren Kanalabschnitt (wie auch in Damrak oder Skagerrak), aber dieses Wort wurde nie in „Rok“ gewandelt und es wurde niemals eine Präposition oder ein Adverb dahinter gesetzt. Bereits seit dem 17. Jahrhundert wird das Gewässer meist schon als „Rokin“ erwähnt.[1]
Auf dem Höhepunkt des Goldenen Zeitalters, war der Rokin eine angesehene Straße. Hier wohnten die reichsten und mächtigsten Amsterdamer, wie etwa die Familie Trip, die mit Kanonen ihr Geld erwirtschafteten sowie die Familie Van Lennep. Das fast stehende und dadurch Gerüche ausströmende Wasser des Rokin bildete einen Binnenhafen für Schiffe nach Utrecht, Gouda und Woerden. In späteren Jahrzehnten verkam die Straße jedoch. Bekannt wurde das „Slaaphuis“, ein Bordell von Anna Roos und Pieter Ribbens, in dem drei Prostituierte arbeiteten. Dies kehrte sich erneut nach der Gründerzeit um. Es gab viele Kunsthändler, darunter ein Onkel Vincent van Goghs, Banken und Kaufhäuser wurden gegründet. Auch die Prostitution verschwand. Der Franzose Joseph Duport eröffnete 1836 sein Varieté „Grand Café Nord“, welches aber schon zwei Jahre darauf abbrannte, worauf er in der Parallelstraße Nes seinen Salon des Variétés gründete. Im Kontrast zu dieser eleganten Entwicklung stellte das Gewässer des Rokin weiter ein olifaktorisches Problem dar.
So wurde in den 1920er Jahren darüber diskutiert, ob ein Teil des Rokin nicht verfüllt werden sollte, um dem strengen Geruch zu begegnen aber auch Platz für den (umsatzsteigernden) Autoverkehr zu schaffen. Auf der anderen Seite standen die Befürworter des Erhalts des jahrhundertealten Stadtbildes. „Stadtschändung“ und „Vandalismus“ nannte der Künstler Jan Veth den Plan. Schließlich wurde dieser Abschnitt der Amstel zwischen dem Spui und dem Dam in den 1930er Jahren in zwei Etappen (1933 und 1936) trockengelegt. Auf der neu entstandene Fläche wurde zunächst ein bewirtschafteter Parkplatz angelegt.[2] In dem verbleibenden Teil des Gewässers legen heute touristische Rundfahrtboote an.
Ein Team von Archäologen des städtischen Amts für Monumenten & Archeologie führte während des Baus der U-Bahn Noord-Zuidlijn Ausgrabungen durch. In einer Baugrube, die bis zu acht Meter unter dem Amsterdamer Pegel lag, fanden sie eine große Ansammlung von Gegenständen aus der Zeit von 1300 bis 1900.[3] Neben Dutzenden von Töpfen und Krügen fanden sich auch komplette Schuhe, Knochenmaterial und zahlreiche Metallgegenstände. Auffallend war, dass viele Töpferwaren ganz oder fast vollständig erhalten waren.[4] Dies geschah vermutlich deshalb, da das Wasser der Amstel hier wesentlich ruhiger war als im verkehrsreichen und von den Gezeiten beherrschten Damrak, wo hauptsächlich nur Scherben gefunden wurden.
Zwischen 2003 und 2020 erfolgten am Rokin die Bauarbeiten der U-Bahn, wie auch der Metrostation Rokin. Der bei den Amsterdamern von Anfang an umstrittene Bau zeitigte tatsächlich einige der befürchteten bedenklichen Situationen. So war man 2006 im Untergrund des Rokin auf eine 350 Jahre alte Uferbefestigung von harten Eichenpfählen gestoßen, die nur Stamm für Stamm mit einem speziell entwickelten Gerät entfernt werden konnten, da sonst der Boden und die angrenzenden Gebäude weggerutscht wären. So wie es vier Jahre später an der Vijzelgracht tatsächlich noch geschehen sollte.[5] Zwischen Dam und Spui wurde die Haltestelle in einer tiefen Baugrube errichtet, darüber befanden sich ein Fahrradunterstellplatz und ein Parkplatz. Nach der Verfüllung der Baugrube wurde der Rokin zusammen mit dem Damrak im Rahmen des städtischen Projekts Rode Loper mit grauen Natursteinpflastern und Beleuchtung neu gestaltet. Auf einem neuen Platz vor dem nördlichen U-Bahn-Eingang wurde nach einem zuvorigen Auswahlverfahren ein Bronzebrunnen des Künstlers Mark Manders aufgestellt. Es gab in den 1990er Jahren Vorschläge, die historische Situation eines durchgehenden Gewässers wieder herzustellen und den Rokin nach dem Bau der Noord/Zuidlijn bis zum Dam wieder aufzugraben, aber diese Pläne wurden von den Geschäftsinhabern rund um den Rokin abgelehnt.[6] Im U-Bahnhof ist zwischen den Rolltreppen ein großer Teil der archäologischen Funde in von oben einsehbaren Vitrinen ausgestellt.
Oberirdisch fahren die Amsterdamer Straßenbahnen der Linien 4 und 14 sowie Nachtbuslinien über den Rokin.
Bis 1908 stand am Rokin die Kapelle der Heilige Stede (Nieuwezijds Kapel). Diese Kirche wurde zu Ehren und zwei Jahre nach dem „Mirakel van Amsterdam“, einer Wundererscheinung der Eucharistie im Jahr 1345, errichtet. In 1988 wurde auf dem Bürgersteig auf der Höhe Rokin 78–80 aus einem Überbleibsel der Kirche die „Mirakelkolom“, eine Säule aus Naturstein mit Betonfundament, aufgestellt.
In den Jahren 1608/1609 wurde nach einem Entwurf von Hendrick de Keyser die erste Amsterdamer Börse auf der anderen Seite des Rokin in der Nähe des Dam-Platzes errichtet. Diese alte Amsterdamer Börse, die während des Goldenen Zeitalters eine wichtige Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg der Stadt spielte, wurde im Jahr 1835 abgerissen und durch Nachfolgebauten ersetzt. Das Gebäude stand auf Bögen über dem Fluss. Ein zentraler Tunnel ermöglichte es einem Schiff unter der Börse hindurch zum Damrak zu fahren. Das Beurspoortje (etwa: „Börsentörchen“), eine Verbindung zwischen Dam und Rokin, existierte noch bis 1913. Unterhalb der 1913–1916 fertiggestellten Gebouw Industria, am nördlichen Ende des Rokin, befindet sich ein neues „Beurspoortje“, das daran erinnert. Der Durchgang führte zu den alten Amsterdamer Börsen am Dam und Damrak.
Am Oude Turfmarkt, gelegen am östlichen Ufer des Rokin, steht das Gebäude des archäologischen Museums der Universiteit van Amsterdam: das Allard Pierson Museum. In diesem Bau aus dem Jahr 1868 war bis 1968 De Nederlandsche Bank ansässig. Das angrenzende, 1642 von Philips Vingboons entworfene, Haus und das Haus der ehemaligen „Sint-Bernardusgesticht“ (Stiftung St. Bernhard) aus dem Jahr 1843 sind verbunden zu einer neuen Bibliothek der Bijzondere Collecties van de Universiteit van Amsterdam.
Folgende Kunstobjekte sind im öffentlichen Raum des Rokin zu sehen:
Koordinaten: 52° 22′ 8″ N, 4° 53′ 32″ O